"Damit muss der Staat auskommen"

Franz Schellhorn (li.) mit Moderatorin Martina Salomon und Werner Muhm
Verband der Privatstiftungen: Wiens Arbeiterkammer-Direktor Muhm in der "Höhle des Löwen".

Eine brisante Konstellation: Der mächtige Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm zu Gast im Klub der Vermögenden, beim Verband der Österreichischen Privatstiftungen (VÖP). Thema: Arbeit und Kapital.

So richtig gehen die Wogen jedoch beim Thema Staatsholding hoch. Die ÖIAG sei in den letzten Jahren zum "Selbstbedienungsladen der Industriellenvereinigung" (IV) geworden, wettert Muhm. Was VÖP-Präsident Veit Sorger, von 2004 bis 2012 selbst IV-Chef, nicht auf sich sitzen lässt. Er schnellt von seinem Sessel in den Hörerreihen hoch und meint: "Glücklich sind wir alle nicht. Aber im ÖIAG-Aufsichtsrat sind sechs von der AK bestellte Arbeitnehmervertreter gesessen und haben mitgestimmt."

Muhm dementiert, dass er selbst Ambitionen auf eine ÖIAG-Rolle habe: "Warum soll ich mich in so eine Funktion setzen? Das ist lächerlich. Ich bin doch kein Narr."

45 Prozent sind genug

Überraschend einig waren sich Muhm und Franz Schellhorn, Direktor der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria, in Sachen Steuern: Beide fordern eine Strukturreform, die die Arbeitseinkommen entlastet. Mit 40 bis 45 Prozent Abgabenquote müsse auch ein Wohlfahrtsstaat auskommen können, sagte Muhm. Sparpotenzial sieht er bei den Bundesländern und – wenig überraschend – der Landwirtschaft. Zu hinterfragen sei aber auch "die eine oder andere Sozialleistung: Ist das noch zeitgemäß?" Die Pflegestufe 1 etwa werde oft als eine Art Pensionsaufbesserung gesehen, sagt Muhm.

Schellhorn würde die Sozialversicherungsbeiträge senken, weil diese die Niedrigverdiener übermäßig belasten. Völlig konträr sind die Meinungen, wenn es um neue Steuern geht. Schellhorn betrachtet jede Form staatlicher Mehreinnahmen als "Reformvermeidungssteuer". AK-Direktor Muhm würde die Erbschafts- und Schenkungssteuer wieder einführen. Eine Vermögenssteuer sei "sicher schwieriger umzusetzen", sagte der Kanzlerberater im Gespräch mit der Moderatorin und stellvertretenden KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon. Vom Tisch sei diese Forderung aber nicht: "Ich werde doch nicht Kompromisse vorwegnehmen, bevor ich verhandelt habe."

Kammern und Konzerne

Wer zieht im Land die Fäden: Wirtschaftslobbys oder Kammern? Dazu kamen die Diskutanten auf keinen grünen Zweig. Man einigte sich aber darauf, dass das Vermögen in Privatstiftungen tunlichst im Land gehalten werden sollte. Muhm: "Wenn es dazu dient, Familienvermögen in Unternehmen über Generationen hinweg zusammenzuhalten, ist das im ureigensten Sinn der Industriepolitik."

Kommentare