Österreich als Job-Modell für die EU

Die Lehre soll wieder an Sozialprestige gewinnen
Die EU-Granden besiegelten den Fiskalpakt - und nehmen Österreich zum Vorbild für die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Jetzt ist es mit der Unterschrift besiegelt: 25 Staats- und Regierungschefs haben sich verpflichtet, eisern zu sparen und einschneidende Reformen in ihren Wirtschaftssystemen, am Arbeitsmarkt und in ihren Verwaltungssystemen durchzuführen. Der Fiskalpakt schreibt dies alles vor. Werden die Vorgaben nicht eingehalten, drohen finanzielle Strafen.

Im Mittelpunkt des zweitägigen EU-Gipfels stand neben dem Sparen auch die Frage, wie die EU wettbewerbsfähiger, wirtschaftlich stärker und sozial abgesichert werden kann. Die Rekordarbeitslosigkeit in der EU – fast 25 Millionen Arbeitslose, davon 5,5 Millionen junge Menschen unter 25 Jahren – sind sozialer Sprengstoff und belasten zudem die Haushalte. Die Zahl der Arbeitslosen in der EU übersteigt dreimal die Einwohnerzahl Österreichs.

Wie Europa auf den Wachstumspfad zurückfindet, darüber gibt es unter den 28 Regierungschefs eine heftige Kontroverse. Neben den 27 EU-Regierungschefs ist Kroatien, das im Juli 2013 EU-Mitglied wird, mit seinem Ministerpräsidenten schon beobachtender Teilnehmer des Gipfels.

Wie viel ist der Sozialstaat wert?

Der Streit, wie Europa gerettet werden kann, entzündete sich beim EU-Gipfel an der Frage, was den Regierungen der Sozialstaat wert ist und wie er finanziert werden kann. „Die Aussage von EZB-Chef Mario Draghi, der Sozialstaat sei am Ende, hat uns alle aufgerüttelt“, sagt ein dänischer Vertreter. Diplomaten schilderten, dass die Debatte sich darum drehte, ob für Sozialtransfers die Steuern erhöht werden sollen oder ob noch mehr gespart werden müsse.

Frankreich machte sich dafür stark, Europas Unternehmen besser in Asien, vor allem in China und Indien, zu positionieren. „Wir dürfen den Ausverkauf Europas nicht zulassen“, betonte ein französischer Verhandler. Paris drängt auf EU-Regeln, die wie ein Schutzwall den Ausverkauf verhindern.

Jugend-Jobs

Österreich als Job-Modell für die EU

In einem Punkt waren sich die EU-Granden einig: Die Jugendarbeitslosigkeit muss bekämpft werden. „Es kann nicht sein, dass Millionen junger Menschen ihre Zukunft genommen wird“, erklärte Parlamentspräsident Martin Schulz.

Die EU-Kommission wird jetzt den am meisten von Jugendarbeitslosigkeit betroffenen Ländern vorschlagen, das österreichische Modell der Lehrlingsausbildung zu übernehmen: Die duale Ausbildung, Unterricht und praktische Arbeit, sollen eingeführt werden. Gibt es keine Lehrstelle in einem Betrieb, sollen geförderte Lehrwerkstätten jungen Menschen eine Perspektive geben. In Österreich läuft das unter dem Titel „Ausbildungsgarantie“. „Das ist ein großer Erfolg für Österreich“, sagte Bundeskanzler Werner Faymann zum KURIER. „Wir müssen jetzt mit jenem Einsatz, mit dem wir sparen und Schulden abbauen, auch die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Schulden und Arbeitslosigkeit sind die Geißel der Krise.“

Die EU-Kommission will die Ausbildungsprogramme für Lehrlinge auch finanziell unterstützen. Die Kofinanzierungsrate für solche Projekte soll für Länder wie Griechenland oder auch Spanien wegfallen. Gewöhnlich müssen die Empfängerländer für EU-geförderte Projekte selbst einen Anteil zahlen.

Wie die Lehrlingsausbildung funktioniert, darüber will sich Kommissionspräsident José Manuel Barroso bei seinem Besuch am Montag in Wien selbst ein Bild machen. Mit Bundeskanzler Faymann wird er eine Lehrwerkstätte besuchen. „Das ist einmalig“, sagen hochrangige EU-Beamte, „Barroso bewegt sich sonst nicht ,on the ground‘ – er zieht die Staatskanzleien vor“.

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