Österreicher sind Europas schlechteste Geldanleger

Österreicher sind Europas schlechteste Geldanleger
Österreicher setzen zu viel aufs Sparbuch, Erträge auf ihr Geldvermögen im EU-Vergleich am magersten.

Um ein mickriges Prozent ist das Geldvermögen der Österreicher im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2015 nach Abzug der Inflation gestiegen, belegen Daten der Oesterreichischen Nationalbank. Damit belegen die heimischen Anleger den letzten Platz in Europa.

"Das liegt am konservativen Sparverhalten hierzulande ", sagt Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbands der Finanzdienstleister. Die Österreicher legen trotz der Mini-Verzinsung viel Geld aufs Sparbuch und verharren damit in der Vermögens-Unterklasse, wie Martin Bruckner, Chef-Investmentstratege der Allianz-Gruppe, betont. Seit dem Jahr 2000 habe sich bei den Vermögensklassen in Österreich nichts verändert: Die Hälfte der Österreicher stecke in der Vermögens-Unterklasse fest – mit einem Nettogeldvermögen von weniger als 16.000 Euro pro Kopf.

Drei Faktoren könnten dies verändern: Bildung und Chancengleichheit – wie in Skandinavien; kapitalgedeckte Pensionsvorsorge – wie in den Niederlanden; und Wirtschaftswachstum – wie in China.

Wunsch an Regierung

Österreichs Industriellenvereinigung (IV) sieht in der traurigen heimischen Kapitalmarktsituation auch einen Standort-Nachteil. Die Fokusgruppe Finanzwirtschaft der IV unter Leitung von Karl Sevelda, Ex-Chef der Raiffeisen Bank International, hat daher einen Forderungskatalog an die neue Regierung aufgestellt, der das Klima an der Börse und für die Banken aufhellen soll:

Finanzbildung Dieses Unterrichtsfach müsse verbindlich in den Lehrplan der Allgemein Bildenden Höheren Schulen (AHS) aufgenommen werden.

Steuern Die vor wenigen Jahren erfolgte Erhöhung der Kapitalertragsteuer auf Wertpapier-Erträge und Ausschüttungen auf 27,5 Prozent ist kontraproduktiv, ebenso die Aufhebung der Spekulationsfrist. Diese sollte wieder eingeführt werden.

Bankenregulierung Die überbordenden Regeln für Banken schaden den heimischen Finanzinstituten. Diese im internationalen Vergleich kleinen und mittelgroßen Banken sollten von einem Teil dieser Vorschriften ausgenommen werden – wie zum Beispiel, dass alle Kredite ab 25.000 Euro an die Europäische Zentralbank gemeldet werden müssen. Dafür müsse sich die Regierung in Brüssel einsetzen.

Konsumentenschutz Auch hier hat der Gesetzgeber laut IV übers Ziel hinausgeschossen. So dürften die Banken zum Beispiel seit 2016 nur noch an jene Personen Hypothekarkredite vergeben, die diesen Kredit aus dem laufenden Einkommen bedienen könnten. Das schließe junge Leute, die am Anfang ihrer Karriere stehen, aus. Auch die ab 2018 geltenden "Mifid II"-Regeln", die Banken zu umfangreicher Dokumentation der Wertpapier-Beratung veranlasse, werden den Konsumenten wenig bringen. Kaum jemand lese das alles durch. Der Wertpapier-Verkauf könnte darunter leiden. Sevelda ist der Meinung, dass Bürgern mehr Selbstverantwortung zuzutrauen sei.

Finanzmarktaufsicht Die Kontrollore der Finanzwirtschaft sollten auch Dienstleister sein. Beratung und mehr Klarheit zur Umsetzung der vielen Vorschriften wünscht sich die IV für die Banken. So seien etwa die Publizitätspflichten für börsenotierte Unternehmen in vielen Fällen nicht eindeutig, was zu langwierigen Diskussionen in den Unternehmen führe.

Kostenbremse Die Aufsicht, die von den Banken finanziert wird, ist zu teuer. Deren Kosten sind 2016 auf 2017 um 35 Prozent gestiegen. Die IV fordert daher eine Kostenbremse ein.

Bildung wird auf dem Arbeitsmarkt und für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes im Zuge der Digitalisierung in Zukunft noch wichtiger. „Die Digitalisierung wird das Problem mangelnder Bildung noch verstärken“, warnte WIFO-Chef Christoph Badelt am Montag bei der Präsentation einer von der Provatstiftung von Hannes Androsch finanzierten WIFO-Studie. Gefragt sind künftig laut dieser Studie vor allem Problemlösungs-, Kommunikations-, soziale und digitale Kompetenzen sowie Kreativität.

Um das zu erreichen, müsse das Thema Bildung für die Politik wieder wichtiger werden als offenbar derzeit. Die wichtigsten Forderungen:

Investitionen in Bildung: Dies müsse bereits im Kindergarten beginnen, fordert Ex-Finanzminister und Unternehmer Hannes Androsch. „Wir haben zwar das zweite verpflichtende Kindergarten-Jahr beschlossen“, kritisiert Androsch , „aber es wird vielfach nicht umgesetzt“. Es müsse in Strukturreformen, aber auch in inhaltliche Reformen investiert werden, sagt Badelt. Unter anderem müssten ganztägige Angebote ausgebaut werden. Mehr Geld bräuchten aber auch die Unis.

Basiskompetenzen: Um im Digitalzeitalter wettbewerbsfähig zu sein, müsse das Bildungssystem Basiskompetenzen vermitteln und vor allem Defizite bei sinnerfassendem Lesen, Schreiben und Rechnen beseitigen.

Blockade beenden: Außerdem müsste die Politik mit den „Blockaden aus scheinideologischen Gründen aufhören“.

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