Strompreis könnte um bis zu 20 Prozent steigen

ARCHIV - Strommasten und Windräder heben sich am 02.03.2012 wie Scherenschnitte vom farbenprächtigen Abendhimmel ab. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sieht angesichts steigender Strompreise in Deutschland die Gefahr der Abwanderung von Firmen ins billigere Ausland. Foto: Patrick Pleul/dpa (zu dpa-Gespräch lah «Strompreise: Folgen für Konjunktur laut IWH nicht absehbar» vom 15.10.2012) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Die europäische Energieagentur ACER will die deutsch-österreichische Strompreiszone kippen. Österreichische E-Control will dagegen rechtlich vorgehen.

Die österreichische Energie-Regulierungsbehörde E-Control wird strategisch neu ausgerichtet. "Die Zeiten haben sich gewandelt. Wir werden die Energieeffizienz und die Leistbarkeit für die Kunden künftig stärker berücksichtigen", sagt der neue E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. "Wir werden die Unternehmen dabei unterstützen, damit sie den Wandel in der E-Wirtschaft gestalten können. Zugleich haben wir darauf zu achten, dass die Kunden faire Preise zahlen." So ist der Lieferantenwechsel eine Sache, um Geld zu sparen. Es sei aber auch absolut wichtig, Energie effizienter zu nutzen. "Wenn ich heute eine Stromrechnung bekomme, ist der Zählwert im besten Fall zwei bis drei Monate alt", sagt der Jurist. "Es sei wichtig, den Verbrauch zeitlich näher an die Rechnung zu bringen."

Der Kunde sollte sehen, was er im vergangenen Monat verbraucht hat, wann es Verbrauchsspitzen gab und wodurch diese entstehen. Stichwort Digitalisierung. Bis 2019 muss die E-Wirtschaft die analogen Zähler durch digitale Zähler, sogenannte Smart Meter, ersetzen – zumindest zu 95 Prozent.

"Da müssen wir schauen, ob das machbar ist", sagt Urbantschitsch. "Die Digitalisierung ist bei den Kunden noch nicht angekommen." Die angestammte E-Wirtschaft stehe vor einem massiven Umbruch, der eine Bedrohung darstellt. Unter anderem in Form von Start-ups oder von Google & Co. So werden sich Kunden vom Markt verabschieden. Einige werden sich auch selbst mit Energie versorgen – u. a. durch Photovoltaik-Anlagen.

Rechtlich vorgehen

Strompreis könnte um bis zu 20 Prozent steigen
ABD0056_20160212 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0606 VOM 11.2.2016 - Einer der beiden neuen Vorstände der Energie-Regulierungsbehörde des Bundes (E-Control) Wolfgang Urbantschitsch auf einem undatierten Archivbild. Urbantschitsch ist seit 2001 bei der E-Control als Jurist tätig. - FOTO: APA/E-CONTROL/ANNA RAUCHENBERGER - ++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK UND REDAKTIONELL ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND ++
Außerdem könnte den heimischen Stromkunden in absehbarer Zeit eine Preiserhöhung ins Haus stehen. Denn: Die EU-Energieagentur ACER will die deutsch-österreichische Strompreiszone kippen, von der Österreich profitiert. Polen und Tschechien haben Beschwerden eingelegt, weil die Stromflüsse aus Deutschland ihre Leitungsnetze belasten. Die ACER sagt, so Urbantschitsch, man sollte die Stromgrenze zwischen Deutschland und Österreich so bewirtschaften, dass die Stromimporte verringert werden.

"Wir profitieren von der Strompreiszone. Wir haben in Österreich den Vorteil, dass wir den Strom günstig importieren. Wir wollen darauf schauen, dass die ACER nicht eine Entscheidung zum Nachteil Österreichs trifft", sagt Urbantschitsch. "Die Entscheidung der ACER kann zu einer negativen Preisentwicklung führen, das heißt die Preise könnten steigen. Die Preissteigerung könnte empfindlich sein." Sie hänge davon ab, wie stark die Drosselung der Stromflüsse ausfalle. Befürchtet wird, dass die Preise mit einem Risikoaufschlag versehen werden und um 15 bis 20 Prozent zulegen. Die E-Control will gegen das Aufdröseln der gemeinsamen Strompreiszone rechtlich vorgehen. Die Entscheidung der EU-Eneregieagentur wird Mitte November 2016 erwartet. Indes führt die E-Control für bilaterale Gespräche mit den Kollegen in Deutschland. " Den Deutschen ist alles lieber als eine Engpassbewirtschaftung in Deutschland", sagt Urbantschitsch. "Denn sie bekommen den Strom aus dem Norden Deutschlands nicht in die Mitte bzw. in den Süden Deutschlands."

Die Deutschen bevorzugen eine Engpassbewirtschaftung an der deutsch-österreichischen Grenze. "Die deutschen Netzbetreiber müssen wissen, dass sie jederzeit auf die österreichischen Kraftwerke zugreifen können und die österreichsichen Kraftwerke so gut liegen, dass es für die Deutschen günstig ist, den Strom abzurufen", sagt der Energie-Aufseher. Die letzliche Entscheidung ist aber eine politische, die nicht im Verantwortungsbereich der E-Control liegt.

Deutsche Marktkopplung

Diese Engpassbewirtschaftung wird bereits an anderen Außengrenzen Deutschlands durchgeführt. "An den deutschen Grenzen zu den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz, Tschechien , Polen und Dänemark bestehen Kapazitätsengpässe, die nach einer EU-Verordnung ein entsprechendes marktorientiertes, transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren zum Engpassmanagement erfordern", erklärt die deutsche Bundesnetzagentur. "Dementsprechend werden an den deutschen Außengrenzen zur Vergabe von Übertragungsrechten explizite Tages - , Monats - , und Jahresauktionen , bzw. an den westlichen und nördlichen Grenzkuppelstellen explizite Monats - und Jahresauktionen und implizite Tagesauktionen im Rahmen einer Marktkopplung durchgeführt." Nachsatz: "Bei einer expliziten Auktion werden die Übertragungskapazitäten im Vorfeld, also getrennt von den Stromhandelsgeschäften, versteigert, wobei der Zuschlag der Marktteilnehmer von der Höhe des für die Kapazität gebotenen Preises abhängt. Anders verhält es sich bei der Marktkopplung zwischen den Benelux-Staaten, Frankreich, Deutschland und den nordischen Staaten. "Hier werden die täglichen Grenzkuppelkapazitäten seit dem 9. November 2010 im Wege einer impliziten Vergabe im Rahmen einer Marktkopplung vergeben", heißt es weiter. "Dabei werden das Produkt Strom und die für den Transport benötige Übertragungskapazität gemeinsam erworben."

Kommentare