OMV-Debakel: Polit-Schelte für ÖIAG

ÖBB-Betriebsratschef Hebenstreit: „Was bei der ÖIAG passiert, ist wirtschaftspolitischer Wahnsinn.“
Verkehrsgewerkschafter Roman Hebenstreit will die Staatsholding nicht umbauen, sondern rasch auflösen.

KURIER: Sie fordern die Auflösung der ÖIAG. Wollen Sie damit in Wahrheit nicht nur verhindern, dass die ÖBB in die Staatsholding eingebracht werden?

Roman Hebenstreit: Nein, das ist nur ein Aspekt. Was in und mit der ÖIAG passiert, ist wirtschaftspolitischer Wahsinn. Schauen Sie sich die Bilanz an: Die Austria Tabak wurde verschleudert, heute ist kein einziger Arbeitsplatz mehr übrig. Die AUA wurde mit Hunderten Millionen Euro als Draufgabe verschenkt, die Telekom hat einen ausländischen Mehrheitseigentümer, die ÖIAG hat nichts mehr mitzureden. Jetzt gehen wir so weit, dass wir sogar die OMV ins Wanken bringen. Man muss erkennen, dass es Zeit ist, dieses Kapitel österreichischer Wirtschaftspolitik abzuschließen. Nicht jammern und bedauern, sondern retten, was noch da ist. Es geht um 70.000 Arbeitsplätze. Egal, mit wem ich rede, jeder sagt: Um Gottes Willen, wann lösen wir diese ÖIAG endlich auf?

Eine neue ÖIAG, unter der in einer eigenen Holding Infrastrukturunternehmen des Staates gebündelt werden, ist für Sie keine Lösung?

Schauen Sie sich an, was derzeit passiert. Wenn wir in Zukunft so mit unseren großen systemrelevanten Infrastrukturunternehmen umgehen wie mit der Telekom und jetzt mit der OMV, ist das schlicht verantwortungslos. ÖBB, Asfinag und Verbund sind in den Ministerien gut aufgehoben. Dort gibt es Beteiligungs-Manager, die das recht gut machen.

Was befürchten Sie, wenn ÖBB und Asfinag in eine völlig neu strukturierte ÖIAG kommen?

Die ÖIAG ist eine Privatisierungsagentur, daher steckt meiner Meinung nach ein Privatisierungskonzept dahinter. Und jeder Eigentümer außer dem Staat will irgendwann eine Dividende sehen. Ich fürchte, dass nur noch die Dividende wichtig ist. Wo das hinführt, haben wir ja bei der Telekom gesehen, die die Dividende zuletzt aus der Substanz bezahlt hat. Bis sie hoch verschuldet war und unbedingt einen Partner gebraucht hat.

Was ist denn schlecht an Dividenden?

In der Verkehrsinfrastruktur geht es meist nicht um kaufmännische, sondern um politische Entscheidungen. Wenn man eine Bahnstrecke ausschließlich nach kaufmännischen Kriterien bewertet, wird sie wahrscheinlich nie gebaut. Dadurch verliere ich ein verkehrspolitisches Instrument. Und es wird in jeden Fall Preissteigerungen geben, weil die Dividende ja irgendwo herkommen muss. Und der dritte Punkt ist, dass Bahnstrecken und Straßen nur noch dort gebaut werden, wo sie Gewinne bringen und nicht auch dort, wo sie zur Erhaltung oder zur Verbesserung der Mobilität notwendig sind. Das würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen und den ländlichen Raum massiv benachteiligen.

Vorteile sehen Sie gar keine?

Ich sehe keine, außer dass ein paar zusätzliche Vorstands- und Aufsichtsratsposten zu vergeben sind. Außerdem wäre es verkehrspolitisch ein Wahnsinn. Und wenn in einigen Jahren die Infrastruktur in einigen Regionen kaputt ist, weil ein privater Eigentümer nicht investiert, wer kann dann dafür verantwortlich gemacht werden? Es muss eine politische Verantwortung für systemrelevante Unternehmen und Infrastrukturbetriebe geben.

Aber würde nicht allein die Konzentration der Bundesbeteiligungen in einer Gruppe Kosten sparen?

In der zuletzt diskutierten Konstruktion der ÖIAG mit zwei Teil-Gesellschaften unter einer Bundesbeteiligungs-Holding kann man kein Unternehmen vernünftig führen. Das ist ja abartig, das braucht niemand, damit sollen offenbar nur ein paar Funktionärsklüngel mit Posten bedient werden. Das kostet nur Geld. Wenn man das in diesem Land unter Wirtschaftspolitik versteht, hoffe ich, dass es Widerstand gibt. Wir werden da sicher nicht zuschauen und jedenfalls Widerstand leisten.

In Ihrer Partei, der SPÖ, ist vom Widerstand aber zurzeit nicht viel zu spüren. Da werden Sie nicht viel Unterstützung bekommen ...

Das sehe ich nicht so. Der zuständige Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ, Anm.) hat mehrmals öffentlich gesagt, dass eine Übertragung der ÖBB und der Asfinag in eine ÖIAG für ihn nicht infrage kommt. Auch der Betriebsrat der Asfinag hat öffentlich dagegen protestiert.

Wenn man die ÖIAG auflöst, was soll dann mit den drei bestehenden Beteiligungen OMV, Telekom und Post geschehen?

Die muss man in die Ministerien zurückführen, lieber gestern als heute. Die OMV wäre mit der Energieversorgung im Wirtschaftsministerium gut aufgehoben. Für die Infrastrukturbetriebe Post, Telekom, Asfinag und ÖBB wäre eine Konzentration im Verkehrsministerium sinnvoll.

ÖBB-Karriere
Der Oststeirer (Feldbach) lernte Maschinenschlosser bei den ÖBB. Nach dem Präsenzdienst absolvierte er die Lokführer-Ausbildung, von 1992 bis 2009 arbeitete er als Lokführer, danach als Ausbilder für Lokführer.

Politische Karriere
Der Vater eines Sohnes ist seit 1997 ÖBB-Betriebsrat. 2005 wurde er Betriebsratschef der ÖBB Produktion GmbH.

2011 stieg er zum Vorsitzenden des ÖBB-Konzernbetriebsrats auf. Seit 2013 ist er Vorsitzender der Sektion Verkehr in der Gewerkschaft vida und Mitglied des ÖGB-Bundesvorstandes.

Johanna Mikl-Leitner, die Dame mit dem vornehmen Spruch "Her mit dem Zaster, her mit der Marie " hat sich durchgesetzt. Jetzt will endlich auch der ÖAAB, das sind die ÖVP-Arbeitnehmer, höhere Steuern, und zwar auf Kapitaleinkommen. Sparen war gestern, die Politik erfreut sich am Verteilen von Geld, von fremdem Geld natürlich.

In der ÖIAG wiederum ist man stolz auf frühere Privatisierungserlöse und geht jetzt besonders locker mit Abfindungen für Manager um. Rudolf Kemler sieht seine Zeit als ÖIAG-Chef ablaufen und verteilt noch Geld, für das er verantwortlich ist, das ihm aber nicht gehört. Hätte er das auch gemacht, wenn er Eigentümer der OMV wäre? Und wie war es möglich, dass Kemler nur wenige Monate nach der Vertragsverlängerung von OMV-Chef Gerhard Roiss schon öffentlich über dessen Nachfolge spekulierte? Jetzt nach dem Staatsanwalt zu rufen, weil Informationen in der Zeitung standen, wirkt da nur mehr lächerlich.

Interessant ist ja, dass sowohl die rote Managerin Brigitte Ederer als auch der schwarze Nationalbankpräsident Claus Raidl die Vorgangsweise der ÖIAG scharf kritisieren. Ederer spricht gar davon, dass Roiss "vielleicht Menschen oder Entscheidungen im Weg war". Wäre die ÖIAG der Politik verantwortlich, könnte man jetzt einen Finanzminister vor einen Untersuchungsausschuss im Parlament holen. So bleiben nur Spekulationen.

Keinen Respekt vor fremden Geld hat auch Gerald Klug, der nicht einmal den Job als Selbstverteidigungsminister gut macht. Das Bundesheer hat nichts mehr, aber er verteilt unverdrossen Steuergeld an Gratiszeitungen. Unverschämtheit, Angst – oder beides?

Kommentare