Staatsholding ÖBIB - eine Fehlkonstruktion

Staatsholding ÖBIB - eine Fehlkonstruktion
ÖBIB gerät immer stärker unter Beschuss. Minister Drozda: "Gestalten statt verwalten".

Noch nicht einmal zwei Jahre ist die neue Staatsholding jung. Nach heftigen Tauziehen hatten sich SPÖ und ÖVP auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zusammen gestritten. Das Ergebnis ist ein ziemlich eigenartiges Konstrukt namens ÖBIB, das die alte ÖIAG ersetzt.

Es geht um die wertvollsten Unternehmensbeteiligungen, die der Republik noch geblieben sind. OMV, Telekom, Post, Casinos Austria – Flaggschiffe der österreichischen Wirtschaft, insgesamt 35.500 Mitarbeiter. Der Börsenwert dieses Portfolios, das den Steuerzahlern gehört, liegt bei 5,8 Milliarden Euro.

In Wirtschafts- und Politkreisen herrscht allerdings schon ziemlicher Unmut über die ÖBIB. Über die Strukturen grundsätzlich und die Performance der ÖVP-nahen Chefin Martha Oberndorfer. Tenor: Ein professionelles Management von derart schwergewichtigen Beteiligungen sieht anders aus.

Staatsholding ÖBIB - eine Fehlkonstruktion
ABD0062_20150605 - WIEN - ÖSTERREICH: Martha Oberndorfer, Leiterin der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) und künfitge neue Chefin der Staatsholding ÖBIB, am Freitag, 05. Juni 2015, während eines Interviews mit der APA - Austria Presse Agentur in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Ist ja nicht so, dass in den Unternehmen alles paletti wäre. In der Telekom sitzt der mexikanische Gigant América Móvil als Mehrheitsaktionär, im Unternehmen geht’s rund. Der Öl- und Gas-konzern OMV verkauft der Reihe nach gewinnbringende Beteiligungen ab und kuschelt eng mit Russland, Abu Dhabi hält knapp 25 Prozent der Aktien. Die Casinos fahren nach den heftigen Kämpfen auf Eigentümerebene mit angezogener Handbremse. Nur bei der biederen Post gibt’s keine gröberen Probleme.
Staatsholding ÖBIB - eine Fehlkonstruktion
Die ÖBIB muss laut Gesetz die Eigentümerinteressen des Bundes wahrnehmen. Sitzt aber, im Gegensatz zur Vorgängerin ÖIAG, selbst nicht mehr in den Aufsichtsräten der Unternehmen. Die Aufsichtsratsmandate werden nach einem speziellen Prozedere besetzt. Ein Nominierungskomitee mit zwei Politikern (rot und schwarz, eh klar) und zwei Spitzenmanagern sucht die Aufsichtsräte aus, die für die Republik in die Unternehmen entsandt werden.

Was etliche der Aufsichtsräte selbst ziemlich seltsam finden. "Es wäre wesentlich effizienter, wenn das ÖBIB-Management selbst auch in den Aufsichtsräten vertreten wäre", heißt es.

Kanzleramtsminister Thomas Drozda, seit Sommer 2016 Mitglied des Komitees und in der SPÖ für die ÖBIB zuständig, schließt sich der Kritik an: "Das ist eine seltsame Konstruktion, die die Stellung der Republik gegenüber den Syndikatspartnern (América Móvil, Abu Dhabi, Anm.) schwächt. Die ÖBIB muss wieder in die Präsidien der Aufsichtsräte und in die relevanten Ausschüsse". Das werde, argumentiert Drozda im Gespräch mit dem KURIER, bei allen großen Holdings so gehandhabt.

Zur Ehrenrettung des Komitees muss gesagt werden, dass die Wahl bisher auf respektable Persönlichkeiten fiel und die Frauenquote auch stimmt. "Bei der Besetzung der Aufsichtsräte hat das Komitee einen sehr guten Job gemacht", attestiert Norbert Zimmermann. Der Industrielle (Berndorf) ist unverdächtig, er war der unabhängige Mediator zwischen SPÖ und ÖVP bei der Entstehung der ÖBIB. Warf dann aber seine Funktion hin, "weil das ursprüngliche Konzept verwässert wurde".

"Die ÖBIB ist kein Modell, um die Eigentümer-Rolle der Republik kompetent wahrzunehmen", spricht Drozda das Unbehagen in der SPÖ über die ÖBIB-Konstruktion offen aus. War zu erwarten, dass sich Bundeskanzler Christian Kern und Drozda wirtschaftspolitisch wesentlich stärker einbringen als ihre Vorgänger Faymann und Ostermayer. Wobei es auch in der ÖVP zunehmend Kritik an der Staatsholding gibt, aber bei den Schwarzen will sich niemand mit dem zuständigen Finanzminister Hans Jörg Schelling anlegen.

"Man sollte die Konstruktion der ÖBIB ändern", meint Drozda. Mit dem Ziel, die Beteiligungen professionell zu managen "um die Industriesubstanz und die Headquarters zu erhalten". Die Republik müsse den nachvollziehbaren strategischen Interessen der Syndikatspartner "etwas entgegensetzen können". Mit einer Industriequote von 20 Prozent sei Österreich im internationalen Vergleich eh noch ganz gut aufgestellt.

Unter dem Motto: "Gestalten statt verwalten" sollte die ÖBIB zum Holdingdach für weitere Unternehmen ausgebaut werden, an denen der Staat oder die Länder beteiligt sind, erklärt Drozda. Stellt aber klar, dass eine Neukonzeption Aufgabe für das nächste Regierungsprogramm ist. In dieser Legislaturperiode will die SPÖ das Thema nicht mehr angehen.

Aber welche Unternehmen würden noch in die ÖBIB hineinpassen?

Drozda will noch keine konkreten Firmen nennen, doch er denkt "beispielsweise an die E-Wirtschaft. Alle Unternehmen, an denen es strategische Interessen gibt und die im Wettbewerb stehen." Eine ähnliche Diskussion gab es vor einigen Jahren, angestoßen von der damaligen ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter. Ihr schwebte eine Vergrößerung der Staatsholding vor, in die überhaupt alle Firmen mit Bundes- oder Landesbeteiligung eingebracht werden sollten. Der ehrgeizige Plan scheiterte schon im Ansatz daran, dass sich die SPÖ beim Autobahnbetreiber Asfinag und den ÖBB sperrte, die ÖVP aber darauf bestand.

Drozda winkt ab. Die Asfinag stehe nicht im Wettbewerb und den ÖBB drohe keine unfreundliche Übernahme. Er plädiert dafür, nach Branchen zu überlegen, private Partner an Bord zu holen und die Mitarbeiterbeteiligung auszubauen.

In Zeiten niedrigster Zinsen und bescheidener Lohnentwicklung sei die Beteiligung von Mitarbeitern "auch verteilungspolitisch ein Thema". Vorbild-Modell ist für Drozda die voestalpine, "dort sind die strategischen Interessen der Kernaktionäre und der Mitarbeiter gewahrt".

Martha Oberndorfer, zuvor Leiterin der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA), würde bei einer Neuaufstellung der Staatsholding höchstwahrscheinlich nicht mehr an Bord sein. Die Vorstände und Aufsichtsräte der Unternehmen suchen nicht gerade das Gespräch mit ihr. Immer, wenn es brenzlig wurde, musste Schelling selbst ausreiten. Sei es nach Mexico City, um endlich den längst überfälligen Chefposten bei A1 mit der Top-Managerin Margarete Schramböck zu besetzen. Als im Vorjahr der OMV-Syndikatsvertrag mit der Staatsholding von Abu Dhabi zur Verlängerung anstand, dürfte Oberndorfer mit den Arabern nicht so ganz klargekommen sein. Sodass sich Schelling in die Verhandlungen einklinken musste.

"Ich habe mich gewundert, dass Günter Leonhartsberger nicht mit der Geschäftsführung der ÖBIB betraut wurde und warum man das Risiko einer Besetzung einging,die jetzt zu Diskussionen führt", sagt Zimmermann. Leonhartsberger war langjähriger Abteilungsleiter in der ÖIAG und gilt als ausgezeichneter Beteiligungsmanager. Er verabschiedete sich unter Oberndorfer. Die neue Chefin stieg auf die Kostenbremse und reduzierte Personal und die teils überzogenen Gagen.

"Die Geschäftsführung ist nicht das Thema. Zuerst muss man die Strukturen überlegen und dann über eine erfahrene Persönlichkeit mit industriellem Background nachdenken", meint Drozda. Nachsatz: "Erfahrung in einem internationalen Konzern wäre kein Nachteil". Alles klar, damit kann Oberndorfer nicht gemeint sein.

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