USA: Fleißige Alte, zögernde Junge

William Strauss, Senior Economist an der FED Chicago, über die Erholung der Wirtschaft in den USA.

Ist der Aufschwung der US-Wirtschaft nur ein kurzer Sprint oder doch ein Langstrecken-Marathon? Dieser Frage ging William Strauss, Senior Economist an der US-Notenbank FED in Chicago, bei einer Tagung vor österreichischen Wirtschaftsvertretern nach. Strauss erwartet, dass die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten über die nächsten Jahre schleppend, aber stetig wachsen wird. Auf längere Sicht wird ein Plus von 2,3 Prozent pro Jahr erwartet. Vorbei seien die Zeiten der Siebziger- und Achtzigerjahre mit 4,5 Prozent und mehr.

Halbes Jobwunder

2,9 Millionen Jobs wurden im letzten Jahr geschaffen, seit ihrem Höhepunkt im Oktober 2009 hat sich die Arbeitslosenrate beinahe halbiert. So weit, so gut. Weniger erfreulich: Die Erwerbsquote sinkt seit dem Jahr 2000 kontinuierlich und liegt derzeit auf dem Niveau von 1977. Etwas mehr als 157 Millionen Amerikaner, also nur 62,6 Prozent der Gesamtbevölkerung, gehen einem Job nach.

Generell sieht Strauss den Arbeitsmarkt im Wandel. Baby-Boomers und jene Frauen, die nach der Emanzipationsbewegung in den 1970ern auf den Arbeitsmarkt stießen und die US-Wirtschaft prächtig gedeihen ließen, verabschieden sich zusehends in die Pension. Wobei es den USA durchaus gelingt, Ältere länger im Arbeitsleben zu halten. So hat der Anteil der über 65-Jährigen am Arbeitsmarkt zwischen 2007 und 2014 zugelegt. Im Gegenzug blieben junge Amerikaner (16 bis 35 Jahre) dem Arbeitsmarkt länger fern. Ist die Aussicht auf gute Jobs gering, würden sich junge Menschen eher für Weiterbildungsmaßnahmen entscheiden und den Einstieg ins Arbeitsleben nach hinten verschieben.

Ein Fünftel der Produktion hat die Industrie durch die Krise einbüßen, mittlerweile hat man zwar 92 Prozent des Outputs wiedererlangt, allerdings nur einen Teil der verloren gegangenen Jobs wiederherstellen können. Als tragende Sparten nennt Strauss die Autoindustrie, gefolgt von der Metallbranche und den Maschinenbauern.

Lob für Österreich

Nimmt die Produktivität zu, steigert das die Lebensqualität für gewöhnlich. In Zeiten immer stärker technologisierter Jobs brauche es aber auch entsprechend gut geschulte Arbeiter, sagt Strauss. Bildung sei deshalb enorm wichtig.

In diesem Zusammenhang lobte der Senior Economist das duale Ausbildungssystem Österreichs. Gute Arbeiter wollen jedoch auch ein entsprechendes Stück vom Kuchen, Löhne und Gehälter würden jedoch nicht in dem gewünschten Ausmaß wachsen. Mehr Produktivität erhofft sich Strauss von einer technischen Modernisierung amerikanischer Firmen. Lange hielten sich Firmen mit dem Kauf zurück, aber jetzt stehen Milliardeninvestitionen an.

Hire and fire

Die Inflation wird wohl, den billigen Energiepreisen geschuldet, laut Strauss noch bis 2018 nahe null verharren. Dann dürfte sie sich langsam der von der FED angestrebten Zwei-Prozent-Marke annähern.

Auf KURIER-Nachfrage, was Strauss denn Europa empfehlen würde bzw. wo er gemachte Fehler orte, meinte er: "Wir in den USA lassen zwei notwendige Übel zu, gegen die sich Europa wehrt: jenes des Bankrotts und jenes der Arbeitslosigkeit." Können sich Firmen schneller und leichter von Arbeitern trennen, wie in den USA möglich, hätten sie jene Flexibilität, die sie brauchen, um schwere Zeiten zu überstehen. Die Handhabe in Europa würde Unternehmen den Spielraum nehmen. Und in den Vereinigten Staaten würden Arbeiter nicht so früh aus dem Erwerbsleben ausscheiden. "Man kann es sich vielleicht nur schwer vorstellen, aber viele mögen ihre Jobs."

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