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OMV-Chef Seele unter Druck

Der selbstbewusste Chef des Öl- und Gaskonzerns steht unter massivem Druck
Die Bilanz des OMV-Chefs zur Halbzeit fällt gemischt aus, er muss demnächst strategische Erfolge vorweisen. Die Diskussionen über seine Vertragsverlängerung haben schon begonnen.

Die Begeisterung der Regierung hielt sich sehr in Grenzen, als Rainer Seele 2015 zum neuen Boss von Österreichs größtem börsenotierten Unternehmen bestellt wurde. Die Beteiligung am Öl- und Gaskonzern OMV (31,5 Prozent) ist das wertvollste Asset der Republik. Die alte Staatsholding ÖIAG war ebenso wie ihr glückloser Chef Rudolf Kemler ein Auslaufmodell und die Regierung nicht amused, dass Kemler diese wichtige Besetzung noch selbst durchzog. Die Frage stand im Raum, ob Kemlers Favorit tatsächlich der beste aller Kandidaten war – oder ob man mit Seeles Nachfolger als Wintershall-Chef, Mario Mehren, den besseren Griff gemacht hätte. Dass Seele heute Kemler auf öffentlichen Events zur Begrüßung umarmt, wird sehr skeptisch beäugt.

Spätestens im Juni 2017 muss der Aufsichtsrat von Österreichs größtem Energieversorger unter Ex- Siemens-Boss Peter Löscher entscheiden, ob Seeles Vertrag 2018 ausläuft oder um zwei Jahre verlängert wird. Solche Entscheidungen fallen üblicherweise nicht kurzfristig, die Diskussion beginnt bereits Monate vorher. Kritiker, Gegner und alle, die selbst auf einen der bestbezahlten Jobs in Österreich spitzen (mehr als eine Million Euro Jahresgage, ohne Aktienoptionen), beginnen schon, die Messer zu wetzen.

Erfolgsdruck

Wie fällt Seeles Performance zur Halbzeit aus? Der sehr selbstbewusst auftretende OMV-Boss steht stark unter Erfolgsdruck. Besonders kritisch wird seine enge Umarmung mit Russland gesehen. Bis Jahresende will Seele den Asset-Swap (Abtausch von Beteiligungen) mit Putins Energie-Giganten Gazprom auf die Reihe bringen. Doch der Deal läuft wesentlich mühsamer als gedacht. Die OMV beteiligt sich an Gasfeldern in Sibirien, dafür steigt Gazprom bei den Norwegen-Töchtern der OMV ein. Erst wenn die Vereinbarung mit den Russen steht, will man sich um die behördlichen Genehmigungen bemühen, die nicht vor 2018 zu erwarten sind. Wären dann fast vier Jahre Verhandlungen. Norwegens Regierung ist jedoch äußerst skeptisch, Gazprom ins Land zu lassen. "Seele ist dauernd in Moskau und interessiert sich nur für Russland", klagen Mitarbeiter über die intensive Reisetätigkeit des Chefs. Die Geschäfte führen derweil Johann Pleininger und Manfred Leitner.

In der Belegschaft herrscht außerdem Unmut darüber, der Boss habe nicht nur einen Dienstwagen samt Fahrer in Wien. Ein zweites Luxus-Gefährt stehe in seiner Heimatstadt Kassel. KURIER-Recherchen ergaben, dass Seele ein Jahr lang einen Mercedes ML aus dem OMV-Fuhrpark ausgeliehen hatte, den er am 30. November zurückstellte. Der SUV wurde für Übersiedlungsfahrten nach Deutschland benutzt. Im Dienstvertrag ist freilich nur ein Auto genehmigt. Dafür mache Seele von der ihm laut Vertrag zustehenden Privatnutzung des Wiener Wagens so gut wie keinen Gebrauch, beteuert man bei der OMV. Beide Fahrzeuge würden korrekt versteuert.

Dass die Weihnachtsfeier am 8. Dezember im Wiener Konzerthaus zelebriert wird, kommt Teilen der Belegschaft wegen des Sparkurses, dem etwa die meisten der ohnehin nur geringfügig entlohnten Praktikanten zum Opfer fielen, nicht gut an. Im Vorjahr feierten die OMVler in der Staatsoper, der leidenschaftliche Gedichte-Rezipient Seele trug auf der Opernbühne Erich Kästner vor. Das Konzerthaus dürfte etwas billiger werden als der Opernabend um knapp 200.000 Euro.

Bisher nur Verkäufe

Die Weiterentwicklung des Konzerns lässt auf sich warten. Bisher hat Seele nur Assets abverkauft. 49 Prozent am österreichischen Gasnetz und die Großbritannien-Tochter. Bringt in Summe mehr als 1,5 Milliarden Euro. In den nächsten Monaten dürfte auch der Verkauf der türkischen Tankstellen-Tochter Petrol Ofisi, die laut Seele kerngesund ist, abgeschlossen werden.

In den Mühen der Ebene, dem Kerngeschäft, ist die OMV inzwischen gut unterwegs, ohne in großem Stil Mitarbeiter abzubauen. Die Produktionskosten wurden heuer gegenüber 2014 um 30 Prozent auf 11,7 Dollar je Barrel (159 Liter) gesenkt. Da kamen auch Währungsgewinne zu Hilfe. In der Verwaltung hat Seele das Einsparziel 2016 von 100 Millionen Euro fast verdoppelt. Im rein operativen Geschäft erwirtschaftete der Konzern 415 Millionen Gewinn vor Zinsen und Steuern. Seit Seeles Start legte die OMV-Aktie um mehr als 20 Prozent zu.

Das Verhältnis zwischen Seele und Aufsichtsratschef Löscher scheint sich gebessert zu haben. Im Sommer wurden heftigere Diskussionen zwischen Löscher, der seinen Job wesentlich aktiver angeht als Vorgänger Peter Oswald, und die Vorstände beobachtet. Spekulationen in der Branche, er wolle Chef von Gazprom Germany werden, bezeichnet der 56-jährige Seele gegenüber dem KURIER übrigens als "völliger Schwachsinn. Eine Braut, die aus der Asche kommt wie die OMV, verlässt man doch nicht. Die wird immer schöner". Dem Mann fehlt es wirklich nicht an Selbstbewusstsein.

Lesen Sie morgen, wofür Seele die Milliarden braucht.

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