Thyssen-Chef gibt Garantien für Fusion mit Tata

Die Aufzugssparte von Thyssenkrupp könnte an die Börse gehen
IG Metall: Neun Jahre keine betriebsbedingten Kündigungen. Thyssenkrupp muss mindestens sechs Jahre an JV beteiligt sein. Börsengang für Stahl-JV nicht ausgeschlossen.

Nach dem monatelangen Streit um die Stahlfusion wächst bei Thyssenkrupp kurz vor Weihnachten die Vorfreude: Vorstandschef Heinrich Hiesinger hat den Stahlkochern des Konzerns für das Gemeinschaftsunternehmen mit Tata Steel eine Reihe von Zugeständnissen gemacht.

Im Schulterschluss mit der mächtigen IG Metall sagte der Manager den Beschäftigten unter anderem für neun Jahre den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zu. Die Aktie lag am Freitagmorgen kaum verändert bei 24,18 Euro. Die am Abend zuvor geschlossene Vereinbarung sei eine wesentliche Voraussetzung zur Umsetzung der strategischen Ziele, betonte Hiesinger. Die Fusionspläne sorgen seit eineinhalb Jahren für heftige Proteste in der Belegschaft. Tausende Stahlkocher waren dagegen auf die Straße gegangen.

Unter Dach und Fach ist die nun erzielte Einigung noch nicht, sollen doch die IG-Metall-Mitglieder darüber im Jänner noch abstimmen. Zudem steht eine Zustimmung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zu den Fusionsplänen noch unter Vorbehalt. Wirtschaftliche Gutachten müssen bestätigen, dass das Joint Venture tragfähig ist. Hiesinger kann die Pläne zwar auch gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter vom Aufsichtsrat absegnen lassen. Er würde damit aber einen Bruch mit den Gewerkschaften riskieren, auf deren Unterstützung er bei der Umsetzung der Pläne setzt. Schließlich sollen dabei - sowohl bei Thyssen wie auch bei Tata - bis zu 2.000 Jobs abgebaut werden.

Zufriedenheit

"Die Einigung entspricht damit unserem Verständnis von unternehmerischer Verantwortung", betonte der Vorstandschef. "Sie gibt uns zum einen die Möglichkeit, die für das Joint Venture angekündigten wirtschaftlichen Vorteile und Synergien zu erzielen und damit wie geplant Mehrwert für Thyssenkrupp und seine Aktionäre zu schaffen."

Hiesinger kam der IG Metall weit entgegen. Diese hatte zehn Jahre Sicherheit gefordert. Neben betriebsbedingten Kündigungen sollen auch Standortschließungen neun Jahre ausgeschlossen werden, wenn die beiden Firmen ihre Stahlsparte zusammenlegen. "Das hat es auch im Stahl so noch nie gegeben", sagte der stellvertretende Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp Steel Europe, Detlef Wetzel, der Nachrichtenagentur Reuters. Thyssenkrupp gebe den Beschäftigten "eine gute Zukunftsperspektive und sichert Arbeitsplätze", erklärte Hiesinger. "Mit dieser Einigung wird eine Beschäftigungssicherung bis zum 30.09.2026 vereinbart."

Die Gewerkschaft lasse den Konzern als Eigentümer nicht aus der Verantwortung, betonte Wetzel: "Thyssenkrupp wird seinen 50-Prozent-Anteil mindestens sechs Jahre halten müssen. Damit ist das Thyssenkrupp-Management mit verantwortlich für Erfolg oder Scheitern eines möglichen Joint-Ventures." Nicht durchsetzen konnte sich die Gewerkschaft mit ihrer Kritik am geplanten Sitz des Joint Ventures in den Niederlanden.

Verpflichtungen über Jahre

Die mit Thyssenkrupp vereinbarten Eckpunkte für einen Tarifvertrag sehen der Gewerkschaft zufolge weiter vor, dass Thyssenkrupp mindestens acht Jahre gemeinsam mit Tata das Gemeinschaftsunternehmen führen muss. Davon müsse Thyssenkrupp über mindestens sechs Jahre einen Anteil von 50 Prozent halten. Thyssenkrupp erklärte, "eine Veränderung der Anteilseignerstruktur, gegebenenfalls durch einen Börsengang", sei während dieser sechs Jahre nicht ausgeschlossen. Dies könnte durch eine Kapitalerhöhung möglich werden, sagte ein Vertreter der IG Metall.

Thyssenkrupp verpflichtete sich darüber hinaus, mindestens 400 Mio. Euro pro Jahr in die Standorte zu investieren. Zugleich hatte der Konzern durch das Joint Venture Synergieeffekte von jährlich 400 bis 600 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Hiesinger will mit der Fusion den zweitgrößten Stahlkonzern Europas nach ArcelorMittal schmieden. Er strebt die Unterzeichnung eines Vertrags für das Gemeinschaftsunternehmen für Anfang 2018 an, nach Freigabe durch die Kartellbehörden könnte der Zusammenschluss dann Ende des kommenden Jahres vollzogen werden. Hiesinger will den Konzern auf das weniger konjunkturanfällige Geschäft mit Aufzügen, Autoteilen, Anlagen und U-Booten ausrichten. Thyssenkrupp beschäftigt in der Stahlsparte rund 27.000 Mitarbeiter. Das neue Unternehmen würde einen Pro-forma-Umsatz von etwa 15 Mrd. Euro erzielen und etwa 48.000 Mitarbeiter beschäftigen.

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