Staatsanleihen: 200 Mio. Euro fürs Budget

Staatsanleihen: 200 Mio. Euro fürs Budget
Heimische Bundesanleihen sind hoch im Kurs. Das hilft dem Staatshaushalt enorm, da die Zinsen derzeit tief sind.

Im KURIER-Interview spricht Martha Oberndorfer, Geschäftsführerin der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA), über die Auswirkungen der Schuldenkrise auf Österreich.

KURIER: An den Aktienbörsen gibt es seit einigen Wochen große Verluste, die Angst vor der Schuldenkrise und Rezession geht um. Wie bewerten Sie die Lage?
Martha Oberndorfer: Es ist richtig, dass es momentan relativ viel Unsicherheit auf den Märkten gibt. Dies führt dazu, dass Investoren wieder die Flucht in die Qualität antreten und eher risikolose Veranlagungen suchen. Sie differenzieren wieder mehr zwischen den Staatsanleihen und das ist positiv für uns, da es neben Österreich nur noch zwölf Staaten mit AAA-Rating und mit stabilem Ausblick gibt. Österreich steht international betrachtet relativ gut da und gehört zu den solidesten Staaten.

Ökonomen befürchten, dass Österreich aufgrund der steigenden Staatsverschuldung eines Tages sein AAA-Rating verlieren könnte. Teilen Sie die Befürchtung?
Ich sehe das Rating derzeit sehr gut abgesichert. Das zeigen auch die jüngsten Bestätigungen von Fitch und Moody's. Wenn man sehr langfristig in die Zukunft schaut, ist eine Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung aber ganz klar.

Wie sehr sind Staatsanleihen aus Österreich gefragt?
In den letzten Wochen war die Nachfrage vier bis fünf Mal höher als an normalen Tagen. Das führt zu einer dramatischen Entwicklung der Zinsen nach unten, bei der zehnjährigen Bundesanleihe von 3,4 Prozent im Juli auf 2,6 Prozent. Das ist natürlich gut, weil wir für neue Schulden weniger zahlen.

Wie viel erspart sich Österreich wegen der niedrigeren Zinszahlungen?
Bei einem durchschnittlichen Finanzierungsbedarf von 25 Milliarden Euro, die wir heuer anvisieren, macht ein Prozentpunkt weniger rund 250 Millionen Euro aus. Auf fünf oder zehn Jahre bringt das mehrere Milliarden. Da die Zinsen erst in der zweiten Jahreshälfte stark gesunken sind, sind es 2011 vielleicht 200 Millionen Euro, aber das ist sehr vage, wir haben erst August. Die Einsparung könnte aber geringer ausfallen, falls die Zinsen bis Jahresende wieder steigen.

Müssten Sie das derzeit günstige Zinsniveau nicht für die Aufnahme weiterer Mittel nützen?
Ich glaube nicht, dass man eine Freude haben würde, wenn ich als Schuldenmanagerin mehr Schulden mache, nur weil das Zinsniveau niedriger ist.

Sind Eurobonds ein geeignetes Mittel, um aus der Krise in der Eurozone zu finden?
Die Beurteilung, wie attraktiv ein Eurobond ist, ist sicher eine andere aus der Perspektive eines bonitätsschwachen Landes auf dem einen Ende und Österreich auf dem anderen. Für Österreich könnte das nachteilige Auswirkungen haben auf die Konditionen und die Schuldenlast. Man muss sich auch die Frage der Bonität eines Eurobonds stellen. Das Gewicht der AAA-Länder an der Eurozone liegt unter 60 Prozent. Daher zweifeln viele, dass Eurobonds AAA-Rating haben könnten. Das, was ich bis jetzt an Konzepten gesehen habe, hat bei mir nicht den Eindruck hinterlassen, dass Österreich massive Vorteile hätte.

Könnte die Ausgabe von Eurobonds so schnell umgesetzt werden?

Ein einheitliches Format erfordert einen langwierigen Verhandlungsprozess. So gilt es rechtliche Fragen zu klären. Kann zum Beispiel ein Staat Risiken für einen anderen übernehmen? Die Einführung von Eurobonds ist nicht unmöglich, aber komplexer als viele Menschen glauben. Es scheint sehr ambitioniert, hier kurzfristig eine Lösung zu finden und umzusetzen.

Sie verhandeln derzeit mit Ratingagenturen über die Verlängerung der Verträge zur Beurteilung der Bonität der Anleihen Österreichs. Wie ist der Stand der Dinge?

Wir sprechen derzeit sehr viel mit Ratingagenturen. Nach den neuen EU-Vorschriften muss bei jedem Rating angegeben werden, ob dieses Rating angefordert wurde oder ob es die Agentur von sich aus gemacht hat. Es gibt auch einen EU-Vorschlag, dass Staaten für Ratings gar nichts mehr bezahlen. Darüber wird im Oktober verhandelt, das warten wir ab. Manche große Emittenten sprechen gar nicht mehr mit Ratingagenturen und liefern keine Informationen. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich ein Vorteil ist. Viele Investoren wollen ein Rating, das auf Fakten aus erster Hand basiert. Ich kann aber auch verstehen, wenn jemand Ratings, die von Emittenten bezahlt sind, nicht will.

Was ist die Gefahr, wenn Österreich für seine Ratings nicht mehr zahlt (bisher 0,0003 Prozent der Staatsschulden, weniger als 500.000 Euro im Jahr)?
Dann werden die einzelnen Anleihen nicht mehr gerated. Die Konsequenzen sind schwer abschätzbar, aber große Investoren dürfen oft nur geratete Emissionen kaufen. Österreich verliert dann Investorenkreise. Das kann viel mehr kosten als die Gebühren, die Österreich zahlt.

Zur Person: Martha Oberndorfer

Staatsanleihen: 200 Mio. Euro fürs Budget

Karriere Die 49-jährige Martha Oberndorfer übernahm 2008 die Leitung der ÖBFA. Zuvor war die studierte Betriebswirtin, die auch ein MBA-Studium in Toronto absolvierte, im Vorstand der Bundespensionskasse, Geschäftsführerin einer Finanzierungsberatungs-Gesellschaft, in der Bank Gutmann und in der Kommunalkredit tätig.

ÖBFA Sie wurde 1993 gegründet und steht im Besitz der Republik Österreich. Die ÖBFA verwaltet die Schulden des Landes und nimmt neue Schulden durch die Ausgabe von Staatsanleihen auf. Ziel ist die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Landes zu günstigen Konditionen. Nach Spekulationsverlusten von knapp 300 Millionen Euro unter Obern-dorfers Vorgänger wurden die Anlagebestimmungen verschärft. Laut Rechnungshof gibt es keine weiteren Risikopapiere im Portfolio. Im Saldo hat die ÖBFA durch ihre Veranlagungen 6,3 Milliarden Euro an Zinsen erspart.

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