OMV-Chef: EU muss Bedeutung von Gas kapieren

OMV-Chef: EU muss Bedeutung von Gas kapieren
In den USA hat sich der Gaspreis wegen des Schiefergases halbiert. Das bedrohe die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie, warnt der OMV-Chef.

Gerhard Roiss, 59, ist seit 22 Jahren bei der OMV, seit einem Jahr an der Spitze. Beim Energieforum Lech wollte er EU-Kommissar Oettinger von der Energiequelle Gas überzeugen.

KURIER: Herr Generaldirektor Roiss, nach dem Energieforum in Lech die grundsätzliche Frage: Was ist für ein Energieunternehmen aus Ihrer Sicht das Wichtigste? Versorgungssicherheit, der Umweltschutz oder die Preise?

Gerhard Roiss: Es bewegt sich in diesem Dreieck zwischen Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und Arbeitsplätzen, dem Schutz der Umwelt und dem Thema Versorgungssicherheit. Das hat man auch wieder zu Jahresbeginn stark gemerkt, als die russischen Gaslieferungen um 30 Prozent reduziert wurden und es an uns lag, die Versorgung Österreichs in den kalten Wintermonaten sicherzustellen. Der größte primäre Energieträger der Zukunft wird Gas sein. Dem wird in Europa zu wenig Bedeutung geschenkt. Gas ist die sauberste der fossilen Energien, und darüber hinaus noch hunderte Jahre weltweit verfügbar.

Was ist an Gas ökologisch?

Gas ist der wichtigste Energieträger, um die Erneuerbaren zu ermöglichen. Wir dürfen aber nicht die verschiedenen Energieträger gegeneinander ausspielen sondern müssen sie zu einem Blumenstrauß zusammenführen und gemeinsam zum Erblühen bringen. Was hat Österreich bei minus 20 Grad und Windstille von 2000 neuen Windrädern? Was bringt eine Solarzelle in der Nacht? Wir brauchen Gas zum Balancieren des Energiemixes.

Da drohen Sie damit, dass dann das Licht ausgeht?

Im Gegenteil, ich sage nur, wie wichtig der richtige Mix ist. Und hier spielt Gas die entscheidende Rolle.

Heißt Energiewende weniger Öl, aber mehr Gas?

Tatsache ist, die Primärenergie der Zukunft wird Gas mit 25 bis 30 Prozent sein. Energiewende bedeutet aber auch den sukzessiven Ausbau von erneuerbaren Energien. Der Umbau des Energiesystems braucht aber seine Zeit und passiert nicht von heute auf morgen.

Sie haben in Lech die Bedeutung einer gemeinsamen Energie-Politik diskutiert ...

Die EU-Politik muss die Bedeutung von Gas begreifen, es ist der wichtigste Primär-Energie-Faktor in Europa. Für Gas gibt es zwei Quellen. Entweder die europäische Inlandsproduktion oder der Import von Gas. Letzterer erfolgt aus Ländern wie Russland oder aus neuen Regionen wie z. B. Aserbaidschan, oder dem Nordirak.

Sie wollen also Europa von der Bedeutung von Gas überzeugen. Bleibt die Frage: Wo bekommen wir das Gas her?

Nehmen wir das Beispiel Schiefergas. Amerika hat vor etwa 10 Jahren begonnen, dieses Potenzial zu entwickeln. Der Gaspreis hat sich in Folge im Gegensatz zu Europa halbiert. Das hat natürlich eine Auswirkung auf die europäische Industrie und Wettbewerbsfähigkeit.

Das heißt, Amerika wird eine gasexportierende Macht?

Ja, Amerika hat die Chance vom Gasimporteur zum Exporteur zu werden. Das hätte in weiterer Folge natürlich auch Auswirkungen auf uns in Europa.

Bei Ihrer letzten Pressekonferenz haben Sie von Gasfunden in Rumänien erzählt.

Wir haben im Februar den ersten Tiefsee-Gasfund im Schwarzen Meer überhaupt und den wahrscheinlich größten Fund der OMV-Geschichte gemacht. Derzeit schätzen wir, dass bis zu 84 Milliarden Kubikmeter Gas entdeckt wurden. Zum Vergleich: Österreich hat einen Jahresverbrauch von mehr als 8 Milliarden. Das ist damit der 10-Jahres-Bedarf von Österreich.

Wann kommt das Gas heraus?

Die Suche und Förderung von Erdgas ist ein sehr langfristiges Geschäft. Wenn Sie heute Gas entdecken, dann dauert es zirka 7 bis 8 Jahre, bis es den Haushalten zur Verfügung steht. Ich würde daher sagen 2019.

Das führt mich ins österreichische Weinviertel. Wird daraus ein Gasviertel?

Die Frage stellt sich nicht, sondern ist viel mehr, ob Europa eigenes Gas fördern will. Diese Fragen können wir nicht alleine in Österreich beantworten. Die entscheidende Frage ist: Will Europa die Wettbewerbsfähigkeit mit Amerika aufrechterhalten? Das ist eine ökonomische Frage. Hier hat Europa Position zu beziehen, das ist bis dato noch nicht geschehen. Wenn Europa sagt, es ist wichtig, eigenes Gas zu haben, dann muss man sich auch dem Thema Schiefergas nähern. Das muss europäisch diskutiert werden. Hier in Lech war das durchaus ein Thema. Die Diskussion ist in Europa angekommen. Der Boden und Grundwasser sind heikel. Wir haben die Zielsetzung, diesen Weg sauber und umweltfreundlich zu gehen, daran arbeiten wir.

Was heißt das jetzt für die weitere Strategie der OMV? Werden Sie ein Gaskonzern oder ein integrierter Konzern, wo auch erneuerbare Energie dazugehört? Wir die Ölförderung weniger wichtig?

In den nächsten 10 Jahren werden Gas und Öl mehr als 50 Prozent Anteil am Energiebedarf haben. Und der Bedarf steigt. Um daher die Versorgung weiterhin zu garantieren, müssen wir jetzt investieren, damit das Gas, das wir heute produzieren, auch morgen in der gleichen Menge verfügbar ist.

Und eine Investition in Renewables wie Sonne und Wind ist vorerst kein Thema?

Wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenz und versorgen Märkte mit rund 200 Millionen Kunden. Unser Produkt heißt nicht Gas, heißt nicht Öl, sondern heißt Versorgungssicherheit.

Ein wichtiger Eigentümer bei Ihnen ist der Abu Dhabi Fonds IPIC. Was sagt das Öl-Land zur Gas-Strategie?

Es geht darum, dass unser Unternehmen eine Strategie entwickelt und den optimalen Energiemix herstellt. Das ist unsere Aufgabe und das tun wir.

Und die Strategie ist bei den Eigentümern unbestritten?

Diese wurde den Eigentümern im Vorjahr präsentiert und wird voll und ganz unterstützt.

Unter diesem Gesichtspunkt der Sicherheit und auch der Bedeutung von Gas, soll die Republik Österreich, also die ÖIAG, weiter Anteile an der OMV halten?

Das ist nicht von mir zu beantworten. Aber gerade im Energiebereich ist eine stabile Eigentümerstruktur ein wesentlicher Faktor. Das ist mit ÖIAG und IPIC bei uns der Fall.

Also gerade weil Sie auf Gas so viel Wert legen, ist eine Beteiligung der Republik Österreich aus Ihrer Sicht sehr wohl sinnvoll?

Ich zeige auf, was Versorgungssicherheit für Österreich bedeutet und welche Rolle neues und mehr Gas dabei spielt.

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