Teile der Anklage gegen Meinl im Netz aufgetaucht

Teile der Anklage gegen Meinl im Netz aufgetaucht
Blogger stellte Auszüge des Anklageentwurfs der Staatsanwaltschaft ins Internet.

Dieser pikante Vorfall wird den rechtlichen Schlagabtausch zwischen der Meinl Bank und der Staatsanwaltschaft Wien deutlich verschärfen. Denn: Angebliche Auszüge aus einer ersten Anklageschrift gegen Verantwortliche der Meinl Bank sind brisanterweise im World Wide Web aufgetaucht. Seit knapp zwei Monaten liegt ein sogenannter Vorhabensbericht in der Causa Meinl Bank zwecks Genehmigung im Justizministerium, wie Michael Klackl von der Oberstaatsanwaltschaft bestätigt. In einem solchen Bericht schlägt der Staatsanwalt den Oberbehörden vor, gegen bestimmte Personen Anklage zu erheben oder das Verfahren einzustellen.

Wie der KURIER Anfang Juli als erstes Medium berichtete, will die Staatsanwaltschaft Wien offenbar mehrere aktive und ehemalige Vorstände und Aufsichtsräte der Privatbank wegen des Verdachts der Untreue anklagen.

Im Mittelpunkt soll die Ausschüttung einer Sach-Dividende (Aktien der Fondsgesellschaft Oryx) in Höhe von 212 Millionen Euro an die niederländische Briefkastenfirma B.V. Belegging-Maatschappij "Far East" stehen.

Die niederländische Gesellschaft ist 99,99 Prozent Eigentümerin der Meinl Bank und wird, wie berichtet, Julius Meinl V. zugerechnet. Unter dem Strich soll die Bank um den ausgeschütteten Betrag "entreichert" bzw. geschädigt worden sein.

Vorwürfe bestritten

Teile der Anklage gegen Meinl im Netz aufgetaucht
Julius Meinl, Meinl Bank honorarfrei
Die Vorwürfe werden vehement bestritten. Solange die Anklage "von ganz oben" nicht abgesegnet und den Verdächtigen nicht zugestellt worden ist, ist aber nichts fix. Umso kurioser ist daher, dass Auszüge dieser mutmaßlichen Meinl-Anklage seit Anfang August auf einem Weblog im Internet zu finden sind. Genannt werden in dem Blog die Namen von fünf Beschuldigten, darunter Julius Meinl, Bankchef Peter Weinzierl, ein Co-Vorstand, ein aktiver und ein ehemaliger Aufsichtsrat der Privatbank samt Geburtsdatum und kurzer Personenbeschreibung. Zugleich wird eine Zeugenliste mit 18 Namen angeführt. Dazu kommt die angebliche Schadenssumme: 211,909.041,86 Euro. Laut einem Update des Bloggers vom vergangenen Sonntag soll das 40 Seiten starke Papier, das er zitiert, ein "Anklage-Entwurf" sein.

Ermittlungen anhängig

Der KURIER konfrontierte die Staatsanwaltschaft Wien mit dem Internet-Blog. "Ich kann bestätigen, dass in der Vorwoche ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses gegen unbekannte Täter eingeleitet wurde", sagt Thomas Vecsey von der Staatsanwaltschaft Wien im Gespräch mit dem KURIER. "Bei einem Internet-Blogger wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt und es wurden dabei Auszüge eines Entwurfs des Vorhabensberichtes in der Causa Meinl gefunden." Nachsatz: "Es wurde ein Computer beschlagnahmt, und wir werten aus, ob es zu einer Informationsweitergabe auf dem elektronischen Weg gekommen sein könnte."

Aus Altpapier-Tonne

Staatsanwalt Vecsey kann aber auch nicht ausschließen, "dass es bei der Entsorgung des Altpapiers zu einer Panne gekommen ist und dieser Entwurf versehentlich nicht, wie sonst üblich, geschreddert wurde". Der veraltete Anklageentwurf könnte somit irrtümlich im normalen Altpapier-Container des Landesgerichts Wien gelandet und aus diesem herausgefischt worden sein. Das ist aber kein Straftatbestand. Für die Meinl Bank ist der Vorfall ein weiterer Beweis dafür, dass das mittlerweile sieben Jahre dauernde, ergebnislose MEL-Verfahren der Staatsanwaltschaft Wien völlig aus dem Ruder gelaufen ist: "Es ist aus rechtsstaatlicher Sicht untragbar, dass - bevor die Betroffenen davon erfahren und Gelegenheit haben, sich dazu zu äußern - ein vertraulicher Vorhabensbericht bzw. Teile oder Entwürfe davon öffentlich werden", heißt es in einer Stellungnahme der Bank.

Seit Herbst 2008 ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien gegen Julius Meinl V., aktive und frühere Vorstände und Aufsichtsräte der Meinl Bank wegen des Verdachts der Untreue und des Anlagebetrugs. Die Vorwürfe werden bestritten. Im Mittelpunkt steht die Rolle der Meinl Bank bei der Immobilienholding Meinl European Land (MEL).

Im August 2007 war der massive Rückkauf von MEL-Wertapieren um 1,8 Milliarden Euro bekannt geworden. Die Anleger wurden darüber im vorhinein nicht informiert. Der Kurs der MEL brach ein, die Anleger verloren viel Geld. Sie deckten die Bank mit Schadenersatzklagen ein und erstatteten Anzeige.

Am 1. April ’09 wurde über Julius Meinl die U-Haft verhängt, zwei Tage später wurde er gegen eine Kaution von 100 Mio. Euro auf freien Fuß gesetzt. Später reduzierte ein Gericht die Kaution auf 10 Mio. Euro. In Aussendungen greift die Bank die Anklagebehörde immer wieder scharf an. Die Staatsanwaltschaft beeindruckt das offenbar nicht.

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