Schikanen für Paket-Lieferungen

Schikanen für Paket-Lieferungen
Jeder zweite heimische Onlinehändler verstößt gegen deutsches Gesetz. Anwälte mahnen fleißig.

Ein österreichischer Onlinehändler wurde von einem deutschen Konkurrenten abgemahnt, weil er Marillenmarmelade und nicht Konfitüre nach Deutschland versandt hatte. Marmelade muss streng genommen Zitrusfrüchte enthalten. Die Anwaltskosten des Konkurrenten, 600 Euro, wurden dem Österreicher in Rechnung gestellt. Zudem solle er eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Ein übliches Vorgehen, weiß Johann Kausl, österreichischer Handelsrat in Berlin: „Man kann nur versuchen, das Honorar auf 300 Euro runter zu verhandeln.“

Rund 10.000 österreichische Onlinehändler liefern Pakete nach Deutschland, jeder Zweite verstößt gegen deutsches Gesetz, schätzt Kausl. Nachsatz: „Die meisten wissen aber gar nicht, dass sie ein Problem haben.“ Zumindest bis der erste Anwaltsbrief ins Haus trudelt – und der kann mit etwas Pech schon vor der ersten Bestellung da sein.

Fettnäpfchen

Grund dafür ist das Abmahnwesen: Deutsche Konkurrenten und Verbände mahnen Onlinehändler ab, die sich nicht ans deutsche Gesetz halten. Es vergeht keine Woche, in der Kausl nicht damit konfrontiert ist. „Auch, weil Anwälte das Abmahnwesen als Geschäft entdeckt haben und das Internet nach Verstößen durchforsten.“ Die Palette reicht von Urheberrechtsverletzungen, etwa bei Fotos, über fehlerhafte Widerrufs- und Garantieklauseln bis zu irreführenden Werbeaussagen.

Im Falle des Falles einfach zu behaupten, dass man eh nicht nach Deutschland liefern wollte, ist übrigens wenig erfolgversprechend. „Wenn auf der Website die Telefonnummer mit der österreichischen Vorwahl +43 angeben ist oder die Seite eine eu-Domain hat, wird das als Zeichen gewertet, dass auch ins Ausland geliefert werden soll“, erläutert Iris Thalbauer von der Wirtschaftskammer Österreich. Abhilfe würden Hinweise wie „Verkauf nur in Österreich“ schaffen.

Aber nicht nur der Inhalt des Pakets kann für Probleme sorgen, sondern schon das Paket an sich. Jedes Land hat nämlich ein eigenes Recyclingsystem. Noch bevor das erste Paket ins Ausland verschickt wird, muss sich der Händler im jeweiligen System registrieren. Die Kosten sind mit rund 25 Euro für 500 Kartons überschaubar. „Wegen des hohen administrativen Aufwands steht es oft gar nicht dafür, etwas nach Deutschland zu verkaufen“, ärgert sich Rudolf Schauer, Gründer des Musikinstrumentehändlers Klangfarbe. Auch weil er mit Elektrogeräten handelt und sich deswegen im Elektroaltgeräte-Register einschreiben muss – noch bevor er das erste Mikrofon verkauft.

Übrigens gelten solche Regeln auch in Österreich. Mangels Abmahnwesen wird hierzulande aber nicht so streng kontrolliert, sagen Experten.

Wer angesichts all der Fettnäpfchen am liebsten einen Schnaps trinken würde, sollte diesen laut Kausl nicht nach Deutschland versenden. Wegen der Branntweinsteuer. Denn streng genommen braucht man als Schnaps-Verkäufer einen Firmensitz in Deutschland oder jemanden, der dafür bürgt, dass man die Steuer zahlt.

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