Super-ÖIAG als Standortholding

Super-ÖIAG als Standortholding
Neues Strategiekonzept: Unternehmensbeteiligungen des Bundes unter einem Dach zentral gemanagt.

Auffallend still war es in den letzten Monaten um die Staatsholding ÖIAG und deren neuen Chef Rudolf Kemler. Jene Gesellschaft, in der die Beteiligungen des Bundes an den Börse-Schwergewichten OMV, Telekom und Post gehalten werden und die oft für heftigen politischen Zwist sorgte. In Wirtschaftskreisen wurde daher immer öfter die Frage gestellt: „Was macht der Kemler eigentlich?“

Der im Gegensatz zu seinen Vorgängern unauffällig auftretende Kemler werkte mit seinem Team intensiv an der völligen Neuausrichtung der Staatsholding. Im Auftrag der Regierung sah man sich um, wie andere Länder ihre staatlichen Beteiligungen managen und verglich, wo Österreich gegenüber der Konkurrenz steht (Benchmarks).

Das jetzt vorliegende „Zukunftskonzept ÖIAG“ geht weit über die bisherige Rolle der dem Finanzministerium unterstellten Staatsholding hinaus. Die ÖVP hat sich die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich auf die Fahnen geschrieben. Man muss es nicht gleich so drastisch formulieren wie Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl („abgesandelt“), doch Tatsache ist, dass Österreich in wichtigen Rankings international permanent abrutscht. Die Österreichische Industrieholding AG soll daher zu einer rot-weiß-roten Standortholding aufgerüstet werden. In die alle Staatsunternehmen eingebracht werden, die sich im Wettbewerb matchen. Derzeit werden diese 37 „marktnahen“ Unternehmen von sieben Ministerien verwaltet (siehe Grafik unten).

Die bunt gemischte Palette ist groß und reicht von den ÖBB und dem ORF über den Autobahnbetreiber Asfinag, den Stromkonzern Verbund, die Flugsicherung Austro Control, Bundesforste, Nationalbank, Austria Center, Bundesrechenzentrum, der notverstaatlichten Problembank Hypo Alpe-Adria, dem Schloss Schönbrunn samt Tiergarten und der Immobiliengesellschaft BIG bis zur Großglockner Hochalpenstraße. „Die österreichischen Beteiligungen sind zu wertvoll, um sie größtenteils ministeriell dahinverwalten zu lassen“, argumentiert Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger. Daher müsse es einen breiten Ansatz geben, wo diese Unternehmen „mit klaren Zielen gemeinsam professionell geführt werden. Also – heraus aus der ministeriellen Verwaltung – hin zu einem dynamischen und gestalterischen neuen Beteiligungsmanagement“. Das Credo, „Österreich zukunftsfit machen“, müsse auch für die Beteiligungen gelten.

International sind große Staatsholdings state of the art

VP-Finanzministerin Maria Fekter verweist auf internationale Beispiele. „International sind große Staatsholdings state of the art – in Österreich sind die Beteiligungen über die Ministerien verstreut.“ Österreich müsse daher seine Beteiligungen „im Interesse der Republik professionell managen – und nicht nur ministeriell verwalten“. Dafür brauche es „ein professionelles, zukunftsorientiertes Beteiligungsmanagement mit klaren Zielvorgaben“. Die ÖIAG habe „eindrucksvoll vorgemacht, wie man Beteiligungen professionell führt“. Was Kritiker der ÖIAG freilich anders sehen.Doch das Konzept hat schon was. Während z. B. der Mineralölkonzern OMV die letzte Kapitalerhöhung rasch und problemlos durchführte und die ÖIAG mithielt, musste die Kapitalerhöhung für den ans Wirtschaftsministerium angedockten Verbund durch den Ministerrat. Die Entscheidung zog sich über Monate und wurde zum Spielball politischer Junktimierungen. Gift für einen börsenotierten Konzern.

In der ÖVP sieht man die Liste der Unternehmen, die unters Dach der ÖIAG könnten, nicht in Stein gemeißelt, sondern als Maximalvariante und Verhandlungsbasis. So ist nicht anzunehmen, dass die SPÖ die ÖBB und den ORF unter den ÖIAG-Hut lässt. Fekter: „Es braucht – etwa auch im Hinblick auf die ÖBB – aufeinander abgestimmte Betriebsstrategien, wo wir in zehn Jahren mit unseren Beteiligungen sein wollen.“ Widerstand ist auch in den eigenen Reihen vorprogrammiert, VP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner denkt nicht daran, den Verbund abzugeben.

In Europa allerdings geht der Trend in Richtung Zentralisierung. „Benchmarks zeigen, dass sich zentral und professionell gemanagte Staatsbeteiligungen wirtschaftlich besser entwickeln als dezentralisierte Unternehmen“, heißt es im Strategie-Konzept . Außerdem will die EU staatliche Regulierungsaufgaben vom Beteiligungsmanagement trennen. Betrifft z. B. die ÖBB. Die Bahn gehört zum Verkehrsministerium, das gleichzeitig als oberster Bahnregulator die Weichen stellt.

Beteiligungen der Bundesländer sind kein Thema

Die Beteiligungen der Bundesländer sind allerdings kein Thema. Ist auch schwer vorstellbar, dass Erwin Pröll und Michael Häupl den Flughafen Wien abgeben würden oder Josef Pühringer die Energie AG Oberösterreich.

Die neue ÖIAG soll obendrein den ausgetrockneten Markt für Venture Capital (Risiko-Kapital für innovative, aufstrebende Unternehmen) beleben. Mit der Hälfte der jährlichen Dividende soll ein Fonds gespeist werden, der innerhalb der nächsten drei Jahre mit rund 100 Millionen Euro dotiert wird. Zudem soll der Staats-Jumbo ein Kompetenz-Zentrum für Standortförderung und eines für Compliance (Wohlverhaltensregeln) aufbauen. Mit dem Ziel, in allen Staatsunternehmen dieselben hohen Standards einzuführen.Auffallend ist, dass das Thema Privatisierungen nur noch unter ferner liefen aufscheint: „Privatisierungen werden durch ÖIAG Neu nicht aktiv angestrebt.“ Nur bei „entsprechendem Beschluss der Bundesregierung im Bedarfsfall“. Wohl ein Zugeständnis an die SPÖ. Schließlich wäre da noch das Problem mit dem sich selbst erneuernden ÖIAG-Aufsichtsrat, dessen Mitglieder selbst über ihre Nachfolger bestimmen. Ein Relikt aus der schwarz-blauen Koalition unter Schüssel/Grasser. Heute sind nur zwei der Kapitalvertreter unabhängig, der Rest ist miteinander befreundet und/oder geschäftlich verbandelt. Was auch in ÖVP-Kreisen nicht mehr goutiert wird.

Lesen Sie morgen im KURIER, was die SPÖ mit der ÖIAG vor hat.

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