Ratlosigkeit und Chaos verschärfen Euro-Krise

Die Risikoaufschläge für Roms Staatsschulden steigen kräftig, Aktien und Euro sind auf Talfahrt. Die EU-Regierungschefs bereiten einen Sondergipfel zur Beruhigung der Märkte vor.

Zwar sind die Probleme der einzelnen Euro-Sorgenkinder kaum vergleichbar, doch die Zocker an den Finanzmärkten werfen Griechenland, Italien, Portugal und Spanien in einen Topf. Experten sind sich einig: So lange das Kernproblem Griechenland nicht gelöst ist, so lange werden auch die anderen Schuldenländer der Euro-Zone unter Beschuss der Märkte und Spekulanten bleiben. Sie wetten darauf, dass Europas Politiker der Krise nicht Herr werden. Diese bereiten einen weiteren EU-Sondergipfel vor, der die Finanzmärkte endlich beruhigen soll.

An den Börsen konzentriert sich momentan alles auf italienische Staatsanleihen, Aktien italienischer Banken, die sehr hohe Bestände an Staatsanleihen haben sowie den Euro. Hat die Gemeinschaftswährung bisher kaum auf die Schuldenkrise in Europa reagiert (unter anderem weil die Zinsen in Europa deutlich höher sind als in den USA), so rutscht der Euro nun deutlich ab. Und zwar unter 1,40 zum Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit März. Der langjährige Kursdurchschnitt liegt zwar bei 1,25, also noch relativ weit entfernt, doch in den Handelsräumen schrillen die Alarmglocken.

Abverkauf

Abverkauf

Ähnlich ist die Situation bei Aktien. Besonders Finanztitel wurden am Dienstag verkauft, teilweise regelrecht in Panik. Der DAX in Frankfurt verlor zeitweise mehr als drei Prozent, der ATX büßte bis zu zwei Prozent ein. Der EuroStoxx50, der Leitindex der Eurozone, verlor seit Freitag mehr als acht Prozent.

Besonders schlimm erwischte es die Börse in Mailand, am Vormittag sank der Leitindex um mehr als vier Prozent. Italiens Politik beeilte sich daraufhin, die Diskussion um ein
Milliarden-Sparpaket zu beenden: Nachdem Italiens Finanzminister Giulio Tremonti am Nachmittag ankündigte, das Sparpaket werde in den nächsten Tagen beschlossen, beruhigten sich die Finanzmärkte, die Kurse begannen wieder zu steigen.

Auch der Kurs der Bank Austria-Mutter UniCredit, die in den vergangenen fünf Tagen ein Fünftel ihres Wertes einbüßte, kletterte wieder nach oben. Institutschef Federico Ghizzoni machte am Dienstag Spekulanten für die Kursausschläge verantwortlich. Die Verkäufe hätten nichts mit Fundamentaldaten zu tun.

Goldrekord

Fast schon routinemäßig steigen an solchen turbulenten Tagen der Goldpreis (1118 Euro pro Feinunze) und der Franken zum Euro. Und zwar auf immer neue Rekordstände. Anleger flüchten in Scharen in die vermeintlich sicheren Anlage-Häfen, während die Finanzminister weiter diskutieren, wie man die Finanzmärkte beruhigen kann.

Denn Ökonomen wie der Chef des deutschen Ifo-Institutes Hans-Werner Sinn warnen: Eine Finanzhilfe für Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft Europas, würde die Union überfordern: "Das ist nicht zu schaffen." Das Land müsse seine Schuldenkrise durch Sparen selbst lösen. Zumindest darüber herrscht nach den Finanzturbulenzen nun Einigkeit.

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