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Schweiz führt Negativzinsen für Banken ein

Schweiz führt Negativzinsen für Banken ein
Die Schweizerische Nationalbank belastet Guthaben auf Konten mit einem Zins in Höhe von minus 0,25 Prozent.

Harte Zeiten für Sparer. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) führt zur Schwächung des Frankens Negativzinsen ein. Sie wird Guthaben auf ihren Girokonten, also Einlagen von institutionellen Anlegern wie Banken und Versicherungen bei der SNB, mit einem Zins in Höhe von minus 0,25 Prozent belasten. Damit strebt sie an, dass ihr Leitzins in den negativen Bereich fällt, erklärte die SNB am Donnerstag. Pro Kontoinhaber gelte dafür ein Freibetrag von 10 Mio. Franken (etwa 8,3 Mio. Euro).

Zinsenlose Zeiten

Kleine Sparer sind von der Strafgebühr direkt also nicht betroffen. Die Erfahrungen aus der Eurozone, wo die Europäische Zentralbank vor einem halben Jahr einen negativen Zins für Bankguthaben eingeführt hat, zeigen aber: Es dauert nicht lange, bis die Banken darauf reagieren. Für große Geldbeträge, etwa Einlagen von Unternehmen, haben manche Banken wie die deutsche Commerzbank bereits Negativzinsen verlangt. Und für Kleinanleger werden gewisse Sparformen einfach nicht mehr angeboten oder Kontogebühren erhöht.

Faktisch bekommen Sparer (real, also unter Abzug der Inflation) ohnehin schon seit einigen Jahren bei den meisten Sparformen keinen Zins mehr, sondern sie müssen noch eine zusätzliche Gebühr dafür bezahlen, dass sie Ihr Geld bei der Bank deponieren.

"Frankenkurs mit aller Konsequenz durchsetzen"

Die Nationalbank bekräftigt den Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro und will ihn weiterhin "mit aller Konsequenz durchsetzen". Mit dem Mindestkurs solle eine unerwünschte Verschärfung der monetären Rahmenbedingungen durch eine Aufwertung des Frankens verhindert werden, heißt es weiter.

"In den letzten Tagen haben verschiedene Faktoren zu einer stärkeren Nachfrage nach sicheren Anlagen geführt. Die Einführung von Negativzinsen macht das Halten von Frankenanlagen weniger attraktiv und unterstützt damit den Mindestkurs. Die Nationalbank ist bereit, wenn nötig unbeschränkt Devisen zu kaufen und weitere Maßnahmen zu ergreifen", so die SNB.

Ab 22. Jänner

Gelten wird der Negativzins ab dem 22. Jänner. Das ist der Tag, ab dem die EZB nach Überzeugung vieler Beobachter beschließen könnte, mit dem Kauf von Staatsanleihen die Kapitalmärkte noch einmal mit Geld zu fluten. Ob der Schweizer Negativzins dann seinen Zweck erreicht oder schon bald erhöht werden muss, ist nach Ansicht von Experten offen.

Hier geht's zum KURIER-Interview mit dem langjährigen Wüstenrot-Chef Herbert Walterskirchen: "Negativzinsen sind Schwachsinn".

Warum führt die Schweizerische Nationalbank (SNB) gerade jetzt Negativzinsen ein?

Weil die Krise des Rubel den Schweizer Franken wieder massiv unter Aufwertungsdruck bringt. Die SNB, die in den letzten Monaten kaum mehr eingreifen musste, ist jetzt wieder gefordert, damit die Währung nicht zu stark wird. Investoren ergreifen nämlich nicht nur aus Russland die Flucht. Auch andere Schwellenländer gelten plötzlich als nicht mehr sicher. So haben etwa die türkische Lira oder der südafrikanische Rand in den vergangenen Tagen ebenfalls stark an Wert verloren.

Warum ist das für die Schweizer bedrohlich?

Das Problem der Schweiz ist ihre Finanzstärke: Seit Ausbruch der Krise sind gewaltige Geldbeträge in das kleine Alpenland geströmt, weil Anleger aus aller Welt einen sicheren Hafen und eine stabile Währung für ihr Geld suchen. Und das soll der Schweizer Franken sein. Dessen Kurs hat dadurch gewaltig angezogen und im Sommer 2011 fast den Gleichstand zum Euro erreicht. An sich ein positives Signal - solange es im Rahmen bleibt. Denn die schweizerische Exportwirtschaft bekam dadurch Riesenprobleme, weil sie ihre teuren Produkte im Ausland so nicht mehr verkaufen konnte. Deshalb zog die SNB im Herbst 2011 die Notbremse: Sie führte eine Obergrenze für den Franken bei 1,20 Euro ein und kündigte an, diese bedingungslos zu verteidigen. Ein Glück auch für österreichische Kreditnehmer, die in Franken verschuldet sind und deren Schulden durch die Aufwertung immer gravierender wurden.

Was sollen die Negativzinsen damit zu tun haben?

Um die Obergrenze von 1,20 Euro zu verteidigen, muss die SNB fremde Währungen aufkaufen. Theoretisch kann sie das unbegrenzt durchhalten: Eine Schwächung der eigenen Währung ist für eine Notenbank kein großes Problem: Sie kann schließlich unbegrenzt neues Geld „drucken“. (Für die russische Zentralbank ist es genau umgekehrt: Um den Rubelkurs zu stützen, muss sie Fremdwährung verkaufen. Das geht natürlich nicht unendlich, sondern ist durch die Höhe der Währungsreserven begrenzt). Die Kehrseite für die SNB: Sie bläht dadurch ihre Bilanz gewaltig auf. Deshalb bittet sie jetzt institutionelle Großanleger (Banken, Währungshändler, Versicherer) zur Kasse, die den Franken-Hafen ansteuern wollen. Die EZB macht schließlich schon seit einigen Monaten etwas Ähnliches, indem sie von den Banken für ihre Einlagen negative Zinsen verlangt. Im Euroraum ist die Schwächung der Währung eher ein Nebeneffekt – hauptsächlich soll so die Kreditvergabe angekurbelt werden.

Wie sind die Sparer davon betroffen?

Direkt natürlich nicht. Wer hat schon auf einem Konto bei der Schweizerischen Nationalbank 10 Millionen Franken liegen? Indirekt sickert der Negativzins aber auch auf die Kleinanleger durch. Wenn die Banken eine Gebühr dafür zahlen, dass sie überschüssiges Geld bei der Notenbank parken, dann holen sie es sich von ihren Kunden zurück. Für Großunternehmen mit Millionenguthaben berechnen manche Banken ebenfalls bereits Negativzinsen (manchmal beschönigend „Guthabengebühr“ genannt). Für Privatanleger bzw. Kleinsparer war das bisher tabu. Dafür werden manche Sparprodukte einfach nicht mehr angeboten. Oder es werden höhere Kontoführungsgebühren berechnet – das läuft auf dasselbe hinaus wie nominelle Negativzinsen, ist aber weniger kontroversiell.

Wie dramatisch sind die Zinsverluste?

Nominell negative Zinsen (also mit einem Minus vor den Ziffern) sind – wie erwähnt - eine Seltenheit und Kuriosität. Als Notwehrmaßnahme könnten die Sparer nämlich ihre Konten auflösen und Bargeld bunkern (was null Zinsen abwirft). Dieses Risiko eines Bank-Runs, der die Kreditinstitute umwerfen würde, will natürlich niemand eingehen. Was man jedoch nicht oft genug betonen kann: Real, also wenn man die Teuerung berücksichtigt, verlieren die Sparer schon seit 2010 Geld. Und zwar nicht wenig. Weil die Guthaben weniger Zinsen abwerfen als die Inflationsrate ausmacht, haben die Bankguthaben der österreichischen Sparer zwischen 2010 und Ende 2014 ungefähr 15 Milliarden Euro an Kaufkraft eingebüßt. Österreich ist besonders stark betroffen: Andere Länder des Euroraums schrammen hart an der Grenze zur Deflation, Österreich verzeichnet hingegen mit zuletzt 1,7 Prozent die höchste Teuerungsrate innerhalb der Währungsunion.

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