Teilgeständnis von Fischer

Former Telekom Austria CFO Stefano Colombo (L) and former deputy CEO Rudolf Fischer wait for their share manipulation trial at a court in Vienna February 11, 2013. Three former Telekom Austria top managers, including Colombo and Fischer, along with another former employee and a banker are charged with arranging the mass buying of Telekom Austria shares in 2004, causing a surge in the price that triggered a payout of 9 million euro ($12 million) bor bosses. REUTERS/Heinz-Peter Bader (AUSTRIA - Tags: BUSINESS CRIME LAW TELECOMS)
Ex-Vorstand Rudolf Fischer hat am ersten Verhandlungstag ein Teilgeständnis abgelegt. Verteidiger sehen Gutachter befangen.

Darf der Vorstand eines börsenotierten Unternehmens einen Banker mit einer Kursmanipulation beauftragen und mit Firmengeld honorieren lassen, damit ein millionenschweres Bonusprogramm ausbezahlt wird? Seit Montag muss sich fast der gesamte Ex-Vorstand der Telekom Austria vor einem Schöffengericht wegen des Vorwurfs der Untreue verantworten. Bereits am ersten Verhandlungstag im Wiener Straflandesgericht bekam man eine Ahnung vom „System Telekom“. Und wie abgehoben Vorstandsdirektoren von der wirtschaftlichen Realität der Normalbürger sein können.

Teilgeständnis von Fischer
Former Telekom Austria Chief Executive Heinz Sundt arrives for his share manipulation trial at a court in Vienna February 11, 2013. Three former Telekom Austria top managers, including Sundt, along with another former employee and a banker are charged with arranging the mass buying of Telekom Austria shares in 2004, causing a surge in the price that triggered a payout of 9 million euro ($12 million) for managers. REUTERS/Heinz-Peter Bader (AUSTRIA - Tags: BUSINESS CRIME LAW TELECOMS)
Ex-VorstandRudolf Fischertrat die Flucht nach vorne an und legte ein Teilgeständnis ab. Er habe 500.000 Euro für den BankerJohann Wanovitsfreigegeben. Da die Telekom (TA) dazu nicht verpflichtet war, „war das eine rechtsgrundlose Zahlung, das ist Untreue, selbstverständlich“, erklärte Fischers AnwaltWolfgang Brandstätter. Fischer hat inzwischen sein Haus verkauft und den Betrag refundiert.

Seine zwei Vorstandskollegen, Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt sowie der ehemalige Finanzchef Stefano Colombo bekannten sich nicht schuldig. Der Beihilfe zur Untreue angeklagt sind der ehemalige Leiter des Geschäftskunden-Bereichs, Josef Trimmel, und Wanovits, Eigentümer der kleinen Spezialbank Euro Invest. Den Angeklagten drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Teilgeständnis von Fischer
APA5003764-2 - 25082011 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 131 WI - Der frühere Telekom-Manager Gernot Schieszler, der in der Telekom-Affäre eine Schlüsselrolle spielt und sich der Justiz als Kronzeuge zur Verfügung gestellt hat, hat der Staatsanwaltschaft "mehr gesagt als bisher veröffentlicht wurde". +++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND +++ APA-FOTO: OTS/TELEKOM AUSTRIA GROUP
Als Zeugen werden Ex-VorstandGernot Schieszler, der um den Kronzeugen-Status rittert, sowie der LobbyistPeter Hocheggeraufmarschieren.

Staatsanwalt Hannes Wandl wirft seine Anklage in klar aufbereiteten Diagrammen an die Wand, schließlich sollen die Schöffen ganz genau verstehen, worum es hier geht. Und Fischer erzählt ausführlich, warum das Optionsprogramm so wichtig für die Motivation der Mitarbeiter war. Dass die Vorstände pro Mann 392.719 Euro kassierten, relativiert er. Nach Abzug der Steuer seien das pro Jahr „ohnehin nur“ 30.000 Euro gewesen, „da haben wir in den Folgejahren wesentlich höhere Prämien bekommen“.

Kurspflege

Zuerst sei man recht zuversichtlich gewesen, das Kursziel zu erreichen. Doch die Aktie wurde in der Schlussauktion immer um einige wenige Cent nach unten geprügelt. Da seien Schieszler und Trimmel mit der Idee der „Kurspflege“ gekommen. Am 26. Februar 2004 habe er dann gemeinsam mit Sundt und Colombo „informell“ zugestimmt. „Die Euro Invest war für uns der letzte Strohhalm“. Für eine Information des Aufsichtsrates war keine Zeit mehr. Fischer: „Es ging ja nur um zwei Cent, das war das Problem“. Einen Vorstandsbeschluss samt Protokoll gab es nicht. Klar, Kurspflege dieser Art wird wohl kaum dokumentiert.

"Es ging ja nur um zwei Cent"

Wanovits, der die Aktien auf eigenes Risiko kaufte, musste dafür entlohnt werden. So eine Million Euro „Risikoprämie“ stand im Raum, „falls es funktioniert“, erinnert sich Fischer. In Form von Gegengeschäften: „Wenn du uns hilfst, werden wir dafür sorgen, dass du von uns Aufträge bekommst“. Eine Hand wäscht die andere – System Telekom eben.

Scheinrechnung

Dass die Finanzmarktaufsicht, die umgehend (und erfolglos) ermittelte, nicht informiert wurde, erklärt Fischer mit der „schlechten Optik“. Auch Gegengeschäfte mit Wanovits wagte man lieber nicht. Doch man hatte Hochegger, mit dem die Telekom schon lange im Geschäft war. 500.000 Euro für Wanovits wurden in einem Hochegger-Auftrag über 1,5 Millionen Euro für Osteuropa-Studien „versteckt“, gibt Fischer zu. Dass Wanovits sein Honorar über insgesamt rund eine Million Euro in drei Tranchen bar ausbezahlt erhielt, wusste Fischer nicht, sagt er. Habe ihn auch nicht mehr interessiert.

Wanovits-Verteidiger Hans-Rainer Rienmüller argumentiert, sein Klient sei „kein typischer Banker, sondern ein bescheidener Burgenländer“ und hatte vom „System Hochegger“ keine Ahnung. Er zitiert den WU-Professor Stefan Pichler, der einen „rechtswidrigen Kurseingriff von Brokern der Deutschen Bank bestätigt“ – die Kursmanipulation nach unten. Dass Wanovits sein Geld am Naschmarkt bekam, sei zwar eine schlechte Optik. Aber „ist das Grundgeschäft in Ordnung, ist es egal, wo ich das Bargeld überreiche, auch am Nordpol“.

Eine seltsame Auffassung von der Rechnungslegung in Großunternehmen hat Colombo-Verteidiger Kurt Kadavy. Die Telekom sei ein Unternehmen mit Milliarden in der Bilanz. Da bewege man sich „in Promille des Personalaufwandes. Allein für Mineralwasser für Mitarbeiter und Gäste gibt die Telekom 60.000 Euro aus -– im Monat“. Na also, wer wird denn so kleinlich sein.

Die börsenotierte teilstaatliche Telekom Austria Group hat knapp 23 Millionen Kunden in acht Ländern. Rund 17.000 Mitarbeiter erarbeiteten 2011 einen Umsatz von 4,45 Mrd. Euro. Der Staat hält 28, 4 Prozent an der Telekom, zweitwichtigster Aktionär ist der mexikanischer Milliardär Carlos Slim mit seinem Weltkonzern America Movil.

An der Konzernspitze steht Hannes Ametsreiter, Aufsichtsratspräsident ist Rudolf Kemler, der gleichzeitig auch Chef der staatlichen Industrieholding ÖIAG ist. Eigentümervertreterin des Österreich-Anteils ist Finanzministerin Maria Fekter.

Die Telekom Austria Group ist in den Ländern Österreich (A1), Slowenien (Si.mobil), Kroatien (Vipnet), den Republiken Serbien (Vip mobile) und Mazedonien (Vip operator), Bulgarien (Mobiltel), Weißrussland (velcom) sowie in Liechtenstein (mobilkom liechtenstein) aktiv. Sie notiert seit 21. November 2000 an der Wiener Börse, der Ausgabekurs betrug 9 Euro je Aktie, momentan hält der Papier bei rund 5,20 Euro.

So haben sich die Herren das Ende ihrer Karrieren ganz sicher nicht vorgestellt. Ab Montag,stehen sie noch einmal im Rampenlicht. Aber nicht wie früher als gefeierte Stars der heimischen Wirtschaftswelt, sondern als Angeklagte im Wiener Straflandesgericht.

Der Prozess um die Kursmanipulationsaffäre ist der Auftakt eines Verhandlungsreigens über die kriminelle Vergangenheit der Telekom Austria (TA) und hat für Österreich noch nie dagewesene Dimensionen.

Fast der gesamte (frühere) Vorstand eines Großkonzerns, Schwergewicht an der Wiener Börse, steht wegen des Verdachts der Untreue vor einem Schöffengericht. Es geht um mehr als zehn Millionen Euro – Geld der Aktionäre und der Steuerzahler. Die Republik ist noch mit rund 28 Prozent an der Telekom beteiligt. Ab Montag wird auch Gericht gehalten über eine schamlose Selbstbedienungs-Mentalität von Managern, die dieses Unternehmen abzockten wie einen Bankomat und Schmiergelder an die halbe Republik verteilten.

Auf der Anklagebank:

Teilgeständnis von Fischer
Heinz Sundt, vorzeitig pensionierter Ex-Chef der Telekom. SowieStefano Colombo, Ex-Finanzvorstand,Rudolf Fischer, ehemaliger Festnetz-Chef,Josef Trimmel, ehemaliger Leiter des Geschäftskunden-Bereichs und der BankerJohann Wanovits. Ex-VorstandGernot Schieszlerhat den Kronzeugen-Status beantragt und ist daher als Zeuge geladen. Ebenso wie der LobbyistPeter Hochegger, der in einem gesonderten Verfahren abgehandelt wird. Für die Angeklagten kann es sehr ungemütlich werden, ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. Und RichterMichael Tolstiukgilt als „scharfer Hund“.

Staatsanwalt Hannes Wandl wirft den Ex-Bossen vor, Wanovits, Eigentümer der Euro Invest, für Geld der Telekom beauftragt zu haben, den Kurs zu manipulieren. Damit der Vorstand und 95 leitende TA-Mitarbeiter in den Genuss eines Optionsprogramms über insgesamt 8,87 Million Euro kamen.

Was im Februar 2004 geschah

In der entscheidenden letzten Februar-Woche des Jahres 2004 ging der Kurs in der täglichen mehrminütigen Schluss-Auktion an der Wiener Börse immer nach unten. Sah nicht gut aus, denn für das großzügige Belohnungsprogramm musste über die Woche ein Durchschnittskurs von 11,70 Euro erreicht werden. Sundt und Fischer sollen, so die Anklage, Druck auf Colombo gemacht haben, den Kurs zu „stimulieren“. Praktisch, dass sich Trimmel und Wanovits, beide Burgenländer, schon lange kannten. Beim Heringsschmaus im Wirtshaus „Hansy“ am Praterstern trafen sich dann der Banker und Schieszler. Für 1,5 Millionen Euro Honorar wurde man handelseins.

Wanovits versteht sein Geschäft. Er jagte den Kurs in einem Herzschlagfinale am letzten Tag zwei Minuten vor Verfall der Frist mit einer Großorder über 1,2 Millionen Stück Aktien auf 11,730 Euro. Somit war der Durchschnittskurs erreicht und über die Manager ergoss sich ein Geldregen.

Am meisten kassierten die Chefs ab. Sundt, Fischer und Colombo freuten sich über je 392.719 Euro, Trimmel lukrierte 224.698 Euro und Schieszler machte mit mehr als 122.174 Euro Kasse.

Wie jedoch Wanovits bezahlen? In der Öffentlichkeit wurde damals heftig über Ungereimtheiten spekuliert und die Finanzmarktaufsicht ermittelte – aber erfolglos.

Doch wofür hielt sich die Telekom Hochegger? Der stellte über seine Zweitfirma Valora eine Scheinrechnung über 1,5 Millionen Euro für „Screening der ost- und südosteuropäischen Telekom-Märkte“ aus. Der Wirtschaftsprüfer Deloitte sollte später feststellen, dass die Präsentation von TA-Mitarbeitern stammte, der KURIER berichtete vergangenen Sonntag.

Scheinprojekt im Jahr 2008

2008 setzte man ein zweites Scheinprojekt über 880.000 Euro auf („Lobbying Beamtenagentur“). Wanovits wurde mit insgesamt rund 600.000 Euro in Cash entlohnt, die Hochegger von seinen Konten abhob. Einmal fand die Übergabe in einem Plastiksackerl in Schieszlers Auto statt, das zweite Mal ausgerechnet bei einem Referat des Kriminalpsychologen Thomas Müller vor TA-Führungskräften.

Ganz so einfach wird die Sache für den Staatsanwalt allerdings auch wieder nicht. Denn die Verteidiger werden damit argumentieren, dass der Kurs ganz gezielt nach unten manipuliert worden sei. Und das könnte auch durchaus stimmen. Colombo sicherte das Optionsprogramm für die horrende Prämie von 15,3 Millionen Euro bei der Investmentbank Merrill Lynch ab. Der Sinn: Bleibt der Kurs unter 11,70, muss Merrill Lynch die erforderlichen Aktien nicht liefern und könnte die gesamte Prämie einstecken.

In den Schlussauktionen hatte die Deutsche Bank groß gehandelt, sowohl als Käufer als auch als Verkäufer. Sollte ein- und derselbe Auftraggeber dahinterstehen, wäre dies ein verbotenes Scheingeschäft. Dass die Transaktionen obendrein teils über ein Konto abgewickelt wurden, das sich im „Schlafmodus“ befand, wurde als „Missverständnis“ erklärt. Wanovits machte eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft und die FMA ermittelte. Allerdings recht halbherzig, heraus kam nichts.

Die Telekom-Manager und Wanovits hätten also praktisch nur aus Notwehr gehandelt, eben weil der Kurs nach unten manipuliert worden sei. Trotzdem – zum Gegensteuern hätte kein Geld der Telekom verwendet werden dürfen.

Der Prozess ist maßgeblich dafür, ob Schieszler die Kronzeugen-Regelung erhält und damit straffrei davon kommt. Führen seine Aussagen zu Verurteilungen, stehen die Chancen gut. Staatsanwalt Wandl will anschließend den Vorhabensbericht über Hochegger und die Valora erstellen, dann entscheidet Christian Pilnacek, Strafsektionschef im Justizministerium, über den Kronzeugen-Status. Schieszler hat als Schadenswiedergutmachung 300.000 Euro auf einem Treuhandkonto hinterlegt.

Teilgeständnis von Fischer
APA6031734-2 - 29112011 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 238 WI - Der Ex-FPÖ-Generalsekretär Gernot Rumpold vor seiner Befragung im Eurofighter-Untersuchungsausschuss am 22. März 2007 im Parlament (ARCHIVBILD). In der Telekom-Affäre wird nun auch gegen Gernot Rumpold und seine Ex-Frau Erika ermittelt, bestätigte die Staatsanwaltschaft Wien am Dienstag, 29. November 2011. Das damalige Ehepaar wurde als umstrittene PR-Berater des Eurofighter-Herstellers EADS bekannt. APA-FOTO: GÜNTER R. ARTINGER
Fischer wiederum hat bereits sein Haus verkauft und 500.000 Euro als Wiedergutmachung deponiert. Er gibt auch zu, diese Summe als Honorar für Wanovits freigegeben zu haben. Der Ex-Vorstand hat bereits zwei weitere Anklagen am Hals, Höchststrafe ebenfalls 10 Jahre. Wegen angeblicher Zahlungen von 960.000 Euro für den Wahlkampf des BZÖ und wegen 600.000 Euro an den früheren FPÖ-WerberGernot Rumpold.

TA-Mann Trimmel könnte ebenso wie Fischer mit einer Strafmilderung davonkommen, er ist weitgehend geständig. Colombos Argumentation, er habe Schieszlers Vorschlag, wie man den Kurs hinbringen könne, gar nicht hören wollen und ihn weggeschickt, hält der Staatsanwalt für „lebensfremd“. Bei Sundt dagegen fragen sich Insider, warum er überhaupt angeklagt wurde. Der ehemalige Telekom-Boss wird von keinem seiner Ex-Kollegen belastet.

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