Showdown für Fritz Verzetnitsch

Showdown für Fritz Verzetnitsch
ÖGB will von Ex-Präsidenten Geld zurück – wegen fragwürdiger Wertpapiertransaktionen.

Emotional hängt Fritz Verzetnitsch offenbar immer noch am ÖGB. Obwohl von seinem Nachfolger Rudolf Hundstorfer am 30. April 2006 wegen des Bawag-Desasters fristlos gefeuert, sucht Verzetnitsch heute noch die Nähe seiner ehemaligen Gewerkschaftsfreunde. Regelmäßig taucht er bei Veranstaltungen in der ÖGB-Zentrale auf, zuletzt beim großen Fest zu Ehren von Anton Benya.

Der Empfang ist freilich eher kühl. Die Genossen von früher verzeihen Verzetnitsch nicht, dass unter seiner Regentschaft die gewerkschaftseigene Bawag beinahe ruiniert wurde und an den US-Fonds Cerberus verkauft werden musste. Trotz eines Kaufpreises von 3,2 Milliarden Euro blieb dem ÖGB fast nichts übrig. Damit war die Vertretung der Werktätigen auch den geheimnisumwitterten Streikfonds los, der aus der Bank als Vermögenswert bestand.

Showdown für Fritz Verzetnitsch
Seit 2007 versucht der ÖGB, die Akteure finanziell zur Verantwortung zu ziehen. Die dem ÖGB gehörende AVB-Holding reichte Schadenersatzklage ein. Gegen Verzetnitsch, Ex-Bawag-ChefHelmut Elsner, seinen NachfolgerJohann Zwettler sowie die ehemaligen Bawag-VorständePeter Nakowitz,Hubert Kreuch,Christian Büttner undJosef Schwarzecker.Aus Gründen der Prozessökonomie vorerst mit zehn Millionen Euro limitiert. Der Prozess ist schon in der dritten Auflage, am Dienstag wird vor dem Wiener Handelsgericht weiter gestritten. Außen vor ist Ex-Bawag-Aufsichtsratspräsident und ÖGB-FinanzchefGünter Weninger. Er wurde nicht geklagt, weil der ÖGB seine Aussagen in einer anderen Causa brauchte.
Showdown für Fritz Verzetnitsch
  Am Hungertuch nagt Verzetnitsch keineswegs. Zwar verlor er den Prozess um seinen Rauswurf und damit rund 800.000 Euro, die sich aus Abfertigung und hochgerechneter Gewerkschaftsrente zusammensetzen. Doch seine ASVG-Pension wird durch eine Politiker-Pension von rund 75.000 Euro brutto jährlich aufgefettet, Verzetnitsch saß lange genug im Nationalrat.

Als eiserne Reserve hat der Ex-Gewerkschafter eine Altersvorsorge von beträchtlichem Wert – das 200 Quadratmeter große Luxus-Penthouse am Wiener Fleischmarkt, mit Dachterrasse, Wellnessbereich und Sauna. Zur unbefristeten Billig-Hauptmiete von kolportierten rund 1300 Euro monatlich. Das imposante Jugendstil-Gebäude gehörte ehemals der Bawag, die das Dachgeschoß pompös ausbaute und weit unter Marktpreis an Elsners Vorgänger Walter Flöttl und Verzetnitsch vermietete. Der Wirbel um seine Wohnadresse war Verzetnitsch egal. Der „Penthouse-Sozialist“ dachte nicht daran, auszuziehen. Als Installateur habe er früher den Dreck der City-Bewohner weggeräumt, „jetzt darf ich hoffentlich auch da wohnen“.

Mittlerweile hat er den Immobilien-Milliardär Rene Benko als Nachbarn, der sich auf den 600 Quadratmetern von Flöttl einen Hauptwohnsitz vom Feinsten einrichtet. Gut möglich, dass Benko einiges springen lässt, um den „roten Fritz“ auszukaufen und allein am Dach zu residieren.
Hintergrund des Schadenersatz-Prozesses ist eine dubiose Wertpapier-Transaktion. Der Spekulant Wolfgang Flöttl hatte eine Milliarde Euro der Bawag bei den sogenannten Karibik-II-Geschäften versenkt. Elsner und Weninger verordneten ein Geheimhaltungsgebot. Wie jedoch die Flöttl-Verluste in der Bilanz verstecken? Dafür eignete sich die Fusion mit der von der Bawag übernommenen PSK hervorragend. Ein Teil der Karibik-Miesen wurde bei der Fusion durch Aufwertungen geschönt. Blieben noch 270 Millionen Euro, die die Bawag-Granden geschickt dem ÖGB unterjubelten.

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Die kreative Konstruktion funktionierte, vereinfacht dargestellt, so: Die AVB-Holding des ÖGB fungierte als Eigentümer-Gesellschaft der Bawag. Die Bank wurde vor der Fusion mit der PSK von der AVB abgespalten. Elsner war damals schon in Pension, Bawag-Chef warJohann Zwettler, der gemeinsam mit Weninger als Geschäftsführer auch die AVB managte.

2005 verkaufte die AVB gegen Cash erstklassige Wertpapiere im Volumen von 670 Millionen Euro, hauptsächlich Staatsanleihen bester Bonität, an die Bawag. Im Gegenzug verkaufte die Bawag der AVB ebenfalls Wertpapiere um 670 Millionen Euro. Gleicht sich aus, könnte man auf den ersten Blick meinen.
Der kleine Unterschied war allerdings, dass diese Papiere, großteils von Hedgefonds, nicht annähernd so viel Substanz hatten. Ihr damaliger Marktwert lag bei lediglich 390 Millionen Euro. Obendrein waren diese Wertpapiere in Dollar, ohne dass das Währungsrisiko abgesichert war. Pikanterie am Rande: Der ÖGB, der politisch gegen Spekulation mobilisierte, saß nun selbst auf hoch spekulativen Papieren. In die AVB wurden außerdem noch Verbindlichkeiten von 1,6 Milliarden aus dem Kauf der PSK gepackt. Dafür fielen pro Tag fast 192.000 Euro Zinsen an, von einer Tilgung konnte keine Rede sein

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„Die AVB-Konstruktion war absichtlich so gestaltet, dass der ÖGB den Schaden hatte und die Bankvorstände gut dastanden“, ärgert sichClemens Schneider. Der gelernte Banker hatte als gewerkschaftlicher Finanzchef die Aufgabe, das Desaster aufzuräumen und den schwer schlagseitigen ÖGB zu sanieren. Schneider ist seit Kurzem neuer Chef der Westbahn, steht dem ÖGB aber in dieser Sache noch bei. „Chaotisch und dramatisch“ sei die Lage damals gewesen. „Die AVB war wirtschaftlich tot“ (Schneider) und hatte nicht einmal die Mittel, wenigstens das Währungsrisiko zu hedgen. Drei Jahre dauerte es, bis die AVB die giftigen Papiere loswurde. Die Investmentbank Morgan Stanley, die später den Verkauf der Bawag an Cerberus managte, übernahm das Konvolut schließlich in Tranchen. Die Endabrechnung: Die AVB erhielt nur 339 Millionen Euro, macht 331 Millionen Verlust. Die Bawag-Wertpapiere waren inklusive Zinsen 756 Millionen wert.

Die große Frage ist, wer das Gehirn hinter dem Deal war – Zwettler und seine Vorstandskollegen? Ihr Chefaufseher Weninger muss eingeweiht gewesen sein, aber fraglich ist, ob der gelernte Elektrotechniker tatsächlich verstand, was ihm die Bawag-Vorstände erzählten.
Und was wusste Verzetnitsch? Der sagt, er habe nur im Sinne des ÖGB gehandelt. Seine Funktion sei eine „politische“ gewesen, er sei kein „Oberaufseher“. Dem von der Persönlichkeitsstruktur her völlig anders gestrickten Elsner hatte der einstige ÖGB-Boss blind vertraut. Als Elsner schon in Pension war, flog Verzetnitsch noch zum Besuch in die Villa an der Côte d’Azur. Was die beiden wohl zu besprechen hatten?

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