OGH bekräftigt: Aufschlag als Zinsuntergrenze unzulässig

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Tausende Euro Schaden für viele Kreditnehmer laut AK NÖ. Musterbrief für Betroffene.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einer aktuellen Entscheidung erneut festgehalten, dass bei Krediten eine Zinsuntergrenze in Höhe des Aufschlages nicht zulässig ist. Betroffene Kreditnehmer hätten daher einen Anspruch auf Rückforderung der zu Unrecht zu viel bezahlten Zinsen, hält der VKI am Donnerstag in einer Presseaussendung fest. Er stellt den Betroffenen einen Musterbrief zur Verfügung.

"Nun ist die Rechtsprechung durch ein weiteres Urteil endgültig gefestigt", so der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Im aktuellen Verfahren im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Hypo Bank Burgenland habe der OGH nun die Unzulässigkeit der Untergrenze nochmals bestätigt.

Die AK Niederösterreich schätzt, dass von dieser Problematik alleine in Niederösterreich Kredite in Höhe von mehr als 20 Mrd. Euro betroffen sind. Bei vielen Kreditnehmern gehe der dadurch entstandene Schaden in die Tausende Euro.

Beispiel

Ein Kreditnehmer habe beispielsweise innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre, in denen der Referenzzinssatz im Minus liegt, bei einer Kreditsumme von 150.000 Euro und 1,5 Prozent Aufschlag um 2.850 Euro zu viel Zinsen bezahlt. Die AK NÖ erwartet, dass sich die Banken an die OGH-Urteile halten und die Negativzinsen an ihre Kunden weitergeben. Sollten sich die Banken nicht daran halten, werde man den Kreditnehmern zu ihrem Recht verhelfen.

Hintergrund

Hintergrund der Verfahren ist die Einführung von Zinsuntergrenzen in Höhe des Zinsaufschlages, mit denen Banken in Reaktion auf die sinkenden Referenzzinsen sicherstellen wollen, dass der Kreditnehmer zumindest immer Zinsen in Höhe des Aufschlages zahlen muss. Das hat der OGH bereits Anfang Mai 2017 als gesetzwidrig beurteilt.

Wie sich Zinshöhe zusammensetzt

Die Zinshöhe bei einem Kredit mit variablem Zinssatz setzt sich in der Regel aus einem Aufschlag und einem Indikator zusammen. Der Indikator (z. B. Libor oder Euribor) spiegelt das sich verändernde Zinsniveau wider. Da diese Indikatoren seit Ende 2014 unter 0 Prozent gefallen sind, wollten manche Banken verhindern, dass sie vom Kreditnehmer weniger als den Aufschlag bekommen. So teilten diese Banken ihren Kreditnehmern mit, dass sie einen negativen Indikator trotzdem mit 0 ansetzen und der Aufschlag in der vereinbarten Höhe voll verrechnet wird. Als Beispiel: Liegt der 3-Monats-Libor bei minus 0,75 Prozent - und wurde ein Aufschlag in der Höhe von 1,25 Prozent vereinbart - soll der Kunde nach Ansicht der Bank den gesamten Aufschlag von 1,25 Prozent zahlen. Nach Ansicht des VKI müsste aber entsprechend der vereinbarten Zinsklausel der negative Indikatorwert vom vereinbarten Aufschlag abgezogen werden, sodass sich ein zu zahlender Zinssatz von 0,5 Prozent ergibt.

So sieht es laut den Konsumentenschützern auch der Oberste Gerichtshof - und zwar mittlerweile in ständiger Rechtsprechung. Er bestätigt laut VKI in der aktuellen Entscheidung, dass es unzulässig ist, wenn der Kreditgeber den Indikator bei einem negativen Referenzwert einseitig mit Null ansetzt und dadurch vom Kreditnehmer jedenfalls den Aufschlag verlangt.

Wer darauf Anspruch hat

Anspruch auf Rückerstattung der zu viel bezahlten Zinsen haben laut VKI daher Kreditnehmer, die in ihrem Kreditvertrag einen variablen Zinssatz auf Basis einer Zinsanpassungsklausel vereinbart haben und bei denen der Zinsindikator bei 0 Prozent eingefroren wurde bzw. ein Mindestzinssatz in Höhe des vereinbarten Aufschlages verrechnet wurde - ohne gleichzeitige Festlegung einer Zinsobergrenze.

Gelte auch für die Vergangenheit

Banken, die den Aufschlag ab Beginn 2015 verrechnet haben und davon nicht den negativen Indikator abgezogen haben, haben daher unzulässiger Weise zu viel Zinsen erhalten. Sie müssen diese zu viel verrechneten Zinsen den Kreditnehmern zurückzahlen. Das gelte nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit, betont der VKI. Sollten sich Banken weigern, will der VKI die Betroffenen gegenüber den Banken unterstützen.

"Nach Rückmeldungen von Konsumenten dürften manche Banken dazu übergehen, die zu viel verrechneten Zinsen zurückzuzahlen. Wir fordern aber alle Banken auf, dies zu tun und eine Richtigstellung für die Vergangenheit vorzunehmen", so VKI-Jurist Thomas Hirmke.

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