Siemens und GE: Ausgepowert

Bei Siemens in Berlin formierte sich Protest
Bei Siemens in Wien fallen 200 Jobs weg - Abwarten bei GE Jenbacher in Tirol.

Die Stromproduktion aus Wind und Sonnenkraft wird immer billiger – das bekommen die Errichter von Großkraftwerken und Gasturbinen schmerzlich zu spüren: Siemens Österreich wird es in den nächsten Jahren 200 Arbeitsplätze kosten. Bis 2020 soll rund die Hälfte der Beschäftigten in der Kraftwerkssparte (Power & Gas) abgebaut werden. Insgesamt beschäftigt Siemens in Wien 5800 Mitarbeiter, 10.800 sind es österreichweit.

Für die Beschäftigten kommt der Jobabbau überraschend, zumal die Auftragslage gar nicht schlecht war. So konnten Kraftwerksprojekte in Bolivien, Malta und Israel an Land gezogen werden. "Es durfte offenbar nicht sein, dass in Deutschland Werke zusperren müssen und Österreich kommt ungeschoren davon", vermutet ein langjähriger Mitarbeiter. Betroffen sind vor allem Ingenieure, viele wurden vor zwölf Jahren vom Anlagenbauer VA Tech übernommen.

Siemens und GE: Ausgepowert
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Die Gewerkschaft GPA-djp hofft, dass die betroffenen Mitarbeiter innerhalb des Konzerns unterkommen und es möglichst wenige Kündigungen geben wird. "Der Erhalt der Arbeitsplätze ist unser Ziel", sagt Barbara Teiber von der GPA-djp Wien. In Deutschland formiert sich bereits Widerstand gegen den Abbau und die Schließungen. In Berlin, wo 870 Stellen wegfallen, versammelten sich 1300 Beschäftigte zum Protest.

Fabrik 2017 besorgt

Aber auch der ewige Siemens-Rivale GE (General Electric) muss sein Geschäft umkrempeln. Die US-Industrieikone kürzt die Ausschüttungen an die Aktionäre – erst zum dritten Mal in der 125-jährigen Firmengeschichte. Der neue GE-Boss John L. Flannery kündigte an, Unternehmensteile um 20 Milliarden US-Dollar zu verkaufen.

Das sorgt für Anspannung bis nach Tirol: GE beschäftigt am Standort Jenbach mehr als 1500 von 2300 österreichischen Mitarbeitern. Produziert werden bei GE Jenbacher Gasmotoren und Blockheizkraftwerke, die Strom etwa für Hotels, Krankenhäuser, Flughäfen oder Stadtwerke produzieren.

Die Jenbacher-Mitarbeiter vertrauen darauf, dass ihre Motoren ergänzend zur Energiewende benötigt werden. Zudem sei das Tiroler Werk eines der fortschrittlichsten: Die Beraterfirma A.T. Kearney prämierte es im Oktober als "Europas Fabrik des Jahres 2017". Das könnte den Standort freilich zum attraktiven Verkaufsobjekt machen – die Mitarbeiter hoffen, in den nächsten Wochen mehr zu erfahren. "Derzeit bleibt bei GE Jenbacher alles beim Alten; alles andere sind Gerüchte und Spekulationen", sagte eine GE-Sprecherin zum KURIER.

"Ganze zwei Stück"

Konzern-Oberboss Flannery hatte kürzlich in einer Telefonkonferenz bestätigt, dass Erneuerbare Energie und Speichersysteme die Branche umkrempeln – "aber das passiert nicht über Nacht". Die Stromproduktion aus Gas werde weiter um rund zwei Prozent pro Jahr wachsen.

Fakt ist: Die Industrieriesen Siemens und GE haben die Folgen der Energiewende ordentlich unterschätzt. "Wissen Sie, wie viele große Gasturbinen in den vergangenen drei Jahren in Deutschland bestellt wurden?", fragte Siemens-Chef Joe Kaeser kürzlich Journalisten. "Ich werde es Ihnen sagen: Ganze zwei Stück."

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