Ölwechsel bei der OMV

Ölwechsel bei der OMV
Miteigentümer aus Abu Dhabi wollen mehr Einfluss. Gazprom greift nach Firmenteilen.

Was ist bei Österreichs größtem Unternehmen wirklich los? Der niedrige Ölpreis setzt der ganzen Branche zu, trifft aber den wichtigsten Energieversorger des Landes, zu 31,5 Prozent im Eigentum der Republik, zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt. In den nächsten Wochen und Monaten muss der Aufsichtsrat über strategische Weichenstellungen für die weitere Zukunft des Unternehmens entscheiden. Dafür bräuchte es eine stabile Führung, doch das Gremium zerbröselt gerade.

Weil ein Pech selten alleine kommt, könnte im schlimmsten Fall auch noch die Eigentümerstruktur auseinanderfallen und das mehr als 24.000 Mitarbeiter große Unternehmen zum Übernahmekandidaten werden. Wenn es nicht bald gelingt, den Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich und dem 24,9-Prozent-Eigentümer Abu Dhabi neu aufzustellen.

ÖVP und SPÖ haben schon bei der Telekom Austria versagt und deren Führung an die mexikanische America Movil verschenkt. Passiert bei der OMV Ähnliches, wäre dies die Bankrotterklärung für die Wirtschaftskompetenz dieser Regierung. Derzeit haben interessierte Beobachter nicht den Eindruck, dass sich die Politik sonderlich für das größte Asset des Staates interessieren würde. Ausgenommen der für die Staatsholding ÖBIB (hält die Beteiligungen an OMV, Telekom, Post, Casinos) zuständige Finanzminister Hans Jörg Schelling.

Zur Klarstellung: Hier ist nicht parteipolitischer Einfluss auf ein Unternehmen gemeint, sondern die Verantwortung der Politik als Vertreter des Eigentums der Steuerzahler.

Die wichtigste Baustelle ist der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Staatsfonds IPIC von Abu Dhabi. Das umfangreiche Vertragswerk garantiert die gemeinsame Mehrheit und immunisiert die börsenotierte OMV gegen feindliche Übernahmen. Beide Partner müssen sich bei relevanten Themen koordinieren.

Der 1994 geschlossene Vertrag ist grundsätzlich unbefristet. Am 18. Mai, dem Termin der Hauptversammlung, laufen allerdings laut Insidern einige für Österreich wichtige Punkte aus. Vor allem zum Thema Übernahmemöglichkeiten. Die IPIC hat auch eine Verkaufsoption.

Auf der österreichischen Seite verhandelt ÖBIB-Chefin Martha Oberndorfer, unterstützt von OMV-Boss Rainer Seele und – bis jetzt – von Aufsichtsratschef Peter Oswald. Die Araber sollen über die harten Positionen von Oberndorfer gar nicht "amused" sein. Sodass Schelling und der IPIC-Chef, Energieminister Suhail Mohamed Faraj Al Mazrouei, immer wieder höchstpersönlich ausrücken.

Die Araber haben zwar beteuert, dass sie die Partnerschaft mit Österreich fortsetzen wollen, pokern aber trotzdem hoch. Sie wollen sich nicht mehr mit ihrer Rolle als Junior-Partner zufrieden geben und ihre Anteile auf über 25 Prozent aufstocken. Setzt sich die IPIC tatsächlich durch, würde Österreich als derzeitiger Senior-Partner maßgeblich Einfluss verlieren.

Der niedrige Aktienkurs kommt den Ambitionen der cleveren Wüstenmanager besonders entgegen. Die IPIC hatte bereits vor einigen Jahren massiv versucht, ihre Beteiligung zu erhöhen und mehr Macht über die OMV zu erlangen. Die Republik hält dagegen. Gelänge es den Arabern, die Machtverhältnisse umzudrehen, würde die OMV das selbe Schicksal wie die Telekom erleiden. Die Opposition würde mit Sicherheit einen U-Ausschuss einfordern.

Platzt das Syndikat tatsächlich, gibt es immer noch das Außenwirtschaftsgesetz. Das Wirtschaftsministerium kann eine Beteiligung über 25 Prozent von einem Nicht-EU-Investor verhindern. Das Gesetz ermöglicht der Politik Einfluss zu nehmen – vorausgesetzt, die Regierung will. Es ist aber nicht anzunehmen, dass Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner die Macht über die OMV den Arabern überlassen würde. Der Telekom-Schock sitzt allen noch in den Knochen.

Läuft’s für Österreich positiv, könnte der neue Vertrag in den nächsten Wochen stehen. Schafft man es bis Mai nicht, können beide Seiten eine Verlängerung der Verhandlungen beschließen. Doch wie meint ein Kenner der Materie: "Wir biegen in die Zielgerade ein. Aber solange nicht unterschrieben ist, kann noch alles passieren".

Zur Baustelle Personal. Dass innerhalb von nicht einmal zwei Jahren fast der gesamte Vorstand ausgetauscht wird, hat bei großen börsenotierten Unternehmen einen gewissen Seltenheitswert. Der neue Boss Seele, der mit seinem umstrittenen Russen-Deal inzwischen in den Ebenen der österreichischen Politik angekommen ist, hat sich jetzt sein Manager-Team zusammengestellt. Und hat begonnen, mit milliardenschweren Altlasten aufzuräumen.

Doch kaum ist der Vorstand neu aufgestellt, wirft Mondi-Boss Oswald den Aufsichtsratsvorsitz hin. Der engagierte Papier-Manager nahm sein Mandat sehr ernst und hatte den Zeitaufwand unterschätzt. Er war oft 20 Stunden pro Woche für die OMV im Einsatz. Ein Pensum, das ein aktiver Spitzenmanager nebenbei nicht schaffen kann. Auch Wolfram Littich, Chef der Allianz Österreich, verabschiedet sich. Ebenso wie IPIC-Delegierte Alyazia Ali Saleh Al Kuwaiti.

Die Bestellung eines neuen Aufsichtsratschefs wird eine Herausforderung. Es sollte ein Topmanager mit genügend Zeitbudget sein, nach Möglichkeit ein Österreicher, muss aber nicht – und er sollte politisch dem konservativen Lager nahestehen. Die ÖVP würde es ihrem Staatssekretär Harald Mahrer nicht verzeihen, wenn ein rot gefärbter Manager diese einflussreiche und prestigeträchtige Position bekäme. Mahrer ist seit Jahresbeginn Vorsitzender des Nominierungskomitees, das die Aufsichtsräte für die Unternehmen der Staatsholding aussucht.

Mit internationalen Top-Managern wird’s schwierig. 77.000 Euro Jahresgage für den Vorsitz kosten ausländische Spitzenleute nicht einmal ein müdes Lächeln. Aufsichtsratschefs von Großunternehmen in Deutschland verdienen oft mehr als Vorstandsvorsitzende in Österreich.

An der Gerüchtebörse zirkulieren etliche Namen, die allesamt jedoch nicht auf der Wunschliste des Nominierungskomitees stehen. Beginnend damit, dass Aufsichtsrats-Vizechef und Mitterbauer-Vertrauter Wolfgang C. Berndt für ein Jahr die Spitze übernehmen soll bis zum wirtschaftlich höchst erfolgreichen Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer. Auch Siegfried Wolf wird genannt. Von einem Insider, der betont, weder dem Jagd- noch dem Freundeskreis anzugehören. Mit dem Argument, Wolf sei bestens vernetzt, habe Zeit und sei ein Russland-Kenner. Wird aber nichts.

Der Aufsichtsrat muss heuer noch den Teilverkauf der Gas Connect Austria, der Gas-Hauptschlagader Österreichs, an Finanzinvestoren entscheiden. Sowie den noch wesentlich heikleren Deal mit der mehrheitlich staatlichen russischen Gazprom.In zwei Wochen wird man endlich Genaueres über die Kooperation mit Russlands größtem Konzern (400.000 Mitarbeiter) erfahren. Seele und Schelling wollen in St. Petersburg einen Letter of Intent (Absichtserklärung) mit Gazprom unterschreiben. Und so nebenbei auch ein Kultur-Abkommen beschließen.

Die OMV will bekanntlich eine Minderheitsbeteiligung am russischen Öl- und Gasfeld Urengoy sowie an der Pipeline Nordstream II eingehen. Da es am Kleingeld fehlt, sollen die Russen Minderheitsanteile an Assets der OMV erhalten.

Noch ist immer nicht klar, auf welche Beteiligungen die Russen scharf sind. Wie zu hören ist, soll Gazprom eine Beteiligung an der Raffinerie Schwechat jetzt doch nicht bekommen. Das Gazprom-Logo auf der Raffinerie, einem industriellen Symbol und wichtigen Teil der Energieversorgung Österreichs, wäre politisch ohnehin schwer durchzubringen.

Noch-Aufsichtsratschef Oswald hat übrigens mit Jahresbeginn 2016 das Bonus-System für die Vorstände in Richtung einer stärkeren Leistungsorientierung umgestellt. Die vorgegebenen Ziele sind ehrgeiziger. Bisher gab es einen 50-prozentigen Bonusanteil, wenn die OMV im Durchschnitt vergleichbarer Branchenunternehmen performt. Dafür werden künftig nur noch 25 Prozent draufgelegt. Schneidet man schlechter ab als der Markt, gibt’s keinen Bonus mehr. Irgendwie eh klar, war aber bisher nicht so.

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