Rathaus nimmt Wiener Linien an die kurze Leine

Die Finanzierung der Öffis in Wien wird auf eine neue Basis gestellt
Verkehrsbetriebe müssen das Defizit aus eigener Tasche abdecken, wenn sie das Budget überziehen.

Controller sind derzeit bei den Wiener Linien, mit 9000 Mitarbeitern nach den ÖBB der zweitgrößte öffentliche Verkehrsbetrieb in Österreich, sehr gefragt. Ab 1. Jänner 2017 regelt ein neuer Vertrag mit der Stadt Wien die Finanzierung für die nächsten 15 Jahre.

Der Druck, Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern, wird für die Wiener Linien stärker. Der deutsche Berater civity analysiert gerade das Sparpotenzial in den Strukturen und Abläufen. Beim Budgetplan darf’s künftig keine Abweichungen mehr geben. Wird überzogen, müssten die Wiener Linien das Defizit aus der eigenen Tasche abdecken. Wie das funktionieren soll, ist freilich unklar. Bleibt was übrig, muss der Überschuss zurück in die Stadtkasse.

Manövriermasse Qualitätszuschlag

Praktisch die einzige Manövriermasse ist ein "Qualitätszuschlag" von vier Prozent des Umsatzes (derzeit rund 820 Millionen Euro) für Pünktlichkeit, Sauberkeit, Sicherheit etc. Sinkt die Fahrgast-Zufriedenheit, die aktuell beim Spitzenwert von 99 Prozent hält, wird der Qualitätszuschlag gestrichen und das nächste Budget gekürzt. Boni für das Management gibt es grundsätzlich nicht.

Die Stadt Wien schießt den Öffis 2017 in Summe 700 Millionen Euro zu. 320 Millionen davon sind für die laufenden Betriebskosten, der Rest für Investitionen und Neubau-Projekte. 500 Millionen erwirtschaften die Linien aus dem Verkauf von Fahrscheinen und (geringen) Mieterlösen. Damit könnten sie nicht einmal den Personalaufwand finanzieren, der bei 550 Millionen Euro liegt. Im Vorjahr wurden 939 Millionen Fahrgäste gezählt. Für 2020 ist die Milliarde angepeilt.

Kein Management steht gerne als großer Subventionsempfänger da. Eine Steigerung der Einnahmen ist allerdings schwer möglich. Mit ein Grund dafür ist die 365-Euro-Jahreskarte, zu der sich die rot-grüne Rathauskoalition politisch verpflichtet hat. Dieser Sozialtarif wäre aus eigener Kraft nicht finanzierbar. Zusätzliche neue Fahrgäste bringen nur die Eröffnung neuer Linien oder der Ausbau bestehender Strecken, wie etwa die für September 2017 geplante Verlängerung der U1 nach Oberlaa, heißt es im Unternehmen.

Subventionen

Basis des neuen Vertrages ist die PSO-Verordnung (Public Service Obligation) der EU. Subventionen sind okay, wenn die Linien ausschließlich als Dienstleister für die Stadt Wien tätig sind. Über die Höhe des Eigendeckungsgrades (Verhältnis Einnahmen zu Subventionen) für den laufenden Betrieb sind sich selbst Juristen nicht ganz einig. Die aktuelle zwei-Drittel-Quote sollte jedenfalls halten, argumentiert man im Unternehmen.

Die Öffis sind übrigens eine GmbH&CoKG, für ein Unternehmen dieser Größenordnung ziemlich unüblich. Da die Konzernmutter, die Stadtwerke, eine Aktiengesellschaft ist, wäre der direkte Durchgriff für das Rathaus zumindest formalrechtlich nicht möglich. Dieses Problem wurde gelöst – mit einem Beherrschungsvertrag.

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