Pühringer-Nachfolger über Lehre, Flüchtlinge und Voest

Landeshauptmann-Stellvertreter Thomas Stelzer.
Thomas Stelzer: "Ein Erfolgsgeheimnis ist der massive Ausbau der Fachhochschule."

Oberösterreich ist einer der stärksten Wirtschaftsräume des Landes mit zahlreichen Leitbetrieben. Den Technikermangel, den sie beklagen, versucht Thomas Stelzer – für Bildung und Forschung zuständiger Landesrat und Landeshauptmann-Stellvertreter – zu bekämpfen. Er soll Josef Pühringer nachfolgen. Nächstes Jahr könnte es so weit sein.

Doch zwischen Stelzer und Wirtschaftslandesrat Michael Strugl tobte ein Ringen um die Finanz-Kompetenzen in der Nach-Pühringer-Ära. Strugl drohte, der Politik den Rücken zu kehren. Gestern, Sonntag, traten alle drei in einer überraschend einberufenen Pressekonferenz vor die Medien. Sobald Pühringer seine Agenden zurücklegt, bekommt Stelzer die Finanzagenden dazu. Strugl wird dabei aber ein gewichtiges Wort mitzureden haben. Stelzer wiederum wird Strugl die Kompetenzen für Wissenschaft und Forschung abgeben.

KURIER: Sie gelten als fixer Nachfolger für Josef Pühringer. Könnte Ihnen eventuell noch Reinhold Mitterlehner dazwischenkommen?

Thomas Stelzer: Wir haben uns gut auf einen Wechsel vorbereitet – wann, wird der Landeshauptmann entscheiden (Nächstes OÖ-Wahljahr ist erst 2021, Anm. Red.). Reinhold Mitterlehner ist unser Bundesparteiobmann und Spitzenkandidat im Bund.

Oberösterreichs Betriebe suchen dringend Techniker. Was tun Sie als Bildungslandesrat gegen den Mangel?

Die Betriebe stellen mir genau diese Frage. Heuer starten vier weitere "neue technischen Mittelschulen". Und es gibt viele Initiativen, um für Technik zu begeistern, vom Kindergartenalter an. Wir haben außerdem das Linz Institute of Technology LIT ermöglicht. Die Kepler-Universität soll noch anziehender für Studierende werden. Ein Erfolgsgeheimnis ist der massive Ausbau der Fachhochschule.

Wollen die Firmen nicht ohnehin lieber FH- als Uni-Absolventen?

Das ist breit gestreut. Die Firmen bilden natürlich auch selbst Leute aus. Eine der Hauptherausforderungen der nächsten Zeit ist, ausreichend junge Leute für die Lehre im technischen Bereich zu begeistern. Das ist ein wirklich toller Karriereweg. Die Leute werden gesucht und super ausgebildet. Und man kann die Matura auch später noch machen.

Könnte man Migranten, vielleicht Flüchtlinge mit anerkanntem Asylstatus, einsetzen?

Leute mit Bleibeperspektive sollen möglichst schnell in den Arbeitsmarkt kommen. Realistischerweise muss man aber sagen: Zuerst muss man viel in ihre Qualifikation investieren.

Sie haben sich für verpflichtende gemeinnützige Arbeit für Asylwerber eingesetzt, was sehr umstritten ist.

Das war der Vorschlag des Außenministers, dafür braucht es noch einen rechtlichen Rahmen. Sinn würde es machen. Man wächst schneller in die Gesellschaft hinein, außerdem ist es gut, mitzubekommen: Das Grundmodell in Österreich heißt, sich den Lebensunterhalt durch eigene Leistung zu verdienen. In Oberösterreich wird die Mindestsicherung gedeckelt – auch ein Aufreger.

Auch das soll ein Anreiz sein, möglichst schnell in den Arbeitsprozess zu kommen.

Oberösterreich hat es da leichter als andere, weil es von allen Ländern jenes mit dem höchsten Anstieg an offenen Stellen ist.

Ja, aber trotzdem steigt die Arbeitslosigkeit. Problemfelder sind Leute mit geringer oder gar keiner Ausbildung und migrantischem Hintergrund.

Sie haben sich dafür stark gemacht, dass in oberösterreichischen Schulen nur noch Deutsch gesprochen wird.

Rechtlich kann das nur der Bund regeln, und das Kanzleramt hat uns eine Absage erteilt. Als Land können wir es über die Hausordnungen der Schulen tun. Die Schulforen sollen darüber entscheiden. Grundlage für Integration ist die gemeinsame Sprache – das verhindert auch eine ethnische Gruppenbildung in der Schule.

Sie preschen auch beim Bildungskompass vor: Am Ende der Kindergartenzeit sollen die Kompetenzen der Kinder schriftlich festgehalten werden.

Wir testen das heuer an 90 Kindergärten, nachdem es der Bund schon vor einem Jahr angekündigt hat. Aus Datenschutzgründen müssen auch die Eltern einverstanden sein. Das nützt dem Kind, weil die Kindergartenpädagoginnen seine Stärken und Begabungen beschreiben. Die Volksschulen müssen nicht wieder bei null beginnen.

Viele Schulabsolventen sind nicht Job-fit.

Wir setzen uns für eine Grundbesinnung darauf ein, was Schule in den ersten Stufen vermitteln soll. Man kann nicht jedes Problem der Schule überantworten. Wobei ich auch anmerken muss: Wie die Pädagogen die überraschende Flüchtlingswelle im Vollbetrieb gemeistert haben, war schon gut.

Voest-Chef Wolfgang Eder droht immer wieder mit Abzug des Stahlkonzerns. Wie kann ein Bundesland solche Leitbetriebe halten?

Wir nehmen ernst, was die Unternehmenschefs sagen. Wir müssen uns an weltweit erfolgreichen Regionen messen. Unser Budget für technologischem Vorsprung steigt jährlich. Wir haben außerdem gerade ein 14-Punkte-Programm zur Verwaltungsvereinfachung vorgestellt. Für einige Verordnungen des Landes wird ein Ablaufdatum eingeführt, um uns selbst zu zwingen, dass nur bleibt, was auf der Höhe der Zeit ist. Wir würden uns mehr Kompetenz wünschen: Dort, wo wir selbst zuständig sind, können wir viel schneller agieren.

Wäre Schwarz-Blau wie in Oberösterreich ein Modell für den Bund?

Es ist eine faire Partnerschaft. Ich will aber nicht in andere Ebenen hineingscheiteln.

Der Start dieser Landesregierung war von der Frauenlosigkeit überschattet.

Das war tatsächlich eine Scharte zu Beginn, die bei der nächsten ÖVP-Rochade ausgebessert werden soll.

Der 49-jährige Linzer Jurist soll im Laufe dieser Regierungsperiode Josef Pühringer als Landeshauptmann nachfolgen – wann, ist unklar. Sein Machtkampf mit Wirtschaftslandesrat Michael Strugl wurde am Sonntag beigelegt. Bis zum Vorjahr war Stelzer ÖVP-Klubobmann in OÖ. Bei der Landtagswahl 2015 erlitt die ÖVP herbe Verluste, bildete danach eine schwarz-blaue Regierung, die von sich reden machte, weil keine Frau darin saß. Im Juli zog dann die SPÖ-Landesrätin Birgit Gerstorfer in die(Konzentrations-)Regierung ein.

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