Neuer Anlauf gegen Richtwertmieten

In Gründerzeithäusern gilt meist das Richtwertsystem. Es soll völlig reformiert werden.
Vermieter will sich Mietpreise nicht länger diktieren lassen und geht gegen System vor.

Richard Armstark lässt nicht locker. Der Oberösterreicher hat vor einigen Jahren ein Gründerzeithaus an der Rechten Wienzeile im fünften Wiener Gemeindebezirk gekauft, es teuer generalsanieren lassen und dann Wohnungen vermietet. "Ich hatte keine Ahnung vom Wiener Markt und wusste nicht, dass man damit nur verlieren kann", sagt er im KURIER-Gespräch. Nach drei Jahren begehrte eine Mieterin eine Zinsminderung, Armstark musste 13.000 Euro zurückzahlen. Im Vorjahr wurde er von einer weiteren Mieterin vor Gericht gezerrt. Dieses stellte fest, dass für die 51,5 große Wohnung der zulässige Richtwertmietzins 372 Euro betrage. Armstark verlangte aber 574 Euro. Deutlich zu viel also.

Er will die Entscheidung des Gerichts gegen ihn aber nicht auf sich beruhen lassen. Zunächst hatte er darauf gebaut, dass der Verfassungsgerichtshof den von mehreren Vermietern eingebrachten Anträgen auf Aufhebung von Bestimmungen des Richtwert- und des Mietrechtsgesetzes zustimmt. Dem war aber nicht so, der VfGH hat im Herbst mehr oder weniger die Bestimmungen bestätigt.

Grund- und Baukosten

Nun hat er mit Hilfe der Kanzlei Dorda Brugger Jordis einen erneuten Anlauf unternommen, um die Richtwertmieten zu Fall zu bringen. Gleichzeitig mit dem Rekurs beim Oberlandesgericht wenden sich die Anwälte auch an den VfGH.

Eine Stoßrichtung: Die noch heute geltenden Richtwerte auf Basis einer 1994 erlassenen Verordnung werden nur auf Basis des Verbraucherpreisindexes laufend valorisiert. "Eine Veränderung der Grund- bzw. Baukosten seit 1994 wird dadurch nicht berücksichtigt", heißt es in dem Antrag. Zweiter wichtiger Punkt: Der Gesetzgeber habe damals Wohnungs- und sozialpolitische Motive bei der Festsetzung des Richtwerts nicht genannt. Aber gerade damit hatte der VfGH sein Urteil begründet. Das Verbot von Lagezuschlägen "dient nämlich dem sozialpolitischen Ziel, Wohnen in zentrumsnaher städtischer Lage zu Preisen zu ermöglichen, die es auch Personen mit mittlerem oder niedrigem Einkommen erlauben, ihren Wohnbedarf in dieser Lage angemessen zu decken", so das Urteil.

Wie auch immer die Sache ausgeht: Armstark hat bereits mehr als 50.000 Euro an Rechtskosten. Und er bleibt hartnäckig. "Die Miethöhe ist die Sache zwischen Vermieter und Mieter." Zudem will er damit Immobilieninvestoren nach Wien locken, "um die schönen Gründerzeithäuser zu erhalten".

Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der institutionellen Immobilieninvestoren, will bei der lang geplanten Neufassung des Mietrechts einen fairen Ausgleich zwischen Vermieter und Mieter. "Die Mär, dass sich Vermieter bereichern, ist schlichtweg nicht gegeben." Jeder, der unter der heutigen Gesetzeslage vermietet, gehe ein hohes finanzielles Risiko ein, "und unbefristet zu vermieten gleicht sowieso einer Enteignung".

Vieles, was beanstandet werde, sei historisch gewachsen. Daher sei eine komplette Neuüberarbeitung nötig. Das jetzige Gesetz sei absurd und realitätsfremd; so gebe es einen Abschlag für Richtwert-Wohnungen unter 30 – obwohl es derzeit eine große Nachfrage nach kleinen Wohnungen gebe. Louzek warnt auch davor, das Richtwertsystem auf alle Wohnungen auszudehnen. Dann dürfte laut seiner Rechnung eine nagelneue 28 Wohnung nur noch um 40 Euro im Monat vermietet werden.

Vermieter muss 5000 Euro zahlen

Die Schlichtungsstelle – eine Einrichtung zur außergerichtlichen Streitbeilegung – wird für Vermieter immer öfter ein Ort zum Fürchten. Denn die Zahl der Mieter, die dort vorstellig werden, weil sie glauben, zu viel Miete zu zahlen, hat sich alleine in Wien im Vorjahr auf 2500 verdoppelt. Das Gefühl der Mieter trügt oft nicht: Fast jede zweite überprüfte Miete ist zu hoch. Allerdings fühlen sich viele Vermieter ungerecht behandelt. Denn das Richtwertsystem sei nicht kostendeckend, lautet der einhellige Vorwurf.

„Mir wurde ein Verfahren anhängig gemacht, im Zuge dessen sich herausstellt, dass ich eine sanierte 86 m² große Eckwohnung im 2. Liftstock im 8. Bezirk um 400 Euro per Monat vermieten hätte müssen“, berichtet ein Vermieter dem KURIER. Die Gesamtmiete (inkl. Möbelmiete, Steuern und Betriebskosten) betrug 975 Euro/Monat. Die zwei Studentinnen gingen nach 31 Monaten Miete zur Schlichtungsstelle. Sie forderten zunächst 9000 Euro (was einem monatlichen Mietpreis von 684 Euro entsprochen hätte). Der Vermieter drohte daraufhin selbst mit einem Verfahren gegen die Mieterinnen wegen einer zum Teil „devastierten Küche“. Die beiden Streitparteien einigten sich schließlich auf die Zahlung von 5000 Euro (entspricht einer Miete von 814 Euro). Hinzu kamen noch Kosten für einen Sachverständigen und den Rechtsanwalt.

Hohe Kosten

„Wenn man bedenkt, dass ich den Reparaturfonds mitzutragen habe, die Erhaltung der Wohnung, ein Leerstandsrisiko und ein Mietausfallswagnis zu tragen habe, dann kann man sich gut vorstellen, dass der vom Gesetzgeber veranschlagte Preis nicht kostendeckend ist“, sagt der Vermieter. „Abgesehen davon, dass sich der Kauf der Wohnung amortisieren soll.“

Der Vermieter stößt sich auch an der Berechnungsmethode der Statistik Austria, was Mietpreise betrifft. Wenn etwa in dem herangezogenen Wohnungspool der Statistik eine Friedenszins-Wohnung frei wird und diese dann zum Richtwert vermietet wird, kann sich eine Mietpreissteigerung von 100 Prozent und mehr ergeben; gleiches gelte für sanierte Wohnungen. In beiden Fällen aber sei der Mieter ein anderer als zuvor. Besser wären personenbezogene Daten für die Statistik.

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