Wirtschaftspolitik zwischen "Reagan light" und Handelskrieg

Händler an der Börse Frankfurt
Schock an den Börsen währte nur kurz, Dow Jones legte sogar zu. Die Wirtschaftswelt fürchtet Abschottung der USA.

Am falschen Fuß erwischt: Wie vor dem Brexit-Votum Ende Juni vertrauten die Anleger auch vor der US-Wahl den Umfragen und Buchmachern. Doch auch diesmal stimmten die Werte nicht. In einem ersten Schock über den "Börsenschreck" Trump schmissen viele Investoren riskante Veranlagungen aus ihren Depots. Die Ergebnisse:

Aktien Am schlimmsten erwischte es die Börse in Tokio. Dort sackte das Kursniveau um 5,4 Prozent ab – der größte Tagesverlust seit dem Brexit-Votum. In Europa starteten die Aktienmärkte ebenfalls tiefrot. Nach der Siegesrede Trumps, die von Analysten als "präsidial" bewertet wurde, schrumpften die Verluste zusammen, die Kurse drehten am Nachmittag ins Plus. Auch der Dow Jones-Index legte um 1,4 Prozent zu. Trump gilt zwar als unberechenbar, was Börsen gar nicht lieben. Analysten hatten aber erraten, wie sich einzelne Branchen entwickeln würden: Pharmawerte zogen an, weil Trump wahrscheinlich "Obamacare" abschafft und Clintons Plan, die Medikamentenpreise zu deckeln, jetzt definitiv vom Tisch ist. Auch Rüstungswerte gewannen, hier will Trump mehr investieren. Europäische Industriewerte, etwa die Aktien von Autobauern, gaben hingegen nach. Da wird befürchtet, dass der wichtige US-Markt abgeschottet wird.

Gold Das Edelmetall gilt in turbulenten Börsenzeiten als sichere Anlage. Der Goldpreis schoss im frühen Handel hoch, das Plus schmolz im Tagesverlauf aber wieder.

Währungen Auch der japanische Yen wird als sicherer Hafen betrachtet – die Währung gewann an Wert. Böse unter die Räder kam dagegen der mexikanische Peso. Zum US-Dollar ging es in der Spitze um 13,5 Prozent abwärts. Im Wahlkampf hatte Trump Strafzölle auf mexikanische Waren und eine Mauer an der Grenze zu Mexiko angedroht. Steil abwärts ging es auch mit der Aktie der spanischen Großbank BBVA, für die Mexiko ein wichtiger Markt ist.

Wie Trumps Wirtschaftspolitik wirklich aussehen wird, hängt primär davon ab, wobei ihn die eigene republikanische Partei unterstützt.

Handel Wenn Trump das seit mehr als 20 Jahren geltende NAFTA-Abkommen mit Kanada und Mexiko kündigen will, muss er mit Widerstand unter den Republikanern rechnen. Noch nicht in Kraft getretene Handelsverträge mit den Pazifikstaaten (TPP) und der EU (TTIP) dürften auf der langen Bank landen.

Zölle Die große Sorge ist, dass der US-Präsident einen Wirtschaftskrieg vom Zaun bricht. Im Wahlkampf hatte er den Chinesen sogar vorgeworfen, sie würden die USA "vergewaltigen". Die Kosten für die angedrohten Strafzölle wurden aber letztlich die US-Verbraucher zahlen.

Wachstum Trump plant höhere Staatsausgaben und will mehr Jobs schaffen, obwohl ohnehin Vollbeschäftigung herrscht. Gemeinsam mit höheren Mindestlöhnen würde das eine Lohn-Preis-Spirale drehen: Steigende Inflation und höhere Zinsen wären Gift für die Finanzmärkte.

Investitionen Die desolate US-Infrastruktur könnte Investitionen gut gebrauchen. Ob das aber verlorene Jobs in veralten Industriesektoren zurückbringt, ist fraglich.

Steuern Schon paradox: Just viele Niedrigverdiener setzen darauf, dass ihnen der Multimilliardär hilft. Trump gilt aber als Ombudsmann der Superreichen, er will primär die Spitzensteuersätze senken. Niedrigere Unternehmenssteuern könnten den USA freilich helfen, die Zigtausenden Dollarmilliarden, die Firmen im Ausland bunkern, zurückzuholen.

Schulden Macht der Präsident seine Ankündigungen war, würden die Staatsschulden von 19 Billionen Dollar noch weiter explodieren.

Klimapolitik Trump wird wenig Rücksicht auf das Klimaabkommen von Paris nehmen. Er steht den Kumpels in West Virginia oder Kentucky im Wort, dass sie künftig mehr Kohle fördern dürfen.

Notenbank Fed-Chefin Janet Yellen muss wohl im Februar 2018 abtreten, Trump wird die Amtszeit der Demokratin nicht verlängern. Beobachter sorgen sich um die unabhängige Geldpolitik: Die Fed soll stärker unter Parlamentskontrolle kommen.

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