Porr: Per U-Bahn zum Beduinen-Stadion
Acht bis neun Meter bohrt sich die riesige Maschine pro Tag durch den Muschelkalk im Untergrund von Doha. Demnächst wird beschleunigt – auf zwölf Meter täglich. Es ist heiß, laut und staubig. Durch den entstehenden Tunnel wird in vier Jahren eine U-Bahn durchsausen. Ein paar Kilometer weiter haben Bauarbeiter eine enorme Baugrube ausgehoben. Hier wird man von einer U-Bahnlinie in eine andere umsteigen können. Der heimische Baukonzern Porr baut die "Green Line". Auftragsvolumen für die 17 Kilometer lange Strecke: 1,9 Milliarden Euro, die Hälfte für die Porr, die zweite Hälfte für zwei andere Baukonzerne im Konsortium.
In Doha wird gebaut, was das Zeug hält. Natürlich spielt die Fußball-WM 2022 eine Rolle dabei, aber keine große. Katar, vor allem aber die Millionenstadt Doha, braucht dringend Infrastruktur. Zu ebener Erde sind viele Straßen sechsspurig, für die rasch wachsende Bevölkerung reicht das aber bei Weitem nicht. Ein U-Bahnnetz soll etwas Abhilfe bringen.
Sicherheit
Katar will sich ein positives Image erarbeiten, wenn es um die Hunderttausenden Wanderarbeiter geht. Für Arbeitercamps sind heuer neue, schärfere Auflagen herausgekommen. Zwei mal ein Meter muss ein Bett sein, höchstens vier, besser drei pro Zimmer. Die Moschee im Camp der Porr ist fast fertig, die Kantinen sind es schon. Der Fußballplatz bekommt gerade den letzten Schliff. In den nächsten Tagen werden die ersten Arbeiter einziehen. Auch Josef Muchitsch, Chef der Gewerkschaft Bau-Holz, ist nach dem Lokalaugenschein zufrieden. "Bei uns stehen einem Bauarbeiter neun Kubikmeter Raum zu, hier sind es mehr", sagt er.
"Infrastruktur brauchen viele, aber hier wird sie wirklich gebaut", kann sich Strauss für den Fernmarkt erwärmen. Und: "Das Geld ist am Konto." Katar zahle überpünktlich. Das hört auch Klaus Ortner gerne. Der Haustechnik-Spezialist hält im Konsortium mit Strauss 55,5 Prozent an der Porr.
Infrastruktur
In der Region könnte es bald noch weitere Aufträge für den heimischen Baukonzern geben – etwa den Tunnelbau für eine Metro in Saudi-Arabien oder den Ausbau des Eisenbahnnetzes im Oman. Die Porr matcht sich in dieser Gegend "mit der Creme de la Creme der Bauwirtschaft", sagt Strauss. Es sei gut, zu sehen, dass man sich gegen die Weltspitze behaupten kann.
Auf einem ganz anderen Feld könnte die Porr bald ebenfalls aufrücken. Wenn alles passt, wird die Wiener Börse die Porr-Aktie kurz vor Weihnachten in den Prime Market aufnehmen, praktisch die Topliga an der Börse.
Das Emirat Katar ist zwar nur so groß wie Oberösterreich. Und trotzdem kann das Land am Persischen Golf etliche Rekorde vorweisen. Von den rund 2,2 Millionen Einwohnern sind 90 Prozent Ausländer.
Allein im Oktober kamen 56.000 weitere Ausländer dazu. Der Bauboom zieht Horden an Wanderarbeitern an, viele von ihnen stammen aus Indien, Nepal und Pakistan. Dadurch weist Katar das weltweit höchste Bevölkerungswachstum auf, heuer hat es ein Plus von 15 Prozent gegeben. Katar hat mit Abstand den weltweit höchsten Anteil an Wanderarbeitern. Die Arbeiter kommen in den allermeisten Fällen alleine. Das hat zu einer sehr ungewöhnlichen Einwohnerstruktur geführt: 75 Prozent der Wohnbevölkerung sind Männer, nur 25 Prozent Frauen.
Öl und seit 15 Jahren auch Gas haben die Katarer reich gemacht. Nirgendwo sonst ist die Millionärsdichte so hoch wie in Katar.
Vor zehn Jahren stand in der Westbay von Doha ein einziges Hotel, ein „Sheraton“ in Pyramidenform. Jetzt ist die Bucht mit Hochhäusern zugepflastert und laufend kommen neue dazu. Die Stadt erstickt im Verkehr, täglich werden 300 Pkw neu zum Verkehr zugelassen. Völlig offen ist, ob Katar nach dem Ende des Baubooms ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell finden kann.
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