Frank Hensel: „Jetzt herrscht Normalität“

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Der Rewe-Boss zu Preissteigerungen und warum er jetzt Solar-Panels verkauft

KURIER: Neben der Wurstsemmel kann man sich jetzt bei Merkur und Billa auch Anteile an Fotovoltaik-Anlagen von Wiener Filialen kaufen. Wozu das?

Frank Hensel: Wir sehen das als Kundenbindungsprogramm und Einbindung in die Nachhaltigkeitsstrategie. Kunden können die Paneele im Doppelpack zu 900 Euro kaufen und bekommen für ihre Investition jährlich vier Prozent Ertrag bzw. fünf Prozent, wenn sie sich die Zinsen in Form von Billa- oder Merkur-Gutscheinen auszahlen lassen. Maximal können 4500 Euro investiert werden. Es handelt sich nicht um ein Programm für Leute mit besonders viel Geld, sondern um eines für Durchschnittskunden.

Bei derzeit insgesamt 860 Paneelen auf drei Filialen kann wohl nur von einem Versuchsballon die Rede sein. Wie schauen die weiteren Pläne aus?

Wir können das Projekt auf die Hälfte unserer Filialen – das wären 800 Standorte – ausweiten. Geplant ist diese Multiplikation für Ende 2014. Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Null-Energie-Filiale, also dahin, dass wir den gesamten Energiebedarf aus eigener Erzeugung abdecken. Für uns ist das nicht nur vom Kosten- sondern auch vom Nachhaltigkeitsgesichtspunkt sinnvoll.

Und auch ein weiterer Schritt in die Richtung von Bürgerbeteiligungsmodellen, mit dem der Schuhhersteller Heini Staudinger Schlagzeilen macht. Glauben Sie, dass sich solche Modelle durchsetzen werden?

Bei solchen Modellen wissen die Leute, in was sie investieren. Das ist zu begrüßen. Schließlich haben uns gerade jene Finanzprodukte in die Krise geführt, bei denen das Produkt dahinter nicht mehr erkennbar war und keiner durchschaute, in was er eigentlich investiert.

Die Lösung sind also mehr Bürgerbeteiligungsmodelle?

Wenn es einen gesetzlichen Rahmen dafür gibt und die Sicherheit der Anleger gewährleistet ist, ja. Das heißt natürlich nicht, dass die Zeit der wilden Finanzierungen ausgerufen werden soll.

Aktuell wird eher die Zeit der steigenden Lebensmittelpreise ausgerufen. Warum ist Obst um acht und Gemüse um zehn Prozent teurer als vor einem Jahr?

Zum Teil weil es 2012 einen noch nie dagewesenen Preisverfall gab. Nach der EHEC-Krise 2011 sind die Verkaufszahlen stark eingebrochen und haben sich 2012 nur teilweise erholt. Jetzt herrscht wieder Normalität. Im Mai 2012 haben 5 Kilo Kartoffel 1,99 gekostet – so wenig wie nie zuvor. Im Juni 2012 waren es wieder 3,49 Euro. Heuer haben wir wegen dem schlechten Wetter und dem Hochwasser in vielen Bereichen Ernteausfälle und damit wieder steigende Preise.

Was ist der Hauptpreistreiber bei Fleisch (+6,3 Prozent)?

Eines vorweg: Der Aktionsanteil bei Fleisch liegt zwischen 30 und 40 Prozent, hier wird aber immer nur von den Normalpreisen gesprochen. Für Fleisch ist in Österreich der Börsepreis ausschlaggebend. Diese Woche lag der Preis bei 1,74 Euro je Kilo, in der Vorwoche waren es 1,69 Euro und in der Vergleichswoche 2012 1,58 Euro – Verarbeitungs- und Qualitätsaufschläge noch nicht eingerechnet.

Die Gründe?

Es ist eine Verknappung des Angebots eingetreten, weil einige Betriebe die Produktion gedrosselt haben. Unter anderem wegen des steigenden Sojapreises.

Manche Betriebe haben auch geschlossen, weil sie mit der Billigkonkurrenz aus Deutschland nicht mithalten konnten.

Wir kaufen nur österreichische Ware. Aber es werden rund 50 Prozent der Produktion exportiert und damit sind die Betriebe vom internationalen Preisgefüge abhängig. In Österreich sind die Rahmenbedingungen anders.

Rechnen Sie heuer weiter mit steigenden Preisen?

Das ist von vielen Faktoren abhängig – von der internationalen Nachfrage bis zu den Ernten.

Rewe hat – wie auch Spar – angekündigt, dayli-Mitarbeiter zu übernehmen. Wie viele können sich Hoffnung auf einen Job bei Rewe machen?

Wir haben permanent österreichweit einen Personalbedarf von 300 bis 400 Mitarbeitern. Die Frage ist natürlich, ob die Stellen genau dort frei sind, wo dayli-Mitarbeiter ihren Job verloren haben. Wir haben am Montag eine Koordinierungsstelle eingerichtet und werden dayli-Mitarbeiter bevorzugt aufnehmen. Gerade in kleinen Gemeinden werden sie es aber schwierig haben, außer sie können in die nächste Stadt pendeln.

Der Lebensmittelmarkt in Österreich ist gesättigt. Wo sehen sie noch Wachstumschancen?

Ein wesentlicher Teil wird sich über neue Angebote im Internet abspielen. Wir haben hohe Wachstumsraten bei der bipa-Versandapotheke und den Online-Verkäufen rund um das Kontaktlinsengeschäft. Da werden wir uns noch einiges Neues einfallen lassen.

Zur Person

Frank Hensel Der 55-jährige gebürtige Deutsche ist seit 2005 im Vorstand der REWE International AG (Billa, Merkur, Penny, bipa, Adeg), Österreichs größtem Lebensmittel- und Drogeriefachhändler. Seit 2008 ist er Vorstandschef.

Anlagen Kunden können sich künftig an den Fotovoltaik-Anlagen von Filialen beteiligen. Sie erhalten Mieterträge von vier Prozent (bei Auszahlung in bar) bzw. fünf Prozent (bei Auszahlung in Gutscheinen). Das Angebot ist allerdings sehr begrenzt.

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