Österreich kommt bisher eher glimpflich davon

Exporteinbußen sind "verkraftbar". Milliardenverluste für Russland und Ukraine.

Bisher kommt Österreichs Wirtschaft beim Ukraine-Konflikt eher glimpflich davon. Trotz Sanktionen und Vertrauenskrise seien die negativen Auswirkungen "relativ bescheiden", sagte Peter Havlik, Russland-Experte am Wiener Institut für Wirtschaftsvergleiche (WIIW), am Montag. Die Exportverluste – vor allem im Maschinenbau und der Pharmaindustrie – seien "verkraftbar". Havlik beziffert die Ausfälle für das heimische Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit knapp 290 Millionen Euro. Der russische Importstopp für Nahrungsmittel betrifft Österreichs Exporteure mit 100 Millionen Euro brutto oder 0,03 Prozent des BIP – weniger als der EU-Durchschnitt. Bei ihren Berechnungen unterstellen die Osteuropa-Experten, dass der Konflikt nicht eskaliert. Die Folgen für Österreichs Banken haben sie nicht ermittelt.

Dramatisch sind die Folgen hingegen für die Ukraine: Seit Juli steht die Industrie im Donbass (Donezk, Lugansk) praktisch still. Die Region, eine Hochburg des Bergbaus und der Metallverarbeitung, ist in normalen Zeiten für ein Viertel der ukrainischen Gesamtexporte zuständig. Jetzt fällt ständig der Strom aus, Bahnverbindungen sind unterbrochen, es fehlen die nötigen Rohstoffe. Die Schäden belaufen sich auf bis zu sechs Milliarden Euro, schätzt WIIW-Experte Vasily Astrov.

Die ukrainische Wirtschaft (BIP) droht heuer um 8 bis 10 Prozent zu schrumpfen. Weil die Staatsfinanzen auf der Kippe stehen, ist das Land vermehrt auf internationale Finanzhilfe, etwa durch den IWF, angewiesen.

Zweifel an Sanktionen

Große Schäden gibt es auch jenseits der Grenze: Russland kostet der Konflikt einen Prozentpunkt Wachstum, umgerechnet ein BIP-Verlust von 20 Milliarden Euro. Daran sind nicht nur die Sanktionen der EU und USA schuld, sondern auch die sinkende Nachfrage und das schlechte Investitionsklima. Laut Schätzungen dürften heuer 100 Milliarden US-Dollar (80 Mrd. Euro) ausländisches Kapital aus Russland abgezogen werden – ein gewaltiger Aderlass. Die EU-Exporte in Richtung Russland sind nach bisherigem Stand um 10 Prozent zurückgegangen. Der EU-Außenhandel verliert somit etwa 11 Milliarden Euro Wertschöpfung. Was jedoch nicht alle Länder gleich stark trifft: Besonders viel auf dem Spiel steht für die baltischen Staaten, für Zypern, Finnland, Bulgarien und die Slowakei.

Die Sanktionen seien schmerzhaft "für alle Seiten", sagen die WIIW-Experten. An ihrer Wirksamkeit hegen sie Zweifel. Dass Moskau die Gaslieferungen in den Westen stoppen könnte, glauben sie nicht: "Damit würde man sich selbst ins Knie schießen", sagt Astrov. "Die Regierung hat viele Instrumente zur Verfügung, ohne der eigenen Wirtschaft zu schaden."

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