Ölbranche muss sich bohrenden Fragen stellen

"Fracking" in North Dakota (USA)
Shell, Chevron, Exxon und BP: Kritische Aktionäre fordern ein Umdenken.

Der britisch-niederländische Energieriese Royal Dutch Shell stellt die Suche nach Öl und Gas ein; alle Gewinne aus alten Förderquellen werden in den Ausbau der erneuerbaren Energie gesteckt: Das verlangt zumindest der Antrag mit der Nummer 19, den ein Verein grüner Aktionäre ("Follow This") bei der Hauptversammlung am 24. Mai in Den Haag einbringt. Die Erfolgschancen sind gering: Der gesamte Shell-Vorstand empfiehlt den Aktionären, mit "Nein" zu stimmen.

Druck von Großinvestoren

Dennoch: Der Druck auf die Ölriesen steigt, sich Gedanken über Alternativen zu machen. In Österreich hatte Greenpeace (wie berichtet) die OMV aufgefordert, der fossilen Energie abzuschwören. Auch bei Exxon Mobile und Chevron, den größten US-Konzernen, landen am 25. Mai ähnliche Aktionärswünsche auf dem Tisch. Dort machen nicht grüne Idealisten, sondern der finanzkräftige kalifornische Pensionsfonds Calpers und der norwegische Staatsfonds Druck. Sie verlangen, dass die Konzerne die Geschäftsrisiken offenlegen, die das Festhalten an fossiler Energie bedeutet. Schließlich gebietet das Klimaabkommen von Paris, dass ein Großteil der noch vorhandenen Erdöl- und Gasreserven im Boden bleibt.

Die Großaktionäre quält weniger die Sorge um das Klima als um ihr Geld. "Das hat sich wirklich von einem Umwelt- zu einem Investmentthema entwickelt", sagte Calpers-Chefin Anne Simpson. Die Beratungsfirma Glass Lewis stellt fest, dass die Unterstützung für Klimaanliegen wächst: 2016 wurde über acht Aktionärsvorschläge abgestimmt, die im Schnitt 31 Prozent Zustimmung erhielten, doppelt so viel wie im Jahr davor. Bei US-Ölförderer Occidental Petroleum wäre sich fast eine Mehrheit ausgegangen (49 Prozent).

2015 erwirkten Anleger, dass sich die größten europäischen Player BP und Shell mit grünen Szenarien auseinandersetzen mussten. Deren Berichte fielen kalmierend aus: Man setze statt auf Kohle und Öl ohnehin vermehrt auf Gas und Bioethanol, das sauberer verbrennt. "Shell glaubt, so für den Übergang zu einer Zwei-Grad-Welt gerüstet zu sein", hieß es. Zwei Grad ist das Limit für die Erderwärmung, welches das Pariser Klimaabkommen setzt.

Verfrühter Abgesang

Ein noch härterer Gegner ist für die Konzerne der tiefe Ölpreis, zeigt eine Studie des US-Kongresses. So könnte der Öl-Output der größten "Fracking"-Gebiete der USA im Jahr 2020 bei 3 oder bei 11 Millionen Fass am Tag liegen; je nach dem, ob der Ölpreis 30 oder 80 US-Dollar ist. Abschreiben sollte man die Branche aber nicht, sie fördert immer billiger. Im wahrscheinlichsten Fall übertreffen die USA ihren Förderrekord von März 2015 (5,4 Mio. Fass) schon im Oktober 2019.

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