Republik soll wieder in die Aufsichtsräte

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Finanzminister Hans Jörg Schelling hat fertigen Entwurf für die Staatsholding ÖBIB: "Kann schon am Dienstag in den Ministerrat".

In die Aufsichtsräte von OMV, Telekom, Post und Casinos Austria könnte demnächst schon ein Vertreter der Republik Österreich einziehen. Und zwar über die Staatsholding ÖBIB, die für den Bund die Beteiligungen der Republik an diesen Großunternehmen hält.

Kanzleramtsminister Thomas Drozda, SPÖ, hatte sich im KURIER-Interview am Sonntag dafür ausgesprochen, dass die ÖBIB wieder in den Präsidien der Aufsichtsräte und in den relevanten Ausschüssen vertreten sein müsse. Das werde bei allen großen Holdings so gehandhabt. Die jetzige Situation bezeichnete Drozda als "seltsam", dadurch werde die Republik gegenüber den Syndikatspartnern geschwächt. Gemeint sind damit die großen ausländischen Miteigentümer wie América Móvil ( Mehrheit an Telekom Austria) und die Staatsholding von Abu Dhabi (OMV). Die Casinos bekommen demnächst mit der Sazka-Gruppe einen tschechischen Großaktionär.

Nach Erscheinen des KURIER-Interviews erhielt Drozda umgehend Post aus dem Finanzministerium. Minister Hans Jörg Schelling, ÖVP, schickte noch am Sonntag seinen Entwurf für eine Novellierung des ÖBIB-Gesetzes ins Bundeskanzleramt.

Republik soll wieder in die Aufsichtsräte
Hans Jörg Schelling.

Zwei mal abgelehnt

Der fertige Entwurf liegt seit Monaten im Finanzministerium und war angeblich der SPÖ bekannt. "Wir haben unsere Bedenken über diese Schwachstelle der ÖBIB-Konstruktion der neuen SPÖ-Führung bereits genannt. Bisher wurde eine Änderung aber zwei Mal abgelehnt", erklärte Schelling gegenüber dem KURIER. "Nach dem Schwenk der SPÖ können wir die Novellierung schon am Dienstag im Ministerrat beschließen", hofft Schelling. Nachsatz: "Wenn es die SPÖ ernst meint".

Im Entwurf wurde der §4 über das Nominierungskomitee erweitert. Unabhängig vom Nominierungskomitee "entsendet der Bundesminister für Finanzen in den Aufsichtsrat jeder dieser Gesellschaften jeweils ein Mitglied aus dem Kreis der Dienstnehmer der ÖBIB". Mit den Gesellschaften sind die Beteiligungsunternehmen gemeint.

Anzunehmen, dass nicht ÖBIB-Chefin Martha Oberndorfer selbst in die Aufsichtsräte geschickt wird, sondern jene ÖBIB-Mitarbeiter, die am meisten Fachexpertise für das jeweilige Unternehmen haben.

Dass die SPÖ dem Entwurf bisher nicht zugestimmt hat, dürfte am Widerstand der Gewerkschaft gelegen sein.

Das Nominierungskomitee soll also weiter bestehen bleiben. Dem Gremium gehören Drozda, ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer und zwei Spitzenmanager an. Sie wählen jene Aufsichtsräte aus, die für die ÖBIB in die Unternehmen entsandt werden.

In der Vorgängerin, der "alten" Staatsholding ÖIAG, war deren Chef gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender in den Unternehmen. Der letzte ÖIAG-Chef Rudolf Kemler hatte allerdings äußerst unglücklich agiert. Und der ÖIAG-Aufsichtsrat, der sich selbst erneuerte (Relikt aus der schwarz-blauen Regierung) war zur großindustriellen Jagd- und Freunderlgesellschaft verkommen. Die Republik konnte ihre Eigentümerinteressen praktisch nicht mehr wahrnehmen. Daher wurde die Staatsholding neu aufgestellt.

Konter

Der Kritik von Drozda, die ÖBIB sei kein Modell, um die Eigentümer-Rolle der Republik kompetent wahrzunehmen und müsse nach dem Motto "gestalten statt verwalten" neu aufgestellt werden, widerspricht man im Finanzministerium vehement. "Die Fakten widersprechen der SPÖ-Darstellung", sagt Schelling-Sprecherin Michaela Berger. ÖBIB-Chefin Oberndorfer mache einen guten Job, die Staatsholding sei kostenschonend und effizient aufgestellt.

Der Wert des Beteiligungsportfolios der börsenotierten Unternehmen habe sich im Vorjahr um 16 Prozent gesteigert, der Leitindex ATX um neun Prozent. Die Unternehmen seien trotz "schwierigstem Umfeld am Markt" erfolgreich unterwegs. Und in keinem Unternehmen habe es parteipolitische Besetzungen gegeben.

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