Registrierkassen- und Bürokratiefrust

Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner
Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner kritisiert "Verunglimpfung" von Unternehmern durch die SPÖ.

"Wir brauchen Impulse für die Wirtschaft. Aber ein Teil der Regierung strahlt mangelnde Wertschätzung aus", sagt Peter Haubner. Er ist selbst Unternehmer, Generalsekretär des Wirtschaftsbundes und ÖVP-Nationalratsabgeordneter. Im KURIER-Gespräch kritisiert Haubner, dass SPÖ, ÖGB und Arbeiterkammer Unternehmer "verunglimpfen" – was einer der Hauptgründe für den Frust sei, der sich in den Reihen der mittleren und kleinen Unternehmen breitgemacht habe. Diese seien der größte Arbeitgeber in Österreich – rund zwei Millionen Jobs hängen an ihnen.

Ältere wollen zusperren

Dass Wirte besonders sauer sind, kann der Wirtschaftsvertreter verstehen: "Bei ihnen kommen besonders viele Neuerungen zusammen: Barrierefreiheit, Rauchfreiheit, Allergenverordnung, Registrierkassenpflicht. Durchaus möglich, dass einige Ältere von ihnen jetzt für immer zusperren. Vor allem, wenn kein Nachfolger in Sicht ist."

Die Registrierkassenpflicht gilt seit 1. Jänner, ab 15.000 Euro Jahreseinkommen. Ab 2017 kommt die nächste Stufe, die IT-Sicherung. Das zweiteilige Inkrafttreten sorgt für Verwirrung. Haubner, der eine doppelt so hohe Einkommensgrenze gefordert hatte, versteht die Verunsicherung: "Jede Veränderung ist schmerzvoll. Schauen wir, dass es in die Gänge kommt und die Betriebe dabei bestmöglich unterstützt werden." Manche Klein-Unternehmer bräuchten zum Beispiel nur eine Software-Lösung für ihren Tablet-PC. "Nach der dreimonatigen Übergangsphase sollte man überprüfen, ob es funktioniert."

Für Haubner ist klar: "Es geht nicht, dass man vor lauter Bürokratie nicht mehr zum Arbeiten kommt." Daher werde derzeit ein größeres Bürokratie-Entlastungspaket auf Bundesebene verhandelt. Auch die Länder müssten sich in ihrem Einflussbereich darum kümmern. Salzburg habe damit bereits begonnen, sagt Haubner (selbst Salzburger). Er wünscht sich mehr Augenmaß: "Wenn irgendwo der Schnee runtergefallen ist, sollte man deshalb nicht die ganze Region absichern müssen." Und bei Finanzkontrollen sollte wieder mehr Augenmaß herrschen. Es sei ein Unterschied, ob man auf einer Großbaustelle oder in einem kleinen Wirtshaus nach Schwarzarbeitern fahnde.

Sind nicht auch die Innungen in der Wirtschaftskammer mitschuld an überbordenden Auflagen, etwa am Bau (die ihren Schützlingen das Geschäft sichern)? "Da ist schon viel getan worden", findet der Wirtschaftsbündler. Außerdem wünscht er sich weitere Unterstützungsmaßnahmen, etwa die Fortführung des ausgelaufenen Handwerkerbonus. Damit könne man auch den Pfusch eindämmen.

Ein großes Anliegen ist ihm das Recht auf Selbstständigkeit. Die Gebietskrankenkassen haben zuletzt mehrere Firmen (etwa bei Handelsvertretern und Pflegern) zu Krankenversicherungszahlungen verdonnert – sogar fünf Jahre rückwirkend. Das verursache Konkurse und die Jobs seien auch weg. Die Arbeitnehmervertretung argumentiert, dass sich die Firmen nur die Kosten für Fixanstellungen ersparen wollen. Haubner entgegnet, dass in den meisten Fällen beide Teile – Arbeitgeber wie Auftragnehmer – zufrieden gewesen seien.

Strafnachzahlungen

Letztere hätten in die gewerbliche Sozialversicherung eingezahlt – das werde jedoch nicht anerkannt und bei der (Straf-)Nachzahlung für die Firma auch nicht gegenverrechnet. Haubner wünscht sich von Anfang an Rechtssicherheit für Firmen, die solche Arbeitsverträge eingehen. Es sollten auch nicht die Gebietskrankenkassen allein über die Rechtmäßigkeit entscheiden. "Darüber sind wir bereits in Gesprächen." Auch Doppelversicherungen könnten dabei Thema sein.

Apropos Doppelzahlungen: Die gibt es auch in der WKO. Dazu sind jene mit Mehrfachmitgliedschaften verdonnert. Unternehmer ärgern sich darüber. "Das werden wir in Angriff nehmen", verspricht Haubner.

120 Leitbetriebe

Kritik gibt es auch immer wieder daran, dass Großkonzerne nur Mini-Steuern zahlen, während der selbstständige Mittelstand ausgepresst werde. Sollte Österreich da nicht aggressiver vorgehen? Haubner sieht das differenziert: Erstens sei das nur europaweit lösbar. Und zweitens sei die Anziehung großer Leitbetriebe und Firmenzentralen für Österreich wichtig. "Unsere Wirtschaft verdient sechs von zehn Euros im Ausland." Es gebe hierzulande 120 Leitbetriebe – diese kooperierten mit "Zigtausenden kleinen und mittleren Unternehmen". Für internationale Großfirmen sei Österreich als Standort durch einige Reformen leider unattraktiver geworden – etwa, dass Firmen Spitzenmanagergehälter von über 500.000 Euro nicht mehr steuerlich absetzen können.

Die Wirtschaftsentwicklung sieht Haubner im Gegensatz zu anderen Unternehmen nicht schwarz: Die Steuerreform werde mehr Kaufkraft bringen, die erhöhte Grunderwerbssteuer, über die der Mittelstand jammert, sei für Betriebe moderat ausgefallen. Und außerdem gebe es einen Trend zum klein strukturierten Fachhandel mit persönlicher Beratung. "Vielfalt ist eine Stärke." Österreich sei besonders als Tourismusland top – mit hervorragender Gastronomie und Hotellerie und gutem Fachpersonal. Bei den Jungen werde der Status als Selbstständiger wieder interessanter. Problematisch sei nur, dass die Schulen zu wenig Know-how zum Thema Wirtschaft vermitteln.

Gute Verdienstchancen

Dass auch am Lehrlingsmarkt nicht alles rosig sei, bestätigt Haubner. Vor allem in Städten habe die Ausbildung ein Imageproblem. Dabei gebe es einen hohen Fachkräftebedarf, auch die Verdienstchance sei gut. Im Grunde müsse der "Meister" gleich viel wert sein wie ein "Master", findet Haubner. Die Lehre sei keine Sackgasse.

WKO-Chef Christoph Leitl gilt übrigens als möglicher Präsidentschaftskandidat. Dass kürzlich die Wirtschaftsbund-Generalversammlung auf Februar vorverlegt wurde, will aber im Wirtschaftsbund niemand als Indiz dafür werten.

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