Steuerflucht: Neuer EU-Anlauf hat bessere Erfolgsaussichten

Protestaktion gegen McDonald's im September in Wien
Unternehmenssteuern sollen bezahlt werden, wo die Firmen tätig sind – nicht dort, wo es für sie günstig ist.

Bei den Körperschaft- oder Unternehmensteuern gleicht die EU einem Fleckerlteppich. Und zwar nicht nur, was die Steuersätze anbelangt, die stark variieren (siehe Grafik unten). Das wird im Sinne des Wettbewerbs so bleiben; wie hoch ein Land besteuert, ist jedem selbst überlassen.

Sehr wohl ein EU-Thema sind allerdings die Schlupflöcher, die sich ergeben, weil jedes Land anders berechnet, was besteuert wird. Das macht es internationalen Großunternehmen leicht, sich jene Länder rauszupicken, wo wenig Steuern anfallen – siehe Amazon, Starbucks, IKEA oder Apple. Die Praxis, die aggressive Steuerplanung oder Gewinnverschiebung genannt wird, verursacht laut Schätzungen EU-weit 50 bis 70 Mrd. Euro Steuerausfälle pro Jahr.

Die EU-Kommission unternimmt an diesem Dienstag deshalb einen neuerlichen Anlauf, um in einem ersten Schritt die Berechnungsart zu vereinheitlichen. Gelten soll das verbindlich für alle in der EU tätigen Unternehmen mit 750 Mio. Euro Gruppen-Umsatz oder mehr (geleakter Entwurf hier).

Große Widerstände

Frühere Anläufe waren am Widerstand einzelner Länder wie Großbritannien, Irland, Malta oder Zypern gescheitert. Das Problem: Steuerfragen müssen von den EU-Mitgliedstaaten einstimmig beschlossen werden. Somit reichte es aus, wenn sich ein Land querlegte. Er sei dafür, das Prinzip der Einstimmigkeit generell und auch bei Steuerfragen aufzuheben, sagte Othmar Karas, Vizepräsident im EU-Parlaments (ÖVP), am Montag. Damit wären Blockaden wegen "Nationalegoismen" – wie jene der Wallonen beim Handelspakt CETA – ausgeschlossen.

Die Steuerdeals von Firmen mit Luxemburg, Niederlanden oder Irland sowie die Briefkastenfirmen in Panama und auf den Bahamas seien ein "Muntermacher" gewesen, glaubt Karas. Er baut darauf, dass Deutschland die Präsidentschaft in der G20-Gruppe großer Wirtschaftsnationen ab Dezember nützen wird, um die Steuerflucht auch global zu bekämpfen.

Erste Ideen zur EU-weit einheitlichen Berechnung der Körperschaftsteuer gab es bereits 2001. Zuletzt machte die EU-Kommission 2011 Vorschläge, die aber bei den Mitgliedstaaten stecken blieben. "Unternehmenssteuern sollen dort gezahlt werden, wo die wirtschaftliche Tätigkeit stattfindet", fordert Karas. Die Kommission sieht drei Kriterien vor: wo das Unternehmen seine Vermögenswerte hat, seine Mitarbeiter beschäftigt und die Umsätze erzielt. Jeder Konzern müsste eine EU-weite Steuerbasis berechnen, die dann auf die einzelnen Länder umgelegt würde.

Abgespeckte Form

Diese Konsolidierung wäre extrem aufwendig, gibt Bernd Hofmann, Leiter der Steuerabteilung bei PwC in Wien, zu bedenken. Als Vereinfachung für die Unternehmen ließe sich das kaum verkaufen. Und der Aufteilungsschlüssel gilt als umstritten, weil er direkt Einfluss auf die Steuerpolitik nimmt. Die EU-Kommission begnügt sich deshalb im ersten Schritt mit der einheitlichen Berechnungsart. Das steigere die Erfolgsaussichten, dass die Mitgliedstaaten zustimmen, glaubt Hofmann.

Für Österreich ist wichtig, dass Konstruktionen eliminiert werden, die über Zinsen oder Lizenzen die Steuerlasten kleinrechnen, heißt es im Finanzministerium. Ob Österreich einen Standortvorteil verliert, weil es die Gruppenbesteuerung anpassen müsste, lasse sich noch nicht analysieren: "Es gilt, die konkreten Vorschläge abzuwarten."

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