UNIQA-Chef: "Schmerzlich, aber verkraftbar"

UNIQA-Chef: "Schmerzlich, aber verkraftbar"
Der Versicherungskonzern schreibt seine Griechenland-Papiere weiter ab und fährt 2011 ein negatives Ergebnis ein.

Der neue General der börsennotierten Versicherungsgruppe macht radikalen Herbstputz und kündigt für 2011 ein Minus zwischen 250 und 300 Millionen Euro an.

KURIER: Sie haben bereits einen Teil Ihrer Griechenland-Anleihen wertberichtigt, warum fahren Sie jetzt alles auf 35 Prozent hinunter?
Andreas Brandstetter: Nach jedem EU-Gipfel hieß es zuerst Hurra, dann gab's viele offene Fragen und Verunsicherung. Diesmal war es wieder ähnlich. Am 26. Oktober wurde ein Haircut von 50 Prozent beschlossen und jetzt droht das Referendum in Griechenland. Da haben wir gesagt, jetzt reicht's. Wir könnten Wertberichtigungen für Griechenland hinausschieben, aber das wollen wir nicht. Denn genau diese Einstellung hat Europa in die jetzige Situation gebracht. Jetzt geht es um Transparenz und Ehrlichkeit. Das gilt auch für die UNIQA. Wir wollen mit 1. Jänner 2012 sicher und sauber aufgestellt sein und haben nicht vor, in einem Monat wieder abzuschreiben.

250 bis 300 Millionen zusätzliche Belastung durch Griechenland und ein Verlust in derselben Höhe. Nicht gerade wenig.
Das ist schmerzlich, aber verkraftbar. Wir haben Kapitalanlagen von 24 Milliarden Euro, die Griechenland-Abschreibungen sind knapp mehr als ein Prozent.

Sie haben aber immer noch ein Restrisiko für Griechenland von 173 Millionen Euro in den Büchern. Warum sind Sie so sicher, dass Sie das nicht auch abschreiben müssen?
Das müsste halten, aber eine absolute Gewissheit gibt es nicht. Wir dürfen auch nicht weiter als bis zum Marktwert abschreiben.

Ihr Italien-Exposure beträgt 930 Millionen Euro, der derzeitige Marktwert ist um 100 Millionen niedriger. Müssten Sie mit der Vorsicht eines ordentlichen Kaufmannes jetzt nicht auch Italien abwerten?
Wir schauen uns die Entwicklung sehr genau an und glauben nicht an einen südeuropäischen Flächenbrand. Italien hat eine ganz andere Substanz und das Interesse Europas ist deutlich größer als bei Griechenland. Außerdem muss man sehr klar unterscheiden zwischen kaufmännischer Vorsicht und Panikmache. Die Märkte beobachten derzeit sehr genau, wie sich die Finanzinstitutionen verhalten.

Den UNIQA-Aktionär wird die Stimmung aber herzlich wenig interessieren. Der will, dass Sie die Bilanz ordentlich ausputzen.
Ich verstehe diesen Standpunkt, doch wir wollen keine voreiligen Aktionen setzen. Die Marktwerte schwanken fast täglich. Wären wir überzeugt davon, dass Italien ein ernsthaftes Risiko ist, würden wir handeln. Aber wenn ein Unternehmen wie die UNIQA jetzt sagt, wir glauben nicht an den Euro-Rettungsschirm, wäre das ein fatales Signal. Es gibt ohnehin schon genug Wirtschaftsexperten zweifelhafter Provenienz, die täglich Kommentare abgeben. Es braucht wieder Ruhe und große Unternehmen haben eine gewisse Vorbildfunktion.

Können Sie persönlich eigentlich nachvollziehen, was sich an den Finanzmärkten abspielt?
Einige Staaten in Europa haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht und die Märkte evaluieren und kommentieren dies. Das ist nachvollziehbar. Nicht logisch erklärbar ist allerdings der psychologische Effekt. Da werfen sehr viele einfach die Nerven weg, das tut uns allen nicht gut. Das hat schon eine gewisse Irrationalität.

Wir wollen es nicht hoffen, aber angenommen, alles kommt noch viel schlimmer - wie sicher sind die veranlagten Gelder der Kunden?
Das angesparte Vermögen ist in einem Deckungsstock durch extrem strenge Regeln abgesichert. Das Kundenvermögen ist nirgendwo so gut geschützt wie in Österreich.

Sie schütten für 2011 keine Dividende aus und wollen 2013 oder 2014 eine Kapitalerhöhung. Warum sollte man UNIQA-Aktien kaufen?
Wir werden das, was 2011 ausfällt, nachholen. Mit der Kapitalerhöhung wollen wir unser Expansionsprogramm in Zentral- und Osteuropa finanzieren. Das ist kein Sprint, sondern wird ein Marathon. Unser Kerngeschäft läuft sehr gut, wir haben in den ersten drei Quartalen 2011 ein Prämienplus von 4,9 Prozent.

2013, möglicherweise mit einer Übergangsfrist bis 2014, kommen für die Versicherungen strengere Eigenkapitalregeln. Erfüllen Sie diese nach heutigem Stand oder brauchen Sie die Kapitalerhöhung auch dafür?
Wir haben aktuell eine Überdeckung von 30 Prozent. Und wir werden die neuen Regeln sofort anwenden, denn bei den Banken hat sich gezeigt, dass die Märkte das honorieren.

Die Renditen in der Lebensversicherung sind äußerst bescheiden. Weshalb sollte man eine solche abschließen?
Gerade in Zeiten wie diesen ist die Lebensversicherung besonders attraktiv. Es geht nicht nur um die Rendite, sondern auch um das Ablebensrisiko. Diesen Aspekt müssen wir in den Vordergrund rücken. Wir sind Versicherer und keine Bank.

Zur Person: Andreas Brandstetter

Karriere Nach einer Trainee-Tätigkeit im Europäischen Parlament begann der dreifache Familienvater als Mitarbeiter beim damaligen VP-Vizekanzler Erhard Busek. Dann Geschäftsführer der ÖVP, ab 1995 Leiter des EU-Büros des Raiffeisenverbandes. Zwei Jahre später Assistent des Generaldirektors in der UNIQA-Vorläuferholding BARC, seit 2003 Mitglied des UNIQA-Vorstandes. Seit 1. Juli 2011 Chef des zweitgrößten heimischen Versicherungskonzerns.

Mitbewerber: Wenig Griechenland-Anleihen

Die Vienna Insurance Group (VIG, Wr. Städtische) hat von ihrem Griechenland-Nominale von 40 Millionen Euro bisher 20 Prozent abgeschrieben und wird auf 50 Prozent wertberichtigen. In italienischen Staatsanleihen hat die VIG 16 Millionen Euro investiert. VIG-Chef Günter Geyer: "Wir haben bei der Veranlagung nicht nur auf die Ratings der Länder geschaut, sondern auch auf den Schuldenstand. Darum sind wir in Tschechien und der Slowakei, wo es keine Probleme gibt, wesentlich stärker investiert als in Griechenland und Italien". Die VIG hat 0,4 Prozent ihrer Kapitalanlagen von knapp 30 Milliarden Euro in Staatsanleihen der PIIGS-Länder (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien) investiert. Die Generali Österreich hat ihr Griechenland-Engagement von 80 auf 40 Millionen Euro abgewertet. In den PIIGS-Staaten ist man mit 1,1 Milliarden Euro, das sind zehn Prozent der Kapitalanlagen. Die Allianz Österreich hat 20 Millionen Euro in Griechenland-Papieren - 0,4 Prozent der Kapitalanlagen.

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