"Österreichs Kleinbetriebe klopfen bei der Wiener Börse an"

Kammer-Präsident Walter Ruck (l.), Börsechef Christoph Boschan
Kleinbetriebe brauchen Geld für Investitionen. Banken können aber immer weniger finanzieren.

Mangel an Eigenkapital bei Klein- und Mittelbetrieben, aber riesiger Investitionsbedarf – und Banken, die wegen zunehmend strengerer Vorschriften immer weniger Kredite vergeben können. So beschreibt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien (WKW), das aktuelle Finanz-Umfeld für die heimischen Betriebe.

Das Positive daran: Genau dieses Umfeld ist eine Chance für die Wiener Börse. "Tatsächlich klopfen viele Unternehmen bei uns an", unterstreicht Börsen-Chef Christoph Boschan. Allerdings gebe es ein Problem: Der sogenannte dritte Markt der Wiener Börse, der eigentlich für Klein- und Mittelbetriebe wie geschaffen sei, sei durch eine Gesetzesänderung vor zwei Jahren praktisch geschlossen worden. Mit der Novelle seien nämlich nur noch auf Namen lautende Aktien im dritten Markt zugelassen. Dafür aber brauche man ein Aktienregister, das es aber in Österreich nicht gebe. "Wir fordern daher dringend eine Rücknahme dieser Gesetzesänderung", betont Boschan. Damit würden auch in diesem Börsensegment die sonst überall üblichen Inhaberaktien zugelassen.

Anreize für Anleger

Für Ruck ist das allein aber nicht genug, um dem heimischen Kapitalmarkt zusätzlichen Elan zu geben. Die neue Regierung sollte die Börsenprospektpflicht für kleine Unternehmen lockern und eine fiktive Verzinsung des Eigenkapitals als steuerlichen Abzugsposten akzeptieren. Damit würden Investments ins eigene Unternehmen nicht diskriminiert.

Zudem sollte die neue Regierung dafür sorgen, dass die heimischen Anleger mehr in Aktien investieren. Die Rückführung der Kapitalertragsteuer auf Dividenden von 27,5 auf 25 Prozent, wie sie für Sparzinsen gelte, ist eine Forderung, die WKW und Börse gemeinsam erheben. Dazu wünschen sie sich noch einen Beteiligungsfreibetrag von 100.000 Euro für Privatpersonen, die österreichischen Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung stellen. Der Betrag sollte über fünf Jahre verteilt von der Steuer abgesetzt werden können.

Ruck kann sich auch eine "kleine Einlagensicherung" für Privatanleger vorstellen. Bis zu 50.000 Euro oder 30 Prozent der Investments der Privaten sollte gesichert werden. Erträge von Unternehmensanleihen sollten zur Gänze steuerfrei gestellt werden. Und die Spekulationsfrist sollte wieder eingeführt werden. Das heißt: Anleger, die Aktien länger als ein Jahr besitzen, sind von der Kursgewinnsteuer befreit.

Setze die Regierung dieses Forderungspaket um, könnte es einen Schwall an Börsengängen geben, erwartet Ruck. Immerhin sind laut WKW-Umfrage 18.000 heimische Klein- und Mittelbetriebe börsenfähig.

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