Holland Fonds: Dubiose Gutachten und Mega-Verluste

Eine der verlustreichen MPC-Immobilien in Amsterdam
16.000 Österreicher investierten 600 Millionen Euro in MPC-Fonds. Laut VKI sollen viele getäuscht worden sein.

Das Investment-Debakel um die Immobilien- und Schiffsfonds des Hamburger Emissionshauses MPC Capital (Münchmeyer Petersen & Co.) wird noch lange die Justiz in Österreich und Deutschland beschäftigen. Etwa 16.000 Österreicher haben seit Anfang der 2000er-Jahre laut MPC etwa 600 Millionen Euro in die angeblich sicheren MPC-Fonds investiert.

Etwa der Hälfte der Anleger dürften Verluste, womöglich sogar Totalverluste, ins Haus stehen. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) vertritt 2500 Geschädigte, die 170 Millionen Euro investierten. Für sie führt der VKI Musterverfahren und Sammelklagen in Österreich und Deutschland.

Schwere Vorwürfe

Der VKI wirft dem Hamburger Fonds-Haus vor, Gefälligkeitsgutachten in Zusammenhang mit der Bewertung und dem Kauf der Fonds-Immobilien in Auftrag gegeben und die Anleger in Sachen Ausschüttungen getäuscht zu haben.

Denn: Bei diesen MPC-Fonds handelt es sich eigentlich um mutmaßlich hochriskante und spekulative Beteiligungen an Immo- oder Schiffsgesellschaften, sprich Beteiligungen an Unternehmen. Die Anleger sind in Wahrheit Gesellschafter und müssen für Verluste der Immobilien- und Schiffsgesellschaften finanziell die Rechnung tragen.

Falschberatung?

Laut VKI sollen eine Vielzahl der Anleger und auch ihre Vermögens- und Bankberater, die Ihnen diese Fondsanteile als besonders sicher verklickert haben, vieles gar nicht gewusst haben. Für den VKI besteht der Verdacht, dass die Berater selbst bei Schulungen nicht richtig informiert worden sind. Die Fondsfirma weist das vehement zurück.

Banken wollen Geld sehen

Durch die Schieflage der zahlreicher Fonds sind die Anleger, sprich Gesellschafter, nun mit Rückzahlungs-Forderungen und sogar Klagen der finanzierenden deutschen Banken konfrontiert. Denn: MPC hat die Immobilien und Schiffe nicht nur mit Anlegergeldern, sondern zugleich auch mit Krediten finanziert.

Werte geschmolzen

Da die Werte der Fonds-Immobilien, mit denen die Kredite besichert sind, massiv gefallen sind, fordern die Banken mehr Sicherheiten bzw. Sondertilgungen der offenen Darlehen. Da die maroden Fonds das Geld nicht haben, wollen sich die Banken an den Anlegern schadlos halten.

Eigenkapital ausgeschüttet

Sie wollen die Kredite zum Teil mit den ausgeschütteten Geldern der Anleger tilgen. Die Fonds haben nämlich keine Gewinne, sondern rechtlich gesehen "Eigenkapital" an die Anleger ausgezahlt. Demnach sollen die Anleger de facto nur ihr eigenes Geld zurückerhalten haben. "Ausschüttungsschwindel" nennt das VKI-Anwalt Sebastian Schumacher unverblümt. Das wird von MPC bestritten

Sachverständiger übt heftig Kritik

VKI-Jurist Peter Kolba wirft den Hamburgern vor, Schiffe und Immobilien überteuert gekauft zu haben. MPC soll sich dabei auf "Gefälligkeitsgutachten" gestützt haben. Kolba ließ die Bewertungsgutachten für die Hollands-Fond 44, 47 und 50 von einem namhaften Wiener Immobilien-Sachverständigen prüfen. Das Resultat fällt heftig aus.

"Zum höchsten Preis gekauft?"

"Die Gutachten entsprechen nicht einmal den Minimal-Anforderungen für eine Bewertung, sie sind lückenhaft, weder transparent und noch nachvollziehbar", behauptet der Wiener Sachverständige. "Es lässt sich erkennen, dass die Immobilien jeweils zum höchstmöglichen Preis innerhalb ihres Lebenszyklus angekauft wurden und im Laufe der Behaltedauer nur noch an Wert verlieren konnten." Nachsatz: "Es ist aus den Aufzeichnungen keinerlei Wertsteigerungspotenzial erkennbar."

"Unseriöse Bewertungen"

Auch die im Schriftverkehr behaupteten Wertsteigerungen sollen nur im Jahr 2007 und dann auch nur auf dem Papier erkennbar gewesen sein, heißt es darin weiter. "Diese 'Wertsteigerungen' beruhen auf denselben unseriösen Bewertungen vermutlich der gleichen Bewertungsgesellschaft und denselben optimistischen Annahmen." Diese seien aus dem Marktgeschehen nicht belegbar und auch nicht aus diesem abzuleiten.

"Die tatsächliche Entwicklung des Wertes der Immobilien bestätigt ja die katastrophale Fehleinschätzung der verantwortlichen Protagonisten zum damaligen Zeitpunkt", behauptet der namhafte Wiener Immobilienexperte.

Zu teuer gekauft?

So solle eine Immobilie des Fonds Holland 50 im Jahr 2004 um 125 Millionen Euro angekauft worden sein, aber laut dem Wiener Experten damals nur 100 Millionen Euro wert gewesen sein. Detail am Rande: Im Jahr 2015 soll es dann für diese Amsterdamer Immobilie ein Angebot in Höhe von 66,7 Millionen Euro gegeben haben. Der Wertverlust beträgt somit 58,75 Millionen Euro oder 47 Prozent.

Vorwürfe bestritten

MPC weist alle Anschuldigungen und den Betrugsverdacht von sich. "Der Vorwurf, dass wir die Immobilien zu überhöhten Preisen und auch die Gutachten dazu gekauft haben, ist absolut falsch", kontert Kurt Cowling von MPC Österreich im KURIER-Gespräch. "Hinterher sind wir immer alle gescheiter. Es sind aber die Kaufpreise im Regelfall durch Konkurrenzofferte plausibilisiert worden. Der damalige Gutachter, eine externe Firma, ist nicht mit MPC verbunden."

Man könne über Gutachten zwar streiten, aber es gab 2007 ein Projekt, dass die Gebäude der besagten Fonds 44 ,47 und 50 und fünf weiterer Holland-Fonds verkauft werden.

Mehrfach geprüft

"Zum Zweck dieses geplanten Verkaufs wurden 2007 wieder Gutachten erstellt", sagt Cowling. "Der neue Gutachter ist dann zu Wertsteigerungen von plus 10 bis plus 26 Prozent gekommen." Zugleich gab es Finanzierungszusagen von zwei Banken, sagt Cowling, "die sogar eine Fremdfinanzierung von 90 Prozent des Kaufpreises zugesagt hatten". Die Werte seien somit vier Mal geprüft worden.

"Die damaligen Ertragswerte hat man unter fix vorliegenden Verträgen getroffen", sagt der MPC-Manager. "Die Gebäude waren bei Auflage der Fonds schon vermietet. Man hatte damals die Einnahmen gekannt."

Keine Täuschung

Zu den Verlusten, die die Anleger beklagen, hätten die negative Entwicklungen der Märkte geführt. "Der Vorwurf, dass wir die Anleger getäuscht haben, ist aus der Luft gegriffen", sagt Cowling zum KURIER. "Die Anleger sind auch nicht über die Auszahlungen angeschwindelt worden. Dass an Anleger ihr eigenes Geld wieder ausgeschüttet wurde, stimmt einfach nicht." Nachsatz: "Die Gelder der Anleger sind immer gemeinsam mit den Darlehen verwendet worden, den Kaufpreis der Immobilien und die anfallenden Kosten abzudecken." Rechtlich sei es so, dass die Auszahlungen Eigenkapital darstellen.

Kein Schneeballsystem

"Die Anleger zahlten nicht, wie bei einem Schneeballsystem, Geld ein, das dann an andere Anleger ausbezahlt wurde, wie suggeriert wird. Das war definitiv nicht so", sagt der MPC-Sprecher. In den Risikohinweisen der Fonds sei alles offengelegt worden.

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