Ungereimtheiten rund um die Pleite von Gulliver’s

Ungereimtheiten rund um die Pleite von Gulliver’s
Knapp zwei Wochen nach Insolvenzeröffnung wurde Übernahme verkündet. Konkurrenten wundern sich sehr.

Die 18 Filialen waren aufwendig designt, die Mitarbeiter erstklassig qualifiziert, zur anspruchsvollen Stammklientel zählten Wirtschaftsgrößen und Promis aller Art. Als die Gulliver’s-Gruppe, Österreichs größter Anbieter für Reisen vom Feinsten, vor wenigen Wochen finanziell ins Schleudern geriet, ging alles sehr schnell. Knapp zwei Wochen nach Insolvenzeröffnung verkündete Masseverwalterin Ulla Reisch bereits die Übernahme durch Papageno Touristik.

Konkurrenten wundern sich sehr. "Wir hatten auch Interesse, keine Frage. Aber es war keine Bereitschaft vorhanden, uns Daten zu geben", sagt Karl Ludwig Richard, Senior-Chef des größten privaten Autobus-Unternehmens und der Reisegruppe Columbus.

Die Daten, die Richard über Anweisung der Masseverwalterin erhielt, waren mehr als dürftig. Drei grobe Umsatz-Zahlen für die ersten neun Monate 2014, der Mitarbeiterstand sowie die Gesamtkosten ohne Abschreibungen und Zinsen. Nicht im Geringsten ausreichend, um ein Unternehmen bewerten zu können. Richard ersuchte schriftlich und mündlich um detailliertere Angaben – ohne Erfolg.

Das Angebot hätte er außerdem unter enormem Zeitdruck erstellen müssen. Eineinhalb Werktage wurden als Frist für ein verbindliches Offert eingeräumt. "Die Verkäufer", mutmaßt Ludwig, "mussten damit rechnen, kein Angebot zu erhalten. Was offensichtlich auch das Ziel war."

Diese Vermutung hegt auch Gregor Kadanka, Junior-Chef der heimischen Tourismus-Gruppe Mondial. Ihm erging es nicht anders als Richard. "Wir bekamen viel zu wenig Daten, um ein Angebot stellen zu können", bestätigt Kadanka. Insolvenzverwalterin Reisch war für eine Stellungnahme gegenüber dem KURIER nicht erreichbar.

Die Branche staunt außerdem, wie Gulliver’s überhaupt Passiva von mehr als 30 Millionen Euro anhäufen konnte. Der Großteil der Verbindlichkeiten entfällt auf die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien und die Erste. Der Gläubigerausschuss will noch im Jänner einen Sachverständigen bestellen, um die Bilanzen und die Insolvenzursache zu untersuchen. Bis hin zu möglichen strafrechtlichen Aspekten.

Die Wirtschaftsprüfer Weiler & Weiler erstatteten eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg wegen des Verdachts auf Untreue und Urkundenfälschung. Gegen die Gulliver’s Eigentümer Helmut und Carla Maurerbauer sowie eine Mitarbeiterin. Die beiden Tourismus-Pioniere stehen vor den Trümmern ihres Lebenswerkes, es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Prüfer zogen die Testate für 2012 und 2013 für alle Gesellschaften zurück. Mit der Begründung, Ende Oktober 2014 von einem Gläubiger über Bilanzberichtigungen informiert worden zu sein. Fragt sich wieder einmal, was und wie haben Wirtschaftsprüfer gegen teures Geld eigentlich geprüft?

Kommentare