Pleite des E-Bike-Herstellers Freygeist wirbelt viel Staub auf

Mit dem Premium-E-Bike an die Wand gefahren
Kurzzeit-Manager und Sanierer von Freygeist wehrt sich gegen die Angaben in den beiden Konkursanträgen und der eingetragenen Geschäftsführer.

Rund um die Pleite des deutsch-österreichischen Elektrobike-Herstellers Freygeist gibt es offensichtlich massive Differenzen. Christian Mussnig, Unternehmensberater, Sanierer und ehemaliger Interimsmanager von Freygeist in der Zeit von August bis November 2016 wehrt sich gegen die Darstellung der Geschäftsgebarung im österreichischen und im deutschen Insolvenzantrag.

„In dem genannten Zeitraum war ich weder als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen, war auch zu keinem Zeitpunkt beim Unternehmen angestellt, noch verfügte ich über Zeichnungsberechtigung oder Verfügungsgewalt auf den Firmenkonten“, teilt Mussnig dem KURIER schriftlich mit. „Wesentliche Dokumente, Informationsschreiben an Investoren etc. wurden bis zuletzt von den eingetragenen Geschäftsführern gefertigt.“ Nachsatz: „Neben der Restrukturierung im Vertrieb bestand meine Hauptaufgabe in der Auseinandersetzung mit Themen aus der Vergangenheit.“

Schwerer Rucksack

Das betraf laut seinen Angaben unter anderem "die Auflösung bestehender Beraterverträge und Agenturverträge, die Korrektur der Bilanz für das Geschäftsjahr 2015 und die Abwicklung massiver Reklamationsthemen"; dazu kamen „die fehlende rechtliche Vereinbarungen für den laufenden Betrieb, intensive Gespräche zu Finanzierungsthemen mit Gesellschaftern und möglichen Investoren, Abrechnungen von Gesellschaftern und Gesellschafterverbindlichkeiten, Fristversäumnisse bei Körperschaften und die Neuaufstellung des gesamten Teams“.

Nur 216.300 Euro Umsatz?

Zur Erinnerung: Die deutsche Freygeist-Gesellschaft hatte über die Crowfunding-Plattform Companisto 1,5 Millionen Euro Risikokapital bei 1111 Investoren eingeworben. Das Geld wurde laut den Angaben im deutschen Insolvenzantrag unter anderem für die Fertigung der Fahrräder, den Einkauf von Zubehör, für den Markteintritt und Unternehmensaufbau sowie für Gewährleistungsrückstellungen verwendet. 100.000 Euro wurden in die "hauseigene Forschung investiert". Bei den Investorengeldern handelt es sich um sogenannte nachrangige Darlehen, die erst dann bedient werden, wenn alle anderen Gläubiger bezahlt wurden. Dazu kommen noch die fälligen Schulden der Mutterfirma in Höhe von 216.582,54 Euro. Die Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 2015 sollen nur 216.328,02 Euro betragen haben. Detail am Rande: Freygeist-Förderer, die mehr als 7500 Euro investierten, haben auch ein E-Bike als Dankeschön erhalten.

Eingetragene Geschäftsführer verantwortlich

„Im Zusammenhang mit den Finanzierungsthemen weise ich ausdrücklich darauf hin, dass ein klar definierter Zwischenfinanzierungsbedarf bis Ende 2016 in den zwei Generalversammlungen vom September 2016 als Tagesordnungspunkte von mir eingebracht, diskutiert und auch entsprechend protokolliert wurde“, erklärt Mussnig. „Geleitet wurden diese beiden Generalversammlungen vom verantwortlichen kaufmännischen Geschäftsführer. Durch das Auftauchen weiterer Altlasten hat sich der Zwischenfinanzierungsbedarf danach noch zusätzlich erhöht.“ Nachsatz: „Entsprechende Einsparungsmaßnahmen auf der Kostenseite wurden von mir laufend gesetzt.“

Demnach sollen die nach wie vor eingetragenen Geschäftsführer in alle relevanten Themen eingebunden bzw. laufend informiert worden sein. Außerdem sollen diese jederzeit Zugang zu den Büroräumlichkeiten und zu allen relevanten Geschäftsunterlagen und allen Mitarbeiter gehabt haben.

Ausstieg angeblich akzeptiert

"Nachdem Anfang November ein weiteres Crowdfunding entschieden wurde, meine Bedenken hinsichtlich der Umsetzung nicht geteilt wurden, Gesellschafter bzw. eingetragene Geschäftsführer die Gesellschaft, ohne meine Zustimmung, in einem Beratervertrag verpflichtet haben, die mehrfach zugesagte und zugesicherte Zwischenfinanzierung gesellschafterseitig nicht erfolgt ist, habe ich bereits am 8.November 2016 dem Hauptgesellschafter in einem persönlichen Gespräch und am 15. November 2016 schriftlich die Beendigung meiner Tätigkeit mitgeteilt", schreibt Mussnig weiter. "In einer außerordentlichen Generalversammlung am 28.November 2016 wurden die Gesellschafter über die Beendigung der Zusammenarbeit zum 30. November.2016 von mir informiert. Die Beendigung der Zusammenarbeit wurde in der Folge von den Gesellschaftern auch akzeptiert."

Alles ordentlich abgewickelt

Mussnig will auch "in einem finalen Gespräch am 30.November 2016 mit den Mehrheitsgesellschaftern eine Einigung über den Ausgleich der offenen Forderungen hergestellt und zudem weitere Unterstützung zugesichert, um die Fortführung des Unternehmens positiv zu unterstützen". "Sämtliche mir zur Verfügung gestellten Schlüssel, Unterlagen und Vermögenswerte wurden ebenfalls zu diesem Zeitpunkt zurückgestellt", hält der Sanierer fest. "Ich habe während meiner Tätigkeit alle erforderlichen Maßnahmen gesetzt habe, um die Zukunft und den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. So habe ich unter anderem die gesamte Vororder für 2017 persönlich eingeleitet und abgeschlossen."

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