SPÖ forciert 38,5 Stunden-Woche

Rudolf Hundstorfer im Faktencheck
Es werden mehrere Modelle diskutiert. Dem ÖGB kommt die neu anlaufende Debatte entgegen.

Die SPÖ nähert sich langsam, aber doch einem Thema an, das Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellen-Vereinigung (IV) gar nicht behagt: In der von Bundespartei-Chef Werner Faymann ins Leben gerufenen Initiative "Österreich 2020", die Zukunftsfragen diskutiert, geht es auch um die Arbeitszeitverkürzung.

Laut SPÖ-Zentrale werden dazu mehrere Modelle diskutiert. Ob am Ende die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung der geltenden 40-Stunden-Woche stehen werde, sei aber offen, sagt Parteisprecher Oliver Wagner zum KURIER.

Modelle

Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) erläuterte am Dienstag vor dem Ministerrat seine Meinung dazu. Vor dem Hintergrund, dass das faktische Pensionsantrittsalter steigen soll, müsse auch über neue Arbeitszeitmodelle für ältere Arbeitnehmer nachgedacht werden. Daher sei die Reduktion der Wochenarbeitszeit ein Thema. Was stellt sich der Minister konkret vor? "Wir haben eine Million Menschen, die 38,5 Stunden arbeiten. Wenn wir das weiter ausbauen könnten, wäre es nicht schlecht." Die Arbeitgebervertreter protestierten sofort. Die Präsidenten von WKÖ und IV, Christoph Leitl und Veit Sorger, sprachen von einem kontraproduktiven Schritt für den Wirtschaftsstandort. Als Negativ-Beispiel nannten sie Frankreich: Seit es dort die 35-Stunden-Woche gebe, habe sich Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit verschlechtert. Außerdem habe sich gezeigt, dass nicht mehr Jobs entstünden. Im Gegenteil: die Arbeitslosigkeit sei gestiegen.

Wie viele Menschen träfe eine Verkürzung auf 38,5 Stunden? Laut Statistik Austria gibt es 1,76 Millionen unselbstständig Beschäftigte, die zwischen 38,5 und 40 Stunden arbeiten; das sind etwas mehr als 49 Prozent. Laut Arbeitsklima-Index der Arbeiterkammer vom März leisten 14 Prozent der Beschäftigten zwischen 40 und 45 Wochenstunden, weitere zehn Prozent werken mehr als 45 Stunden. Eine Vollzeit-Woche dauert laut dieser Erhebung durchschnittlich 41,9 Stunden.

Unterstützer

Dem ÖGB kommt die Debatte gelegen. Hundstorfers Anliegen, dass mehr Menschen 38,5 Stunden statt 40 Stunden arbeiten sollten, wird vom Gewerkschaftsbund unterstützt. "Die Belastungen steigen ständig, Die Leute sollen aber möglichst lange gesund arbeiten. Daher unterstützen wir jeden Schritt in Richtung Arbeitszeit-Reduktion", sagt der leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz. Weil es die 40-Stunden-Woche vor allem in Niedriglohn-Branchen gebe ( Gastronomie, Reinigung), gehe es dann aber auch um vollen Lohnausgleich. Thomas Leoni, Arbeitsmarkt-Experte vom Wirtschaftsforschungsinstitut, hält Hundstorfers Anliegen für "diskussionswürdig". Ein Effekt könne in gewissen Bereichen mehr Beschäftigung sein. Ein zweites Motiv dafür sei, dass die Menschen wegen der Reformen im Pensionssystem in Zukunft generell länger arbeiten müssten. Leoni: "Es geht bei der Debatte um die Verteilung der gesamten Lebensarbeitszeit."

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