Prozess gegen Investmentbanker: 465 Mio. Dollar Schaden

Eingangsbereich zum Straflandesgericht Wien.
Michael B. war fünf Jahre untergetaucht, 21 Monate in Österreich in U-Haft. Schöffe wegen Freundschaft zu Verteidiger ausgeschlossen.

Am Straflandesgericht Wien hat Mittwochvormittag der Prozess gegen den Investmentbanker Michael B. begonnen. Die Anklage wirft ihm vor, einen strafrechtlichen Schaden von 465 Mio. US-Dollar (420 Mio. Euro) verantwortet zu haben. Der Vorwurf lautet auf Untreue und gewerbsmäßigen Betrug. Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig. Er habe heute kein Vermögen und verdiene rund 1.500 Euro im Monat.

Die Vorgänge liegen schon rund 20 Jahre zurück, die mutmaßlichen Taten wurden in den USA begangen.

Schöffe ausgeschlossen

Zu Beginn der Verhandlung wurde ein Schöffe ausgeschlossen - nicht weil er zu spät kam und den Prozessbeginn damit gleich verzögerte, sondern weil er mit dem Verteidiger des Angeklagten befreundet ist. Das Naheverhältnis gab der Verteidiger, Anwalt Jürgen Stephan Mertens, selber bekannt, der Schöffe bestätigte die Freundschaft. Die vorsitzende Richterin des Schöffensenats, Caroline Csarmann, begründete den Ausschluss: "Hier kommt es auf den Anschein an, das Gericht möchte hier gar keine Angriffsfläche bieten in diese Richtung".

Von Salzburg nach New York

Michael B. arbeitete nach der Matura zunächst bei der Salzburger Sparkasse. 1993 ging er nach New York. 1995 gründete er den Hedgefonds Manhattan Investment Fund Ltd (MIF) auf den Britischen Jungferninseln sowie die Manhattan Capital Management Inc. (MCM) in Delaware. Er habe dabei primär auf das Fallen von Internetaktien gesetzt, dies trat aber nicht ein, so die Staatsanwältin. Laut Anklage entstanden 259 Anlegern rund 465 Mio. US-Dollar Schaden, weil der Angeklagte über die Performanceentwicklung der Fonds falsch informiert habe. Er habe von 1996 bis 1999 viel zu hohe Performancezahlen des Fonds veröffentlicht, obwohl er von den laufenden Verlusten gewusst habe, so die Staatsanwältin. Sich selber habe er rund 30 Mio. Euro ausbezahlt, obwohl dies - hätte man die in Wahrheit schlechte Performance berücksichtigt - nicht den Vertragsbedingungen entsprochen habe. Laut Staatsanwältin hat Michael B. in der Werbung für den Fonds auch angegeben, ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium zu haben, tatsächlich habe er ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in Linz abgebrochen.

SEC erstatte Anzeige

Die US-Börsenaufsicht SEC erstattete schließlich Anzeige wegen Anlagebetrugs. Im August 2000 wurde von den US-Behörden gegen B. Anklage wegen Wertpapierbetrugs erhoben. B. ließ sich laut Anklage auf einen Deal mit dem zuständigen Bundesstaatsanwalt ein und unterschrieb ein Schuldeingeständnis. Im Gegenzug bekam er bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren eine Freiheitsstrafe zwischen 70 und 87 Monaten sowie eine Geldstrafe zwischen 12.500 (11.431 Euro) und 125.000 US-Dollar (114.313 Euro) zugesichert. Am 27. November 2000 wurde er von einem Bezirksgericht im Bundesstaat New York schuldig erkannt. Ehe das konkrete Strafausmaß im Jahr 2002 verkündet wurde, tauchte B. allerdings unter. In Abwesenheit wurde er 2002 in den USA zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.

"Most Wanted"-Liste

B., der vom FBI auf der "Most Wanted"-Liste geführt wurde, wurde im Juli 2007 auf der Westautobahn in Österreich festgenommen und in Wien in U-Haft genommen. Da er österreichischer Staatsbürger ist, kam eine Auslieferung an die US-Behörden nicht in Betracht. Weil zu B.s Kunden auch die UniCredit, die Erste Bank, die BAWAG und die RLB NÖ-Wien zählten, war auch die Wiener Anklagebehörde auf den Plan getreten. Deren Ermittlungsverfahren zog sich allerdings in die Länge. Da eine mehr als zweijährige U-Haft gesetzlich verboten ist, wurde B. Ende April 2009 nach 21 Monaten im Gefängnis wieder auf freien Fuß gesetzt. Er sicherte im Zusammenhang damit zu, diesmal nicht unterzutauchen.

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