Reiserekord und Exportplus - und trotzdem Grund zu Sorge

Wiens Nächtigungszahlen haben sich seit 1976 verdreifacht.
Österreichs Wirtschaft erwies sich 2015 als wettbewerbsfähig. Aber: Kaum neue Auslandsinvestitionen.

Trotz des schwachen Wachstums behauptet sich Österreichs Wirtschaft gut. "Sie hat 2015 ihre Wettbewerbsfähigkeit bewiesen", sagte Nationalbank-Vize Andreas Ittner am Mittwoch. Das zeige der Überschuss in der Leistungsbilanz, der auf 8,6 Milliarden Euro gestiegen ist.

Was heißt das konkret? Im Vorjahr ist in Summe mehr Geld nach Österreich gekommen als ins Ausland abgeflossen ist. Auf zwei Standbeine sei dabei Verlass: den Tourismus und die hoch entwickelten Industrie-Exporte.

Reiserekord

Reiserekord und Exportplus - und trotzdem Grund zu Sorge
Das vergangene Jahr brachte die beste Reiseverkehrsbilanz seit 20 Jahren. Österreich verzeichnete 16,5 Milliarden Euro Einnahmen und mit 26,7 Millionen Ankünften ausländischer Gäste (+5,6 Prozent) sowie 99 Millionen Nächtigungen zum sechsten Mal in Folge einen Rekord. Und das trotz des dramatischen Einbruchs der Gästezahlen aus Russland. Sie haben zwar immer noch viel Geld dagelassen, aber um 38 Prozent weniger als 2014.

Verlass ist auf die deutschen Nachbarn: Sie lassen um 5,8 Milliarden Euro mehr bei uns als wir bei ihnen. Nur mit den beliebten südeuropäischen Urlaubszielen ist Österreichs Bilanz negativ (siehe Grafik).

Exportplus

Beim Handel mit Dienstleistungen gab es fast 12 Milliarden Euro Überschuss – besonders gefragt sind Computer-, Ingenieurs- oder Forschungsleistungen. Bei den Gütern gab es knapp 3 Milliarden Euro Überschuss, getrieben von Maschinen und Autos sowie Chemie. "Ein guter Produktmix hat geholfen, die schwächelnden Schwellenländer durch traditionelle Märkte zu ersetzen", sagte Ittner. Die steilen Zuwächse vor der Krise werden allerdings nicht mehr erreicht.

Billiges Öl

Geholfen haben in der Statistik die billigeren Treibstoff-Importe. Auch der schwache Eurokurs gab den Exporten einen Schub.

Investitionsmanko

Einen Wermutstropfen gibt es: Österreichs Standortprobleme bewirken, dass ausländische Unternehmen kaum neu investieren. So wird es schwierig, die gute Position zu halten. Der Überschuss der Leistungsbilanz erlaubt es Österreich als Volkswirtschaft, Jahr für Jahr Vermögen aufzubauen. Das macht unabhängig von Kapitalströmen und mildert Pleitegefahren.

Die Forderungen gegenüber dem Ausland sind nach aktuellem Stand um 11 Milliarden Euro höher als die Schulden. Zugegeben nicht sonderlich viel, aber 2002 stand da noch ein Minus von 47 Milliarden Euro.

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