Noch-ÖIAG-Vorstand Kemler: Probleme mit dem Aktiengesetz

Rudolf Kemler dürfte bei der Aufsichtsratssitzung in Abu Dhabi ins Schwitzen kommen.
Merkwürdige Aussagen zum Roiss-Abgang. Zeitplan für Reform wird knapp.

Rudolf Kemler, bis längstens Oktober 2015 Vorstand der Staatsholding ÖIAG, dürfte bei der nächsten Aufsichtsratssitzung der OMV am 24. November ziemlich ins Schwitzen kommen. Nicht nur, weil das Treffen in Abu Dhabi stattfindet. Am Golf herrschen derzeit Temperaturen von knapp unter 40 Grad. Ein Mal im Jahr bittet die IPIC, der Staatsfonds des Emirates und zweitgrößter Aktionär des börsenotierten heimischen Öl- und Gaskonzernes, die Aufsichtsräte samt dem Vorstand zur Sitzung in den Wüstenstaat. Für den Sonntag vor dem Meeting haben die Scheichs ihre OMV-Gäste noch höchstpersönlich zum Grand Prix eingeladen.

Am Montag wird’s dann ernst. Kemler, der als ÖIAG-Chef auch Aufsichtsratsvorsitzender der OMV ist, wird sich von Aufsichtsräten harte Kritik anhören müssen. Konkret geht es um seine Aussagen zum vorzeitigen Abgang von OMV-Chef Gerhard Roiss. Nach der Aufsichtsratssitzung der Staatsholding am 23. Oktober, in der Kemlers vorzeitiger Abschied beschlossen wurde, begründete Kemler vor laufenden Kameras die vorzeitige Vertragsauflösung mit Roiss mit einem "wichtigen Grund im Aktienrecht". Auf die Nachfrage von Journalisten, ob die Öffentlichkeit die wahren Gründe für den Roiss-Abgang noch nicht kenne, deutete Kemler kryptisch an: "So können Sie das nennen."

Starker Tobak. Einige OMV-Aufsichtsräte sind über diese Aussagen daher auch mehr als verwundert und verunsichert. Denn in der entscheidenden Aufsichtsratssitzung, in welcher der Abgang von Roiss beschlossen wurde, soll Kemler auf Nachfrage aus dem Gremium dezidiert erklärt haben, dass es keinen aktienrechtlichen Grund gebe. "Was ist denn das für eine Kommunikation. So was in der ZiB2 zu sagen, ohne das Gremium vorher darüber zu informieren", ärgern sich Aufsichtsräte und wollen Klarheit.

Die wichtigen Gründe für die Abberufung eines Vorstands sind im Aktiengesetz genau definiert: Grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder die Entziehung des Vertrauens durch die Hauptversammlung. Letzteres kann ausgeschlossen werden. Wichtige Gründe können außerdem kursrelevant sein, in diesem Fall hätte die OMV eine Ad-Hoc-Meldung aussenden müssen. Was nicht passierte.

"Solche Äußerungen sind äußerst ungeschickt und stiften nur Unruhe unter den Aktionären. So etwas sagt man doch nicht in der Öffentlichkeit. Wenn Kemler etwas Handfestes hat, soll er es auf den Tisch legen. Handelt es sich nur um Verdachtsmomente, dann ist das im Aufsichtsrat zu diskutieren", wirft Anlegervertreter Wilhelm Rasinger dem Noch-ÖIAG-Chef Unprofessionalität vor.

ÖIAG-Sprecher Bernhard Nagiller versucht zu erklären, was Kemler gemeint haben könnte: "Die Situation im Vorstand in Kombination mit der negativen Marktentwicklung führte zum einstimmigen Beschluss im OMV-Aufsichtsrat."

Ein kleines Trostpflaster für den schwer angeschlagenen Roiss hat die Wirtschaftsuniversität Wien. Die WU bedankt sich bei Roiss für "eine der größten Förderungen seit vielen Jahren" mit der Verleihung des Titels "Ehrensenator". Die von der Regierung parteipolitisch genauestens ausgewogene Arbeitsgruppe zur Reformierung und Aufwertung der Staatsholding hat übrigens bis heute noch kein einziges Mal getagt. Bis Ende November sollen die Strategie und die Strukturen für eine ÖIAG neu stehen, kündigte VP-Finanzminister Hans Jörg Schelling an. Das wird knapp. Angesichts der aktuellen Themendichte der Regierung dürfte die Staatsholding in der Priorität wohl etwas nach hinten gerutscht sein.

Die vorzeitige Ablöse von OMV-Chef Gerhard Roiss beschäftigt die Staatsanwaltschaft jetzt schon das zweite Mal. Neben der ersten Anzeige – die der OMV-Aufsichtsrat beschloss, weil wegen des frühzeitigen Bekanntwerdens der Roiss-Ablöse die Vertraulichkeit verletzt worden sei – erstatteten jetzt die Betriebsratschefs von ÖBB und Asfinag Strafanzeige. Roman Hebenstreit und Roman Grünerbl bringen die Anzeige „wegen Verdachts der Untreue nach § 153 StGB, allenfalls wegen des Verdachts der Veruntreuung nach § 133 StGB ...“ gegen unbekannte Täter ein.

Als Begründung führen sie an, dass entweder die Verlängerung des Vertrags von Roiss im September 2013 oder aber die jetzige Abberufung „aus offensichtlich unsachlichen Motiven“ erfolgt sei. Dadurch sei der OMV ein Schaden entstanden, den die Eigentümerin ÖIAG jetzt einfordern müsse.

Hintergrund der Anzeige ist der Widerstand beider Betriebsratschefs gegen eine Eingliederung „ihrer“ Unternehmen in eine reformierte ÖIAG. Hebenstreit: „Das Chaos aus Verlängerung und vorzeitiger Ablöse des Vertrags kostet Millionen. Wir wollen mit der Anzeige auch aufzeigen, wie in dieser ÖIAG mit Steuergeldern umgegangen wird.“ Grünerbl stößt nach: „Das ist einer der wesentlichen Gründe, dass wir in diese ÖIAG auf keinen Fall hineinwollen.“

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