Geheimgeschäfte in Steueroasen enthüllt
Die Geldbeträge, um die es geht, sind beträchtlich. Und die Destinationen genießen einen zumindest zweifelhaften Ruf. Ein internationales Journalisten-Netzwerk rund um die Süddeutsche Zeitung hat am Sonntagabend für große Aufsehen gesorgt: Die " Panama Papers" sind der größte Leak in der Geschichte des Datenjournalismus. Elf Millionen Dateien (Mails, Kontodaten, Briefe) wurden der deutschen Zeitung zugespielt.
Die Daten der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca (Mossfon) mit Sitz in Panama geben Einblick, wie Regierungschefs, Oligarchen und Waffenschmuggler in Steueroasen ihr Vermögen verschleiern und welche Rolle dabei Anwaltskanzleien, Stiftungen und Banken spielen. Viele berühmte Namen kommen in den Akten vor: Lionel Messi und Wladimir Putin sind nur einige davon. In Österreich haben Falter und ORF mitrecherchiert.
Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA bestätigte der Deutschen Presse-Agentur bereits am Abend interne Vorermittlungen gegen ihr eigenes Mitglied Juan Pedro Damiani aus Uruguay.
Österreichische Banken
In den Unterlagen scheinen zudem nicht nur namhafte internationale Banken wie die britische HSBC, die Schweizer UBS und die deutsche Commerzbank auf. Zwei Banken in Österreich fallen ebenfalls mit zahlreichen Kontakten zu Offshore-Gesellschaften auf: die Raiffeisen Bank International und die Hypo Vorarlberg.
Der Besitz einer Offshore-Firma ist freilich nicht verboten. Beide Banken betonen, die Gesetze eingehalten, die Identität ihrer Kunden überprüft und alle Anti-Geldwäscheregeln beachtet zu haben. Grundsätzlich sei man als Bank aber "kein Organ der Exekutive", eine "gänzliche Durchleuchtung von Kunden und Transaktionen" sei "nicht möglich", so eine RBI-Sprecherin.
Seit 2008 gerieten wiederholt Bankdaten von vermeintlichen oder tatsächlichen Steuerflüchtlingen und Schwarzgeldkonten an die Öffentlichkeit. Der Ursprung der Daten ist dabei höchst unterschiedlich – die Palette reicht von gekränkten Bankmitarbeitern über IT-Fachkräfte, die Steuersünder-CDs an Finanzbehörden verkaufen, bis hin zu Journalisten-Netzwerken, die Malversationen enthülllen wollen.
Zumwinkel-Affäre
Als einer der ersten Promis stolpert 2008 der damalige Chef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, über eine Steuer-Affäre. Zum Verhängnis werden ihm gestohlene Kundendaten der Liechtensteinischen LGT Treuhand.
Ab 2008 veröffentlicht der Schweizer Bankmanager Rudolf Elmer über die Enthüllungsplattform Wikileaks mehrfach Kundendaten seines Ex-Arbeitgebers Julius Bär. Er wird im Jänner 2015 in Zürich zu einer Geldstrafe auf Bewährung veurteilt.
Offshore-Leaks
Im April 2013 publiziert das Journalisten-Netzwerk ICIJ Datenbestände von zwei Treuhand-Gesellschaften, die im Kundenauftrag hunderttausende Firmen und Konten in Steueroasen eröffneten. Darunter sind auch Gesellschaften, die RBI-Generaldirektor Herbert Stepic für Wohnungskäufe in Asien nützt. Er erstattet vorsorglich Selbstanzeige und tritt zurück.
Lux-Leaks
Im November 2014 werden 548 Vorabbescheide öffentlich, mit denen Luxemburgs Fiskus Konzernen wie Amazon, Apple, Amazon oder Ikea legale, aber bedenkliche Steuertricksereien ermöglichte. Die Dokumente wurden bei der Beratungsgesellschaft PwC entwendet. Die EU-Kommission spürt seither ähnlichen Deals in mehreren Ländern nach und verfolgt sie als möglichen Verstoß gegen den fairen Wettbewerb.
Swiss-Leaks
Im Februar 2015 wertet das Recherchenetzwerk ICIJ Daten von rund 100.000 Kunden aus, die 2006 oder 2007 Konten bei der Schweizer Tochter der britischen Großbank HSBC hatten – darunter viele internationale Promis sowie 399 Personen und Firmen mit Österreich-Bezug. Was an sich noch nicht verwerflich ist. Die HSBC muss indes ein „Kontrollversagen“ in Zusammenhang mit Steuervergehen einräumen. Die Daten stammen von Ex-Bankmitarbeiter Hervé Falciani.
Das Aus für das österreichische Bankgeheimnis kam scheibchenweise. Seit der Finanzkrise ist der internationale Druck auf verschwiegene Finanzplätze gewaltig gestiegen - und das Ende der Geheimniskrämerei ist endgültig besiegelt:
Im Oktober 2016 startet in Österreich das zentrale Register für rund 33 Millionen Konten, Sparbücher und Aktiendepots. Dort können Behörden bei Steuerverfahren Einschau halten. Faktisch ist das Bankgeheimnis bereits seit März 2015 obsolet: Kapitalabflüsse müssen nämlich auch rückwirkend gemeldet werden, Zuflüsse aus der Schweiz und Liechtenstein sogar schon ab 2011 bzw. 2012.
Ebenfalls mit Oktober 2016 startet der automatische Informationsaustausch: Dann erfahren andere Staaten Details über Ausländerkonten in Österreich. Anonymes Sparbuch und Konto sind schon seit November 2000 abgeschafft: Seither muss man sich bei der Bank ausweisen.
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