NIKI-Übernahme: Ausgetrickst

Symbolbild.
Wie die Airline heruntergefahren wurde. Schnäppchenpreis für neuen Eigentümer IAG/Vueling.

Es wäre ein später Triumph für den dreifachen Formel-1-Weltmeister und Luftfahrt-Unternehmer geworden. Zuletzt, als die Lufthansa aus dem Rennen um die einzige Konkurrenz in Österreich ausstieg, hatte es für den 68-Jährigen gut ausgesehen. Doch kurz vor dem Ziel signalisierte der Berliner Insolvenzverwalter Lucas Flöther Lauda das Aus und gab der Billig-Airline Vueling des britisch-spanischen IAG-Konzerns die Vorfahrt.

Die Niederlage schmerzt den coolen, erfolgsgewohnten Lauda, der NIKI 2003 als Billig-Airline gegründet hatte und schrittweise bis 2011 an den Partner Air Berlin verkaufte, sehr. Tricky Niki investierte mit seinem Team viel Energie und Zeit.

Nach der Einigung mit IAG/Vueling rühmte sich Flöther, es sei vermutlich zum ersten Mal gelungen, "eine bereits gegroundete größere europäische Fluglinie an einen Investor zu verkaufen. Dies galt zuvor als unmöglich".

Damit mag Flöther schon Recht haben. Aber am Grounding von NIKI waren er und sein Kollege Frank Kebekus nicht ganz unbeteiligt. Im höchst einträglichen Pleiten-Business gehören Flöther und Kebekus zu den Topstars der deutschen Anwaltsszene.

Die Probleme begannen mit der insolventen NIKI-Mutter Air Berlin. Während diese in den Millionenverlusten versank, flog die Österreich-Tochter bis 2016 kontinuierlich Gewinne ein. Als sich das Chaos bei Air Berlin dramatisch zuspitzte, wurde NIKI finanziell ausgeplündert, was das Zeug hielt. Und musste die lukrativen Städteflüge an die Mutter abgeben.

De facto war NIKI spätestens im Sommer 2017 ebenfalls überschuldet. Die Airline, die an die kaputte Mutter 69 Millionen an Forderungen aus Ticketerlösen hatte, musste überall im Voraus bezahlen. Trotzdem durfte NIKI-Geschäftsführer Oliver Lackmann nicht Insolvenz anmelden – um ein eigenständiges Verfahren in Österreich, abseits aller Interessen der Player in Deutschland, zu verhindern. Als ein Reiseveranstalter im September am Landesgericht Korneuburg wegen überfälliger Zahlungen für eine abgesagte Charterkette den Konkurs beantragte, wurde dieser abgewiesen. Was immer Lackmann dem Richter aufgetischt hat.

Nachher ist man klüger, aber hätte man damals die Insolvenz in Österreich eröffnet, wäre NIKI vermutlich in der Luft geblieben. Die 1000 Mitarbeiter und Tausende Passagiere hätten sich über Weihnachten viel Ärger erspart. Ebenso die Lufthansa, die NIKI in der Hoffnung auf eine Übernahme jede Woche neun Millionen Euro zuschoss.

Der Showdown passierte Mitte Dezember. Die EU-Wettbewerbskommission untersagte wenig überraschend der Lufthansa die Übernahme, die AUA-Mutter stieg aus. Am selben Tag meldete NIKI in Berlin die Insolvenz an, alle Flugzeuge blieben sofort am Boden.

Flöther und Kebekus waren rechtzeitig ausdrücklich gewarnt worden. Die Kommission wies die beiden während der Verkaufsverhandlungen ganz klar auf die "erheblichen Risiken" eines Deals mit der Lufthansa hin. Obwohl Lauda und IAG/Vueling ebenfalls Offerte für NIKI gelegt hatten, verhandelten die Insolvenzverwalter exklusiv nur noch mit der Lufthansa. Und hatten keinen Plan B.

Am Freitag Abend erhielt IAG/Vueling den Zuschlag für 36,5 Millionen Euro. Im Paket sind wie berichtet 15 Airbus-A320 sowie Slots. 750 Mitarbeiter werden übernommen. 20 Millionen fließen für die Assets an die Gläubiger. 16,5 Millionen sind laut Liquiditätsplan als Überbrückungshilfe für Jänner und Februar 2018 budgetiert.

Scheint ein Schnäppchenpreis zu sein. Lauda bot mit dem Reiseveranstalter Thomas Cook und dessen Ferienfluggesellschaft Condor 32 Millionen alleine für die Assets. Sowie 12,75 Millionen an Liquidität (8,25 Millionen Lauda, der Rest von Thomas Cook) für Jänner. Im Februar sollte NIKI laut diesem Plan bereits wieder fliegen.

Zusätzlich hätten die Insolvenzverwalter vom Reiseriesen TUI zusätzlich deutlich mehr als zehn Millionen Euro für Slots lukrieren können, berichten Insider.

Über der Zukunft von NIKI schwebt außerdem trotz des Einstiegs von IAG/Vueling ein Fragezeichen. Das Closing des Deals ist erst für Ende Februar geplant. Der neue Eigentümer braucht österreichische Fluglizenzen. Das Verkehrsministerium hat die AOCs (Air Operator Certificates) von NIKI ausnahmsweise bis 3. Jänner verlängert. Im besten Fall dauern die aufwendigen Lizenzverfahren rund drei Monate.

Außer, der neue blaue Verkehrsminister Norbert Hofer verordnet eine weitere Ausnahmeregelung. Hofer erklärte bereits im KURIER, sobald alle Fakten vorliegen, rasch zu entscheiden.

Was bedeutet die Übernahme von NIKI für den österreichischen Luftfahrt-Markt?Der Flughafen hofft, dass IAG/Vueling nicht nur einige touristische Spanien-Strecken zusätzlich fliegt, sondern Österreich zu einem Drehkreuz innerhalb des Konzerns mit British Airways und Iberia ausbaut. Wien als Hub für Österreich und Osteuropa und für Zulieferflüge ins Langstreckennetz der Gruppe – dann könnte Europas drittgrößter Luftfahrtriese ein Gegengewicht zur Dominanz der AUA-Mutter Lufthansa werden.

IAG-Chef Willie Walsh sagte zur Übernahme, NIKI sei der wirtschaftlichste Teil von Air Berlin gewesen, "und die Ausrichtung auf den Freizeitbereich passt perfekt zur Strategie von Vueling". Vueling könne die Präsenz in Österreich, Deutschland und der Schweiz verstärken.

In Wien beförderte Vueling heuer von Jänner bis Oktober rund 103.000 Passagiere nach Barcelona, Rom und Paris. Zum Vergleich: In Spitzenjahren zählte NIKI knapp vier Millionen Passagiere. IAG wird zusätzlich zum Kaufpreis etliche Millionen Euro und viel Aufbau-Arbeit investieren müssen, um NIKI wieder in solch lichte Höhen zu bringen. Die Marke NIKI freilich wird demnächst Geschichte sein.

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