Startschuss für EU-Währungsfonds

Die Kompetenzen des Euro-Rettungsschirms wurden deutlich erweitert - mit Blick auf Staaten wie Spanien.

Abgesehen von den finanziell bedeutsamen Beschlüssen, die Griechenland und Sorgenkindern wie Portugal und Irland zugute kommen, gilt vor allem der Ausbau des Euro-Rettungsschirms als Kernelement der jüngsten Beschlüsse der EU-Staats- und Regierungschefs. Die Neuerungen zielen in erster Linie darauf ab, künftig schneller auf Ansteckungsgefahren in der Euro-Zone reagieren zu können. Insbesondere bei der Möglichkeit über offene Kreditlinien für angeschlagene Euro-Staaten präventiv einzugreifen gilt der Internationale Währungsfonds als Vorbild für Europa. Der EU-Sondergipfel vom Donnerstag gilt daher als Startschuss für einen EU-Währungsfonds.

Möglichkeiten

In drei wesentlichen Punkten wurden die Möglichkeiten des aktuellen EU-Hilfsmechanismus (Europäischer Finanzstabilitätsfazilität, kurz: EFSF) erweitert:

Offene Kreditlinien Für bedrohte Länder werden nach dem Vorbild des IWF flexible Kreditlinien eingerichtet. Bedingung sind vorab mit dem betroffenen Land ausgehandelte Spar- und Sanierungsprogramme. Die Hoffnung ist, dass diese Kredite nicht benötigt werden, weil schon ihre theoretische Bereitstellung durch den Rettungsschirm zur Beruhigung der Märkte führt.

Anleihenkauf Zweitens soll der EU-Währungsfonds (auch wenn er offiziell noch nicht so heißt) Anleihen von Ländern aufkaufen dürfen, die bereits EU-Hilfen bekommen (Portugal, Irland). Das hat bisher nur die Europäische Zentralbank gemacht, die diese vielfach kritisierte Praxis nun an den Fonds abtritt. Voraussetzung dafür soll eine vorangegangene Prüfung durch die EZB und ein einstimmiger Beschluss der Euro-Staaten sein. Solche Anleihenkäufe stützen die Kurse von unter Druck geratenen Staatspapieren. Kritisiert wird daran die Verzerrung der Marktkräfte, weil sich Staaten, die ihre Schulden nicht in den Griff bekommen, nun nicht mehr im bisherigen Maße vor Strafzinsen an den Märkten fürchten müssen. Kritiker sprechen von einer "Vergemeinschaftung" der Schulden.

Kreditvergabe Auch darf der Fonds künftig Kredite an Euro-Staaten vergeben, damit diese Banken rekapitalisieren bzw. selbst Anleihen aufkaufen können. Auch solch ein Beschluss muss einstimmig gefasst werden. Ausdrücklich festgehalten wurde jedoch, dass diese Variante auch Staaten offensteht, die bisher keine Hilfskredite von EU/IWF erhalten. Nach einer Analyse von Raiffeisen Research ist dieser Punkt maßgeschneidert für die Situation in Spanien.
Dort musste soeben die Caja Mediterraneo CAM mit einem Aufwand von 2,8 Milliarden Euro notverstaatlicht werden. Die CAM ist eine von fünf spanischen Sparkassen, die durch den Banken-Stresstest gefallen sind.

Ratingagenturen Im Hintergrund maßgeblich für die Beschlüsse von Brüssel ist die Meinung der Ratingagenturen. Am Montag hat auch Moody's die private Beteiligung von Banken und Versicherungen am Gesamtpaket im Ausmaß von bis zu 50 Mrd. Euro als teilweisen Zahlungsausfall bewertet.

Allerdings gilt als sicher, dass nach dem für September geplanten Anleihentausch (alte griechische Staatspapiere gegen neue Anleihen mit längerer Laufzeit und niedrigeren Zinsen) die Bewertung wieder angehoben wird. Für die heikle Umtauschphase stellen die Euro-Staaten jedoch Sondergarantien für griechische Anleihen zur Verfügung. So können diese Papiere (trotz ihrer Bewertung mit "teilweisem Zahlungsausfall") von Athen bei der EZB hinterlegt werden, um dort frisches Geld für griechische Banken zu bekommen. Mit diesem Manöver ignorieren die Euro-Länder die Noten der Ratingagenturen in dieser Sondersituation.

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