Streit in der EU-Notenbank verschärft die Euro-Krise

Streit in der EU-Notenbank verschärft die Euro-Krise
EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark schickte mit seinem überraschenden Abgang die Börsen auf Talfahrt. Er geht im Streit um die Eurorettung.

Die Botschaft schlug am Freitag ein wie eine Bombe: Einer der schärfsten Verfechter einer strikten Sparpolitik in den Euroländern, der deutsche Ökonom Jürgen Stark (63), verlässt überraschend die Europäische Zentralbank (EZB). Sein Vertrag wäre bis Mai 2014 gelaufen. Als sein Nachfolger wird der deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen gehandelt.

Streit in der EU-Notenbank verschärft die Euro-Krise

Mit Stark tritt nicht irgend ein Zentralbanker zurück, sondern einer der schärfsten Kritiker des jetzigen EZB-Euro-Rettungskurses: nämlich des massiven Aufkaufs von Staatsanleihen der hoch verschuldeten Länder durch die EZB und eines Verfechters der Preisstabilität. Seit Mai 2010 unterstützt die EZB die Schuldnerländer mit diesen Anleihenkäufen. Damit werden die Kurse der Anleihen gestützt und in Folge die Zinsen gedrückt. Stark war gegen diese Hilfsmaßnahmen der EZB, die Schuldnerländer sollten ihre Defizite durch Einsparungen kürzen. Im Handelsblatt schreibt er nach seinem Rücktritt: "Wir befinden uns in einer Situation, in der massive Tragfähigkeitsrisiken in den öffentlichen Haushalten die Finanzstabilität untergraben." In dieser Krise sei alles falsch, was weitere Ausgaben unterstützt. Die vom IWF geforderten neuen Konjunkturspritzen lehnt Stark ab.

Absturz

Streit in der EU-Notenbank verschärft die Euro-Krise

Die Börsen reagierten auf Starks Rücktritt hoch nervös. "Es sieht so aus als würde mit Stark der letzte Falke das sinkende Schiff verlassen", so ein Ökonom der ING Bank. Stark zu verlieren, sei für die EZB schlecht - nicht nur im Moment, sondern auch für bevorstehende turbulente Zeiten. "Das könnte zumindest kurzfristig das Vertrauen einiger Investoren in die Fähigkeit der EZB, die Finanzkrise zu lösen und dem konjunkturellen Abschwung entgegenzuwirken, untergraben", meinte ein Aktienhändler bei ETX Capital.

Der Euro rutschte zwischenzeitlich unter 1,37 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit Februar. Die Kurse an den Börsen brachen ein. Der Frankfurter DAX verlor mehr als vier Prozent, der Londoner FTSE gab 2,35, der Pariser CAC-40 3,60 Prozent nach.

In Wien brach der ATX um 5,41 Prozent ein und ging mit dem tiefsten Schlusskurs seit mehr als zwei Jahren aus dem Handel. Hohe Verluste gab es bei den Banken: So sackte der Kurs der Erste Bank um mehr als neun Prozent ein, Raiffeisen um 11,23 Prozent. Beide Papiere schlossen damit auf Zweijahrestiefs. In ganz Europa verloren Banktitel an Wert.

Die große Sorge: Wenn mit 1. Oktober der Italiener Mario Draghi die Spitze der EZB übernimmt, wird das Anleihekauf-Programm nicht enden und früher oder später die EZB selbst in eine Krise bringen.

Stark ist der zweite Top-Banker, der heuer wegen des Streits um die Euro-Rettung geht. Im Februar zog sich Axel Weber, Chef der Deutschen Bundesbank, zurück. Ewald Nowotny, Chef der Oesterreichischen Nationalbank, kalmierte allerdings. Die EZB werde weiterhin an der Preisstabilität festhalten. Deutschlands Kanzlerin Merkel dankte Stark, dass er sich als EZB-Chefvolkswirt "jahrelang konsequent und erfolgreich für eine europäische Gemeinschaftswährung eingesetzt hat".

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