OGH

Sechs Jahre Haft für Petrikovics

Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics am Obersten Gerichtshof in Wien.
Das Höchstgericht bestätigte das Urteil des Wiener Straflandesgerichts

Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab Karl Petrikovics am Dienstag einen Korb: Das Urteil des Wiener Straflandesgerichts gegen den ehemaligen Immofinanz-Boss – sechs Jahre Haft wegen Untreue – bleibt aufrecht (der KURIER berichtete). Bestätigt wurde vom Höchstgericht auch die Haftstrafe von 4,5 Jahren gegen Ex-Aufsichtsratspräsident Helmut Schwager. Nur die bedingte Haftstrafe gegen den früheren Prokuristen Christian Thornton wurde von zwei Jahren auf 15 Monate herabgesetzt.

Ex-Aufsichtsratschef Helmut Schwager (li.) und Ex-Prokurist Christian Thornton
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APA/ROLAND SCHLAGER
IMMOFINANZ-PROZESS: OGH VERHANDELT ÜBER URTEILE GE
ABD0018_20151020 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0114 VOM 20.10.2015 - V. l.: Ex-Immofinanz-Boss Karl Petrikovics, Ex-Aufsichtsratschef Helmut Schwager und Ex-Prokurist Christian Thornton am Dienstag, 20. Oktober 2015, am Obersten Gerichtshof in Wien. Unter großem Medienandrang hat am 20. Oktober 2015 am Obersten Gerichtshof (OGH) die Verhandlung über die Untreueurteile gegen ehemalige Manager des Immofinanz-Konzerns begonnen. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

Haftantritt noch heuer

Petrikovics und Schwager müssen wahrscheinlich noch heuer ins Gefängnis. Nach der schriftlichen Ausfertigung des OGH-Urteils geht der Akt zurück ans Wiener Straflandesgericht. Dieses wird den beiden Verurteilten dann eine Aufforderung zum Haftantritt zustellen lassen, der sie binnen einem Monat Folge leisten müssen.

„Strafverschärfend“ für Petrikovics und Schwager: Der OGH bestätigte auch die vom Erstgericht bereits zugesprochenen Schadenersatzansprüche der Privatbeteiligten Constantia Privatbank (heute Aviso Zeta) sowie Immoeast. Petrikovics und Schwager müssen an die beiden Unternehmen aus dem früheren Immofinanz-Konzern mehr als vier bzw. sieben Millionen Euro zahlen. Die beiden Manager waren im April 2013 wegen der Zuteilung von Optionen ohne Zustimmung des Aufsichtsrats verurteilt worden. Dadurch hätten sie sich Begünstigungen in Höhe von 20 Millionen Euro auszahlen lassen, lautete im April 2013 die Urteilsbegründung.

Eine Folge der Immofinanz-Affäre waren Tausende geschädigte Anleger. Für mehr als 2500 Geschädigte brachte der Verein für Konsumenteninformation eine Sammelklage ein. Auch in zahlreichen Einzelklagen begehrten Anleger Geld vom Immofinanz-Konzern zurück.

Eine wesentliche Rolle für die Bestätigung dieses Urteils durch den OGH hatte die Bewertung der Rolle des Sachverständigen gespielt. Petrikovics-Anwalt Otto Dietrich hatte argumentiert, dass dieser befangen gewesen sei. Denn er habe als „Ermittlungsorgan der Staatsanwaltschaft“ agiert und sei danach auch im Gerichtsverfahren tätig gewesen. Der Sachverständige sei außerdem fast ausschließlich für die Justiz tätig und daher von der Staatsanwaltschaft abhängig. Der OGH war anderer Ansicht, der Sachverständige sei nicht befangen gewesen.

Dieselbe Auffassung vertrat auch Harald Eisenmenger von der Generalprokuratur des Bundes. Die Zusammenarbeit des Gutachters mit der Justiz könne keine Befangenheit bewirken: „Da muss schon etwas Konkretes sein – wenn der Staatsanwalt den Sachverständigen auf Skiurlaub einlädt.“

Falsches Signal

Eisenmenger hatte auch vor einer Strafminderung gewarnt. Das wäre ein falsches Signal für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Petrikovics-Anwalt Dietrich hält seine Kritik am Gutachter auch nach dem Urteil aufrecht, der Oberste Gerichtshof habe „die bisherige skandalöse Praxis des Gutachterwesens einzementiert.“ Damit werde auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und auch der Grundsatz der Waffengleichheit ad absurdum geführt.

Der VfGH hat erst im heurigen März entschieden, dass ein Sachverständiger in ein- und demselben Fall sowohl für die Staatsanwaltschaft als auch für das Gericht tätig werden dürfe. Ob ein Gutachter dann in der Hauptverhandlung noch objektiv sein kann, müsse das Gericht aber im Einzelfall prüfen. Anwalt Dietrich kündigte an, dass er „diesen exemplarischen Fall dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorlegen“ werde.

Wie zielbewusst Karl Petrikovics (61) agieren kann, zeigte sich schon in jungen Jahren. Er studierte Jus und Betriebswissenschaften und schloss beides in der Regelzeit ab. Nach einigen Zwischenstationen startete er 1985 bei einer CA-Tochter und erfand dort etwas, was später als Bauherrenmodell bezeichnet wurde. Anfang 1990 wechselte er in die Constantia Privatbank des Industriellen Herbert Turnauer. Dieser ließ sich vom Tatendrang des jungen Managers beeindrucken und machte ihn bald zum Vorstandsboss der Bank und ihrer dann börsenotierten Töchter Immofinanz und Immoeast. Petrikovics galt als Arbeitstier und Kontrollfreak. Seine eigene Dreifaltigkeit in der Bank und deren Töchter wurde aber viel zu wenig kontrolliert. Bei sieben Kapitalerhöhungen wurden Investoren-Gelder eingesammelt. Gut 100.000 Kleinanleger, gekeilt durch AWD, griffen zu. Was sie nicht wussten: Ab dem Jahr 2006 kaufte die Bank verdeckt Aktien der Immo-Töchter, was den Kurs hoch hielt. In der Finanzkrise kollabierte dieses Ringelspiel. Die Aktienkurse brachen ein, die Bank musste von der Konkurrenz aufgefangen werden.

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