Schweizer Konzern krallt sich Innviertler High-Tech-Unternehmen

A man stands in front of the logo of Swiss engineering group ABB before a news conference in Zurich, Switzerland October 4, 2016. REUTERS/Arnd Wiegmann
B&R hat 3000 Mitarbeiter. Eggelsberg in OÖ wird zum globalen Zentrum für Maschinen- und Fabrikautomation. Unternehmen hat rund 400 Millionen Euro auf der hohen Kante.

Der Schweizer Elektrotechnik-Konzern ABB übernimmt die auf Industrieautomatisierung spezialisierte Innviertler Bernecker + Rainer Industrie-Elektronik Ges.m.b.H. mit Sitz in Eggelsberg (Bezirk Braunau) in Oberösterreich. Das teilte ABB am Dienstag mit. B&R beschäftigte weltweit zum Stichtag 30. Juni 2016 exakt 2864 Mitarbeiter, davon rund zwei Drittel in Österreich. Zu Abdeckung von Spitzenzeiten wird auch Leasingpersonal herangezogen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Das Unternehmen hat 22 Tochtergesellschaften zwischen Schweden und Spanien, den USA und Korea.

Hoch profitabel

Die Transaktion folgt nach ABB-Angaben einer „branchenüblichen Bewertung“. ABB-Chef Ulrich Spiesshofer verwies auf den US-amerikanischen B&R-Konkurrenten Rockwell Automation. Das 1979 gegründete Unternehmen hat im Geschäftsjahr 2015/16 inklusive sonstiger Erträge (11,5 Millionen Euro) rund 593,84 Millionen Euro umgesetzt, davon rund 465,287 Millionen Euro in Europa.

Das Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) betrug rund 70,11 Millionen Euro. Unterm Strich ergibt das einen operativen Jahresgewinn in Höhe von 52,134 Millionen Euro. Das Eigenkapital beträgt 273,5 Millionen Euro, der Bilanzgewinn wird mit 258,44 Millionen Euro beziffert, und das Cash- und Bankguthaben mit 146,22 Millionen Euro. Das Anlagevermögen beträgt 102,274 Millionen Euro.

Die Schulden bei Banken betragen 80 Millionen Euro, die Gesamtverbindlichkeiten 142,735 Millionen Euro. Die Eigenkapitalrentabilitäte beträgt 25,4 Prozent, die Gesamtrentabilität 14,8 Prozent.

Der Hintergrund

Mit der Übernahme von B&R will ABB zum Komplettanbieter von Industrieautomation werden, mit Mess- und Steuerungssystemen, Robotik, Digitalisierung und Elektrifizierung. „Diese Transaktion ist ein wahrer Meilenstein für ABB, da B&R die historische Lücke in unserem Automationsangebot schließt“, sagte Spiesshofer am Dienstag in einer Telefonkonferenz. „Strategisch gesehen ist das der wichtigste Deal, den ABB je gemacht hat.“

ABB will die Übernahme vollständig mit Barmitteln finanzieren. Die Transaktion werde sich voraussichtlich bereits im ersten Jahr positiv auf den operativen Gewinn je Aktie auswirken. Das Closing wird für den Sommer 2017 erwartet, man rechne nicht mit Einwänden seitens der Wettbewerbsbehörden, sagte Spiesshofer.

Der Hauptsitz von B&R in Eggelsberg in Oberösterreich wird für ABB zum globalen Zentrum für Maschinen- und Fabrikautomation, heißt es in der Mitteilung. In spätestens fünf Jahren soll B&R mehr als eine Milliarde Dollar Jahresumsatz machen. „Mit der Akquisition wird ABB zum größten Unternehmen im Bereich der Industrieautomation in Österreich“, erklärte der Schweizer Industriekonzern. Derzeit hat ABB in Österreich eine Vertriebsgesellschaft mit rund 400 Leuten.

Das aktuelle B&R-Management und sämtliche Standorte in Österreich sollen unverändert erhalten bleiben. Auch ein Jobabbau sei nicht zu befürchten, im Gegenteil, betonte Spiesshofer: „Das Marktsegment Maschinen- und Fabriksautomation hat ein Marktvolumen von 20 Milliarden Dollar und wächst um vier bis fünf Prozent pro Jahr.“ B&R selbst habe eine bemerkenswerte Wachstumsgeschichte hinter sich, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von rund elf Prozent seit 1995.

„Wir sind fest entschlossen, signifikant in B&R zu investieren“, sagte Spiesshofer. „B&R investiert selbst jedes Jahr rund zehn Prozent seines Umsatzes in Forschung & Entwicklung, wir investieren rund 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr in Forschung und Entwicklung - das ist der Treibstoff für künftiges Wachstum.“

Die beiden Unternehmensgründer Erwin Bernecker und Josef Rainer sind im vergangenen Jahr beide 65 Jahre alt geworden - ganz zur Ruhe setzen werden sie sich aber noch nicht: „Wir werden den Integrationsprozess noch länger begleiten und stehen mit Rat und Tat zur Seite“, schreiben sie heute in einem Brief an die Mitarbeiter. Auch um seinen Arbeitsplatz müsse sich bei B&R niemand Sorgen machen. „ABB ist sehr daran interessiert, dass alle Mitarbeiter im Unternehmen bleiben.“ B&R passe strategisch gut zum Produktportfolio von ABB und es gebe keine Überlappungen. Auch die Marke B&R werde erhalten bleiben.

Der Technologiekonzern ABB ist in den Bereichen Elektrifizierungsprodukte, Robotik und Antriebe, Industrieautomation und Stromnetze tätig und hat Kunden in der Energieversorgung, der Industrie und im Transport- und Infrastruktursektor. Das Unternehmen ist in mehr als 100 Ländern tätig und beschäftigt 132.000 Leute.

B&R wurde 1979 von Erwin Bernecker und Josef Rainer gegründet und hat im Geschäftsjahr 2015/16 mehr als 600 Mio. Dollar (561 Mio. Euro) Umsatz und einen operativen Gewinn (EBIT) von 75 Mio. Dollar erwirtschaftet.

"Meilenstein für ABB"

Schweizer Konzern krallt sich Innviertler High-Tech-Unternehmen
CEO Ulrich Spiesshofer of Swiss power technology and automation group ABB gestures as he addresses a news conference to present the company's full-year results in Zurich, Switzerland February 8, 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann
Mit der Übernahme von B&R will ABB zum Komplettanbieter von Industrieautomation werden, mit Mess- und Steuerungssystemen, Robotik, Digitalisierung und Elektrifizierung. "Diese Transaktion ist ein wahrer Meilenstein für ABB, da B&R die historische Lücke in unserem Automationsangebot schließt", sagte ABB-Chef Ulrich Spiesshofer laut Aussendung. Das Closing der Übernahme wird im Sommer dieses Jahres erwartet.

Der Hauptsitz von B&R in Eggelsberg in Oberösterreich wird für ABB zum globalen Zentrum für Maschinen- und Fabrikautomation, heißt es in der Mitteilung. Mittelfristig wird für B&R ein Umsatzziel von mehr als einer Milliarde Dollar angepeilt. "Mit der Akquisition wird ABB zum größten Unternehmen im Bereich der Industrieautomation in Österreich", erklärte der Schweizer Industriekonzern. Derzeit hat ABB in Österreich eine Vertriebsgesellschaft mit rund 400 Leuten.

B&R-Gründer als Berater

Die beiden Unternehmensgründer Bernecker und Rainer sollen während der Integrationsphase als Berater zur Verfügung stehen. Das aktuelle B&R-Management und sämtliche Standorte in Österreich mit allen Mitarbeitern sollen unverändert erhalten bleiben.

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