Trump geht auf Kollisionskurs mit China

Noch ist die neue China-Strategie Trumps zwar unklar, aber sie kann über die Zukunft der Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaft und die Stabilität in Ostasien entscheiden.

Der Bruch mit dem vier Jahrzehnte alten Protokoll im Umgang mit Taiwan war beabsichtigt und wochenlang vorbereitet. Donald Trump nahm den Hörer auf, sprach mit Taiwans demokratisch gewählter Präsidentin Tsai Ing-wen am anderen Ende der Leitung - als erster neu gewählter US-Präsident seit 1979. Das historische Telefonat wird zwar als Höflichkeitsgeste heruntergespielt, signalisiert aber den Beginn einer Neuausrichtung amerikanischer Asien-Politik unter Trump, die niemanden überraschend dürfte, der seine außenpolitischen Berater und die republikanische Wahlkampfplattform 2016 kennt. "Es war definitiv kein Zufall", sagt Christopher Balding, Professor an der HSBC Business School im südchinesischen Shenzhen. "Es war ein wohl überlegter Plan." Noch ist die neue China-Strategie Trumps zwar unklar, aber sie kann über die Zukunft der Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaft und die Stabilität in Ostasien entscheiden. Ein Anruf genügte, um den trügerischen Status quo um Taiwan ins Wanken zu bringen und den jahrzehntealten Konfliktherd wieder auf die Tagesordnung der Weltpolitik zu bringen.

Auch sieben Jahrzehnte nach dem Ende des Bürgerkrieges betrachtet die kommunistische Führung die Insel nur als abtrünnige Provinz. Peking droht mit einer gewaltsamen Rückeroberung, was die USA in einen Krieg ziehen würde, da sie sich 1979 der Sicherheit der heute 23 Millionen Taiwanesen verpflichtet haben. Mit seiner Ein-China-Politik zwingt Peking andere Staaten, die heute freiheitliche Demokratie in Taiwan diplomatisch zu isolieren, wenn sie wirtschaftlich profitable Beziehungen mit dem mächtigen China unterhalten wollen.

Freund Taiwans

Im Beraterteam von Trump hocken aber reihenweise Experten, die aus ihrer Abneigung gegenüber China und ihren Sympathien gegenüber Taiwan keinen Hehl machen. Professor Peter Navarro hat 2011 ein Buch mit dem Titel "Tod durch China - Den Drachen herausfordern, ein weltweiter Aufruf zum Handeln" über die Bedrohung durch China geschrieben. Er kritisiert die Regierung von Barack Obama für ihren "ungeheuerlichen" Umgang mit dem "Leuchtturm der Demokratie" in Taiwan. Auch der designierte Stabschef des Weißen Hauses, Reince Priebus, gilt als "Freund Taiwans". Er hatte in Taipeh die neue Präsidentin kurz vor ihrer erfolgreichen Wahl getroffen. Ähnlich der frühere UN-Botschafter John Bolton, der einen hohen Job in der neuen Regierung bekommen könnte. Er hat im Jänner schon vorgeschlagen, die "Taiwan-Karte" zu spielen, um gegen Chinas aggressives Vorgehen im Süd- und Ostchinesischen Meer vorzugehen. "Selbst das mehrdeutige Ein-China-Mantra über Bord zu werfen", kann er sich vorstellen, wie das "Wall Street Journal" berichtete.

Ist das naiv?

"Es ist schwer zu sagen, wer die treibende Kraft ist", sagt China-Experte Balding. "Aber ich kann ohne Zögern sagen, dass alle Leute, die Trump in seiner China-Politik beraten, bekannte Befürworter einer engeren Beziehung zu Taiwan sind und eine härtere Gangart gegenüber China einschlagen." In Peking wollen das aber weder Regierung noch Experten öffentlich eingestehen. "Er hat null diplomatische Erfahrung und ist sich nicht bewusst, welche Auswirkungen es hat, die chinesisch-amerikanischen Beziehungen aufzumischen", schreibt die "Global Times", die vom kommunistischen Parteiorgan "Volkszeitung" herausgegeben wird. Auch ist Hoffnung erkennbar, dass der Geschäftsmann erstmal nur pokert und schon einsehen wird, wie einträglich gute Beziehungen zu China sind. Ist das naiv? Auf jeden Fall reagierte Trump auf Chinas Protest wegen Taiwan mit einer vollen Breitseite: "Hat China uns gefragt, ob es okay ist, seine Währung abzuwerten (was unseren Firmen den Wettbewerb erschwert), unsere Produkte stark zu besteuern (die USA besteuern sie nicht), oder einen massiven Militärkomplex im Südchinesischen Meer zu bauen? Ich glaube nicht!"

Vertraut machen

In der US-Handelskammer in Peking läuten die Alarmglocken. Der Vorsitzende James Zimmermann sagt, US-Unternehmen bräuchten "Gewissheit und Stabilität". Die Trump-Berater sollten sich möglichst schnell mit den "historischen Spannungen und der komplexen Dynamik in der Region" vertraut machen - als wenn sie Nachhilfe nötig hätten. Wer die Wahlkampfplattform der Republikaner gelesen hätte, wäre heute auch nicht so überrascht. "Als treuer Freund Amerikas hat Taiwan unsere starke Unterstützung verdient", heißt es da auf Seite 48. Genannt werden Freihandelsstatus, Waffenlieferungen, einschließlich technologische Hilfe beim Bau von Diesel-U-Booten. Taiwan solle Hilfe bekommen, als volles Mitglied in internationale Organisationen aufgenommen zu werden. Die USA teilten mit den Menschen in Taiwan "die Werte der Demokratie, Menschenrechte, freie Marktwirtschaft und Rechtsstaatlichkeit". Für China gibt es da kein gutes Wort.

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