US-Reform: Nächste Runde im Steuerdumping

Die USA senken den Steuersatz für Unternehmen dramatisch – andere Länder ziehen nach.

Die Steuerreform in den USA zwingt auch die Finanzminister anderer Länder, ihre Pläne zu überdenken. Am schnellsten reagierte Israel: Weil die USA die Firmensteuern voraussichtlich von 35 auf 20 Prozent senken, müsse man handeln, sagte Finanzminister Moshe Kahlon. An sich wollte Israel die Körperschaftsteuer von 24 auf 23 Prozent senken, jetzt erwäge man einen größeren Abschlag. Dahinter steht die Sorge, dass Unternehmen abwandern könnten: Israel wetteifert mit dem kalifornischen Silicon Valley um die Ansiedelung von Hochtechnologiefirmen.

Der Wettlauf um niedrigere Unternehmenssteuern geht somit in die nächste Runde. Zwar müssen sich in den USA die zwei Kongresskammern noch auf einen gemeinsamen Entwurf einigen. Die radikal gestutzte Firmenbesteuerung ist dabei aber ein unverrückbarer Eckpfeiler.

Das wiegt besonders schwer, weil die USA bisher das einzige OECD-Land waren, das diese Steuer seit den 1980ern nicht gesenkt hatte. Zwar weist das US-Steuersystem unzählige Schlupflöcher auf, der Steuersatz war aber bisher der höchste unter den reichen Industriestaaten.

Neu ist, dass die Republikaner für eine Steuersenkung sogar ein gewaltiges Anwachsen des Schuldenberges in Kauf nehmen. Dieser wird in zehn Jahren von 20.600 auf 22.000 Milliarden US-Dollar angewachsen sein. Die Steuerzuckerl für Reiche und Unternehmen werden also vor allem die jungen US-Bürger bezahlen müssen.

"Massiver Schaden" für EU-Industrie

Europas Länder sind dabei aber nicht unschuldig: Sie spielten in diesem "Unterbietungswettlauf" sogar eine führende Rolle, kritisieren 18 zivilgesellschaftliche Organisationen wie Oxfam, Netzwerk Steuergerechtigkeit oder das Wiener Institut für Dialog und Zusammenarbeit (VIDC). Laut einem aktuellen Bericht haben ganze 12 von 19 untersuchten europäischen Ländern ihren Steuersatz für Unternehmen erst kürzlich gesenkt oder planen dies in naher Zukunft.

Ein extremer Fall ist Ungarn, dessen Steuersatz (9 Prozent) nun sogar Irland (13 Prozent ) unterbietet. Zudem ist Ungarn in der EU ein Netto-Empfänger, erhält also deutlich mehr Geld aus den gemeinsamen Töpfen als es einzahlt. Somit sollten sich Zahlerländer (wie Österreich) fragen, ob sie Ungarns Steuerdumping indirekt mitfinanzieren und einen direkten Standortrivalen stärken wollen.

In Österreich wurde die Körperschaftsteuer zuletzt 2005 von 34 auf 25 Prozent gesenkt. Ihr Anteil an den Einnahmen und an der Wirtschaftsleistung ist seither aber konstant geblieben oder sogar geringfügig gestiegen. Eine Absenkung des Satzes auf 20 Prozent würde freilich 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kosten.

Kritik an den US-Steuerplänen üben aber nicht nur globalisierungskritische NGO. "Unternehmen in Deutschland und Europa droht ein massiver Schaden", warnt Joachim Lang, Chef des deutschen Industrieverbandes BDI. Die US-Pläne gingen weit über die Vermeidung missbräuchlicher Strukturen hinaus und hätten "klar protektionistischen Charakter". Europäischen Unternehmen würde in den USA eine Doppelbesteuerung drohen.

Schwarze Liste ohne EU-Länder

Unterdessen legen am Dienstag die EU-Finanzminister in Brüssel ihre gemeinsame "schwarze Liste" von Steueroasen vor. Darauf soll sich eine knapp zweistellige Zahl von Ländern enthalten, die mit Finanzsanktionen rechnen müssen, wenn sie nicht kooperieren. NGO kritisieren, dass auf die Liste eigentlich einige EU-Länder gehören würden – Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, teils auch Zypern und Großbritannien. Diese Länder spielten im globalen Geflecht zur Steuervermeidung eine zentrale Vermittlerrolle.

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