Russland will aus Gasverträgen mit Ukraine aussteigen

Das Erdgaszentrum in Baumgarten
Gazprom-Chef Miller will Liefer- und Transitvertrag mit Naftogaz Ukrajina aufkündigen. Die OMV von der Gazprom-Ankündigung offenbar überrascht.

Der Streit zwischen Russland und der Ukraine über Erdgaslieferungen spitzt sich nach einem Schiedsspruch in Stockholm weiter zu. Die russische Gazprom will, so erklärte Konzernchef Aleksej Miller am Freitag in St. Petersburg, aus einem bis 2019 laufenden Liefer- und Transitvertrag mit Naftogaz Ukrajina unverzüglich aussteigen.

In Ermangelung russischer Lieferungen werden die Ukrainer bis Ende März zusätzliche Gasmengen in Polen einkaufen.

Präsident Poroschenko meldet sich zu Wort

Gazprom-Boss Miller warf dem internationalen Schiedsgericht in Stockholm vor, die Ukraine bei seinen Urteilen bevorzugt zu haben. Das offizielle Kiew interpretierte Millers Ankündigung als Plan, Verträge nicht einzuhalten. "In den Verträgen zwischen Naftogaz und Gazprom ist ihre einseitige Auflösung nicht vorgesehen", kommentierte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am Freitag auf Twitter.

Ein Schiedsgericht in Stockholm hatte zuvor verschiedene Ansprüche gegeneinander aufgerechnet. Unterm Strich blieben gut zwei Mrd. Euro, die Gazprom an Naftogaz - ein ukrainisches Staatsunternehmen - zahlen muss. Russland habe weniger Gas durchgeleitet als vereinbart. Der Ukraine trug das Gericht auf, 2018 mindestens fünf Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas zu kaufen.

Vorauszahlung und Rücküberweisung

Gazprom weigerte sich außerdem, Naftogaz kurzfristig wieder Gas zu verkaufen, und überwies eine Vorauszahlung aus Kiew für März zurück. Es fehlten die nötigen Zusatzverträge, argumentierte der Konzern. Die Ukraine ist derzeit noch das wichtigste Transitland für russisches Gas Richtung EU. Das Land hatte aber auch für März erstmals seit zwei Jahren wieder Gas aus Russland zum Eigenverbrauch kaufen wollen.

Ob und welche Auswirkungen die angekündigte Vertragsauflösung für westliche Kunden und Partner von Gazprom, darunter die OMV, haben wird, wollte man am Freitagnachmittag bei Gazprom nicht beantworten.

Gas kommt unverändert in Österreich an

Die OMV selbst war von der Erklärung ihres russischen Partners Gazprom offenbar überrascht worden. Es sei schwer auf Grund der bisherigen Meldungslage einzuschätzen, was Gazprom konkret beabsichtige, hieß es auf Nachfrage. Jedenfalls seien die russischen Gaslieferungen zum Knoten Baumgarten von der Ankündigung nicht betroffen. Man gehe davon aus, dass Gazprom wie schon in den vergangenen 50 Jahren seinen Liefervertrag verlässlich erfüllen werde, erklärte ein OMV-Sprecher.

"Wenn nicht schnell ein Kompromiss gefunden wird, wird das für die Europäer negative Konsequenzen haben", meinte indes der russische Energieexperte Michail Krutichin vom Moskauer Consultingunternehmen RusEnergy am Freitagnachmittag.

Teure Kälte

Kiew wich schon am Freitag auf Lieferungen aus Polen aus - die Rede war dabei von eher bescheidenen 60 Millionen Kubikmetern, die bis Ende März vom polnischen Konzern PGNiG zusätzlich angekauft werden sollen. Bei der gegenwärtigen Kälte verbraucht die Ukraine viel Gas. Deshalb wurden Kindergärten, Schulen und Hochschulen bis kommenden Mittwoch geschlossen. Die EU-Kommission bot am Freitag an zu vermitteln, wenn beide Seiten dies wollten.

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